
Male in meinem Leben begegneten, nnd die ich auch
so rein nachher nicht wieder gesehen habe. Sie stehen
am sogenannten Leseberge in Jagen 61 u. 62, nahe bei
der Tagelohner-Colonie Corsave, und sind nur mit we-
nigen Fichten, dann und wann sogar mit einzelnen Kiefern
durchsprerigt. Der Boden kann in der Ebene auch
nicht schoner fiir die Tanne seyn: ein tiefgriindiger,
sehr humusreicher, hier und da sehr f r i scher Lehm-
sandboden. Wahrscheinlich kommt auch, wie in allem
Flufsboden, etwas kohlensaure Kalkerde hinzu. Eisen
ist'wenig oder gar nicht darin. Die bedeutende Frische
des Bodens wird durch die niedrige Lage des ganzen
Ortes, die haufigen Einsenkungen und die Vegetation an-
gezcigt. Herrschend fand ich hier: Oxalis' Acetosella,
Prenanthes muralis, Convallaria bifolia, Aspidium Filix
mas, IJypnum crista castrensis, splendens und Schre-
beri, Galium sylvaticum, Fragaria vesca, hier und da
auch Melampyrum nemorosum, und sehr viel Polytrichum
juniperinum. Eigentliche Torfpflanzen fand ich
hier nicht, so sehr ich auch danach suchte. Dennoch sah
ich in diesem Boden schon eine Andeutung des Moorbo-
dens, der mich.spater so oft in Oberschlesien in Verwun-
derung setzte. Hier haben wir einen lehrreichen Beweis,
dais sich kleine Verschiedenheiten des Bodens in den mei-
sten Fallen hiibsch durch die Kraut-Vegetation bestimmen
lassen. Sphagnum bildet z. B. die Grenze, auf welcher
ein feuchter Boden anlangt, wahrend wir da, wo Sphagnum
fehlt, nur frisch sagen konnen. In Oberschlesien
werden die ferneren Belage folgen. Der Eindruck,
welchen ein so schoner Wald mit diesem iippigen,
frischen Unterwuchse und den kerzengeraden Baumen
macht, ist unbcschreiblich, und wird kaum durch den
iibertroffen, welchen ein Laubwald verursacht. Die nie-
drigern Tannen, die ofters in alien Abstufungen der
Grofse in Gruppen um die alten versammelt sind, erinnern
mit ihren schonen gelbgriinen Nadeln an Pinus canadensis
und Cupressus disticha, welche ich fiir die
lieblichsten aller Nadelholzer halte, und an deren schone
leuchtende Gruppen des Worlitzer Gartens ich mich oft
noch mit Freude zuriick erinnere.
Ueber Alter, Starke und Lange der Baume stellten wir
griindliche Untersuchungen an, indem mehrere Stamme
gefallt wurden. Es haben' sich dabei folgende Zahlen
ergeben. Eine Tanne mit 125 deutlichen Jahrringen
(von denen die 32 innersten nur 15'" stark waren, die
dann folgenden 41 Ringe aber 7y" mafsen) hatte 106
Lange und 2' Durchmesser am Stocke. Eine Kiefer
(welche nebst mehreren andern von den Tannen mit in
die Hohe genommen war) von 72 Jahren hatte 90 Fufs
Hohe und 1T'T' Durchmesser. An den Stocken einiger
schon friiher gefallten Weifstannen-Stamme zahlte ich
bei einer 1' dicken 72 Jahrringe (von denen die 34 innersten
gar nur 1 " mafsen), und bei einer 2 ' dicken
120 Jahrringe, dann bei einer 1 \ ’ dicken 150 Jahrringe,
ferner bei einer 2 |' starken 96 Jahrringe, und bei einer
ly ' starken 90 Jahrringe (die aufsersten 14 Ringe 6 '").
Bei alien diesen Tannen, welche ich am Stammende
oder Stockende mafs, miissen noch 10 —15 Jahrringe
hinzugezahlt werden, Weil diese tief unfen versteckt
sitzen. Viel iiber 150 Jahre war wahrscheinlich kein
Stamm. Die langsten Baume werden bis 110' gehabt
haben. Dafs sie anfiinglich sehr langsam wuchsen, siehi
man an den schwachen Jahrringen um das Mark, welche
oft kaum zu unterscheiden waren. Andere Stamme
miissen sich aber auch wieder sehr rasch emporgearbei-
tet haben, denn der starkste Stamm von 2^' hatte noch
nicht 100 Jahre; so wie er mehr Luft und Licht be-
kam, trieb er desto iippiger, wie ebenfalls aus den ange-
stellten Messungen hervorging. An mehrfcren Stammen
waren wiederum die auf ser s ten Ringe sehr schwach,
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