
Lomnitz wurde am ostlichen Abhange von Laufsmanns-
hiibel herumgegangen; dann wurden die am nordlichen
Abhange am Rande der Wolfshauer Besitzungen bei
Wintershause liegenden schonen, lang ausgewachsenen Bestande
durchschritten und daselbst die Forsten verlas-
sen, um durch einige erbliche Besitzungen bis zurDienst-
wohnung des dienstthatigen braven Forsters S e iffe rt
zu gelangen, wo wir eine freundliche Aufnahme fanden
und bald die Anstrengungen des heutigen Tages ver-
gafsen.
Die Nacht in den hochaufgethurmten an einander
geriickten Himmelbetten wurde eben so sufs, wie der
Tag sauer gewesen war. Ich traumte von den schonen
bevorstehenden Gangen, und erwachte mehrmals, noch
ehe der Tag graute, gewifs ofters zum grofsen Verdrufs
meines Nachbars, der sich dann schwer seufzend um-
drehte, und mich gewifs fiir mondsiichtig gehalten hat.
Ich mufs ihn noch jetzt um Verzeihung bitten, dafs ich
ihm fiir alle Liebe und Aufopferung bei Tage und bei
Nacht keine Ruhe liefs.
Am andern Morgen, Mittwoeli, stiegen
wir wieder gegen den Kamm des Gebirges an. In der
Langenhohle (einem nordlichen Auslaufer von der Schwar-
zen Koppe, oberhalb der Forsterei) sind hiibsche Holz-
bestande anzutreffen. Eine aififallende Erscheinung zeigt
sich hier an vielen VVeifstannen. Sie haben eine mehr
rothe, als weifse Rinde. Ein feiner Flechten-Ueberzug
ist davon die Ursache, ich kann mich aber nicht erin-
nern, die Art von Lepraria, fur welche ich die Flechte
halte, je gesehen zu haben. Auch weifs hier Niemand
eine ahnliche Farbe an den Tannen nachzuweisen. Sie
stehen im dichtesten Schlusse, ziemlich feucht, auf stei-
nichtem Boden. Dann mag der Grund liegen.
Man findet hier die verschiedenartigste Untermischung
von Fichte, Tanne, Kiefer, Birke, Buche, meist schon
in 70 80jahrigem Alter. Am Meisten ausgezeichnet
ist hier die Birke, indem sie einen seltenen Langenwuchs
entwickelt und sehr schone gerade Stamme bildet. Auch
die Kiefern sind ungewohnlich lang und stark, aber doch
abholzig. Ihren rechten Boden haben sie hier nicht ge-
funden. Nur der Schlufs mit den langwiichsigen Fichten
und Birken erhalt sie.
Beim fernern Aufsteigen im Koppenwege gegen den
Bretterberg an der Kricklehne (oberhalb der Schnur-
bartsbaude), nachdem der Grofse Seifen uberschritten
worden war, kamen wir auf noch mehrere Forstortc,
welche fiir den Reisenden belehrend sind. Es wech-
seln hiibsche geschlossene Bestande mit liickigen, von
Nassen durchbroclienen. 60 — 70 F. hohe Lerchen, die
aber, vom Winde gepeischt, ein durftiges Ansehen haben,
sind theils mit Fichten gemischt, theils ziemlich
rein. Eine hiibsche Fichten-Dickung, deren Triebe jedoch
keinen sehr ansehnlichen Zuwachs mehr verrathen-
ferner (auf dem Scheitel der Kricklehne) ein sehr kum-
merlicher Fichtenbestand, der wohl schon in den Drei-
fsigern und doch kaum mannshoch ist; eine Fichten-Cul-
tur (die 2 I . breiten Rinnen mit 3 F. Zwischenraum)
mit hiibschen Pflanzchen, und gegeniiber eine kleine
etwa 12—15jahrige Kiefern-Anlage. — Wir befinden
uns hier schon in einer Hohe von nahe an 3000 Fufs.
Da ist denn allerdings von den Kiefern nichts zu er-
warten, und man hat nur einen Versuch machen wol-
len, wie sie sich in dem trocknen, steinichten Boden,
der kein Holz recht begunstigt hatte, machen wurden.
Ihre Farbe ist bleich und graugelb, sie sind fast ganz
astlos, und haben sich, trotz dem dafs sie nur 12 — 15
Fufs hoch sind, schon ganz licht gestellt. An einem
kraftigern, mehr im Scbutze von Fichten erwachsenen
Stamme fand ich die Kothsack - Ueberbleibsel einer
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