
Es diirfte in dieser Schilderung fiir die Meisten
meiner Leser eher etwas Abschreckendes als Anzie-
hendes liegen; wer aber als Forstmann hierher geht,
wird trotz der dann noch hinzulcommenden Miihselig-
keiten eines grofsen Gebirgsreviers durch die Schonheit
und Abwechselung desselben, so wie durch das weite
seiner Thatigkeit gesteckte Feld entschadigt. Der nach-
ste, der Besichtigung der interessantesten Reviertheile
gewidmete Tag soli dies gleich ausfiihrlich darthun.
F r e i t a g d e r 1 8 te 9 ein aufserordentlich lohnen-
der Tag. Schone Gegenden, herrliche Bestande, inter-
essante meteorische und klimatische Erscheinungen, sel-
tene Botanik und Mineralogie wechselten fortwahrend.
Wenn ich eins tadeln sollte, so ware es die driickende
Warme des heutigen Tages; indessen hatte mein giiti-
ger Fiihrer — Herr Oberforster J a g e r war schon den
Abend vorher wieder zuriickgereist — Nachsicht, wenn
der lechzende Gaumen sich nach den erquickenden, noch
reichlich an den Gebirgsstrauchern prangenden Himbee-
ren umsah.
Ich will erst in Kurzem unsern Weg angeben, und
dann die Merkwiirdigkeiten beschreiben, die wir auf
demselben antrafen. Yon Nesselgrund geht es stark auf-
warts auf die Kaiserswalder Strafse, neben welcher alte
Fichten mit einzelnen eingesprengten Lerchen herrschen.
Dann rechts den Grunwalder Weg iiber die Fatsch-
Briicken mit alten Fichten und wenigen Tannen. Am
Fufse des grofsen Vogelberges, wo bedeutende Fichten-
schonungeu mit einer Unmasse von Ebereschen herrschen,
vorbei in’s Tannicht, einen aus alten Fichten,
Tannen, Buchen und Ahornen gemischten Ort mit der
beriihmten Konigsfichte, und dann in’s Hintertannicht
mit 40jahrigen Fichten-Stangenholzern. Dann nach dem
Redanz-Graben mit einer diesjahrigen Hauung in alten
Tannen und Fichten, und auf dem Reinerzer Wege zuriick
nach Wolfenhau, wo eine dies jahrige Cultur und
8 jahrige Fichtenbiischelpflanzung zu sehen ist. Endlich
durch einen alten Tannen- und Fichtenbestand nach den
Seefeldern. Von da iiber Grunwald auf den Bohmischen
Kamm und die Hohe Mense und in’s Nachtquartier
Reinerz.
An der Kaiserswalder und Grunwalder Strafse findet
man ungeheure, unregelmafsig iiber einander liegende,
mit Moosen und Flechten iiberzogene Sandsteinblocke,
und auf diesen eben so schone Fichten, wie auf den
Harzer Granitblocken. Ueberall eine grofse Menge Lerchen
von 40 — 60 Jahren eingesprengt. Sie sind zwar
noch gerade und haben Hohenwuchs, zeigen aber doch
durch die zahlreichen Flechten und Moose ein geringe-
res Gedeihen, als ich es noch in diesen Tagen an Lerchen
beobachtete, und als ich es am Abende an der
Strafse nach Reinerz in einem schonen geschlossenen
Fichtenbestande zu sehen Gelegenheit hatte. Der Haupt-
grund liegt in dem mangelnden Schlusse, weniger im
Boden, obgleich eine Ur- oder Uebergangs-Gebirgsart
unter denselben Verhaltnissen giinstiger gewesen ware.
Man hat friiher unvorsichtiger Weise zahlreiche Kiefern
mit eingesprengt, und diese haben dadurch, dafs sie an
dem unpassenden Standorte nach und nach alle eingin-
gen, unheilbringende Liicken in den Bestanden verur-
sacht. Der Schneedruck schadet in diesen niedern Re-
gionen den Lerchen viel mehr, als in den hohern Alpen-
gegenden, weil in den letztern wegen der grofsern
Kalte der Schnee immer krumlicher und lockerer bleibt,
hier aber, wo doch ofters Thauwetter einfallt, oft zu-
sammenfallt und starker lastet. Auch thun Vermi-
schung und S ch lu fs sehr viel; W a h le n b e rg sagt,
dafs in den Karpathen die Lerchen iiberall in der Ver-
mischung m it F ic h te n vorkommen und mit diesen bis
4600' hoch gehen. Da wo sie dieselben iib e rs te ig e n ,