
denn, wenn es das ware, miifste es kiimmerlich, bleich,
entstcllt und verweht auf den Hohen erscheinen, gleich-
wie hier und da eine ungliickliche Fichte sich unter das
Krummholz verirrt, dann aber auch gleich als ein Scliat-
tenbild dieser Holzart zu erkennen ist. Das Knieholz
ist hingegen eine schone kraf t ige Pflanze, in ihrer
Art eben so gesund, wie die Kiefer in unserer sandigen
Mark.
Es liebt mehr einen nassen und frischen Standort,
als einen trocknen. Wenn es auch sehr haufig zwi-
clien Steinen und Felsen, an steilen Hangen angetroffen
wird, und hier auch nicht gerade stehendes Wasser oder
Sphagnum vorkommt, so sind ja doch alle die Gegenden
bestandigen atmospharischen Niederschlagen ausge-
setzt, ja es giebt vom September bis zum Mai und Juni
an alien Standorten des Knieholzes fortwahrend rinnen-
des und verdunstendes Wasser. Daher auch das vor-
treffliche Gedeihen dieses Holzes an Standorten, die Jahr
aus Jahr ein stehendes Wasser haben, wie z. B. am
Fufse der Schwarzen Koppe, daher auch die Potenzirung
desselben zu einer ZJliginosa auf den moorigen, nassen
Seefeldern. Desto mehr diirfte sie eher zu den plantis
uliginosis als zu den siccis zu rechnen, und um so scharfei
von der das Gegentheil liebenden Kiefer zu trennen
seyn.
Das Knieholz lebt mehr gesellig als einzeln. Nie
habe ich verflogene sparsame Exemplare gesehen. Immer
stehen viele Biische — Kaupen in der Forstsprache
genannt beisammen, meist so dicht-, dafs man unge-
achtet der geringen Hohe derselben — die Aeste reichen
einem nicht bis unter die Arme — nicht durch-
dringen kann. Die Aeste sind so dick und steif, dafs
man sie nur mit Miihe auseinander biegt, die Stamme
so verzweigt und vielfach gewunden, dafs man auf sie
nur unsichere Tritte wagt, und jeden Augenblick fiirch-
ten mufs, dazwischen in eine tiefe Felskluft zu treten
und ein Bein zu brechen.
Den besten anschaulichen Begriff werde ich Jeman-
dem, der das Knieholz nicht sah, geben konnen, wenn
ich es mit den Kaupen unseres bekannten Astragalus
glycyphyllus, allenfalls auch der Besenpfrieme ( Spar I him
Scoparium) vergleiche. Eben so, wie bei diesen liegen
die Stamme an der Erde, und erheben sich dann
erst allmalig, so dafs nur die letzten Astverzweigungen
ganz vertikal stehen. Auch sieht man, wie bei jenem,
immer viele Aeste um Ein Centrum versammelt, wes-
halb ich auch den Ausdruck Kaupen gebrauchte. Den-
nocli haben die ahnlichen Bildungen dieser Gewachse
einen ganz verschiedenen Grund. Die liegende Stellung
des Knieholzes riihrt von der Macht der Sturme, und
die Kaupenbildung sicher von Absenkung her. Ueber
den letzten Punkt ist es zwar schwer, sich Gewifsheit
zu verschaffen; denn die starksten Partien (welche 6
bis 8 Zoli Durchmesser erreichen) sind so verschlun-
gen, dafs man Anfang und Ende meist gar nicht unter-
scheiden kann. Allein von dem Vorhandensein von
Wurzeln an verschiedenen Stellen der Stamme und
starksten Wurzeln, gewohnlich in den Achselgegenden,
habe ich mich bestimmt iiberzeugt, wieder eine Eigen-
thiimlichkeit, die bei der Kiefer nie vorkommt.
Die erste Wurzelbildung ist sehr merkwiirdig. Keim-
linge habe ich zwar nicht finden konnen, allein 3 —6-
jahrige Pflanzchen sah ich genug. Nie bemerkt man
bei ihnen eine ordentliche Pfahlwurzel, wenn auch zufal-
lig Bodentiefe fiir eine so schwache junge Wurzel genug
da seyn sollte. Die Wurzel nimmt gleich unter der
Oberflache eine horizontale Richtung, und zertheilt sich
auch meist in mehrere gleich starke Aeste, ohne dafs