
nur der heitere Himmel stimmte die Gemfither der Be-
schauer anders. Ueberall noch IJrzustand. Die Hand
des Menschen hat noch nicht gewagt daran zu rfitteln.
Dunkle Fichten und Knieholz - Massen, nur wenig mit
Eberesche gemischt, bilden die Folie der Vegetation,
welche hier und da noch dunkler durch Polytrichen
und Empetrum wird. Auf dieser erscheinen die freund-
licheren Farben der schon oft genannten Tussilago alpina
und Ranunculus aconitifolius. Ribes petraeum, welches
hier wachsen soil, konnten wir nicht finden. Unge-
heure Massen yon Gerolle und Felsblbcken liegen iiberall
umber, und erschweren besonders den Uebergang fiber
den scheidendeu, mit dichtem Knieholz besetzten Rficken
aus dem Kleinen-Teiche nach dem grofsen hinauf. Un-
fibersehbare Massen von Moosen und Flecliten fiberziehen
diese, und in ihnen wurzelt das Knieholz, oft sehr ma-
lerische, aber meist ganz undurchdringliche Massen bil-
dend. Das beriihmte Islandische Moos (eine Flechte)
kommt hier in reichlicher Menge vor, und kann nie ver-
braucht werden, wenn auch alle Menschen die Schwind-
sucht bekamen. Sphagnum, durch die feuchte Atrno-
spliare und den meist undurchlassenden Fels-Untergrund
herbeigelockt, machte den Tritt haufig unsicher, und der
Wind ling schon an sehr laslig zu werden, da man bald
nach der Mfitze greifen, bald an die Erhaltung des
Gleichgewichtes zwischen den verratherischen Rollstei-
nen und dem Knieholze denken mufste.
Dennoch konnten wir uns nur schwer yon dem er-
habenen Anblicke trennen. Wir gingen langs der un-
tern Rander des Grofsen-Teiches fort, oberhalb der Drei-
steine unter dem Mittagsteine durch, und befanden uns
bald in einer oden, wieder hauptsachlich mit Knieholz
und kleinen, in grofsen Horsten vorkommenden scho-
nen Weiden (Salix limosa mit silbcrgrau behaarter Un-
terseite der Blatter und der kahlen Salix silesiaca) besetzten
Gegend. Das schone IJypnum undulalum. iiberall
in den Moospolstern. Wir suchten von dem Kamme
gedeckt zu bleiben, da der Sturm immer heftiger ge-
worden war. Der Himmel blieb indessen noch immer
klar, und wir kamen bald wieder in Schweifs, als wir,
fiber den Janschkenhfibel und den Mittelberg gegen die
Kleine Sturmhaube ansteigend, unaufhorlich fiber Slein-
gerolle klettern , und uns oft keuchend einen Weg
durch das Knieholz suchen oder bahnen mufsten. Das
Brfickenbergcr Revier hat doch die schlimmsten Begange.
Ich erinnere mich wenigstens keine so strapaziosen Wege
in irgend einem Gebirge gemacht zu haben, weil kein
deutsches Gebirge diese ungeheure Masse von losen, fiber
grofse liorizontale und geneigte Flachen verbreiteten Stei-
nen hat. Es sind hier nicht die steilen Berge allein, welche
ermfiden; diese hat man an andern Stellen allcufalls
noch steiler; der unsichere Tritt ist es besonders, welcher
das Gehen so unangenehm und auch wirklich ge-
fahrlieh macht, wenn man nicht immer vor sich hin
sieht. Viel Zeii zum Wahlen bleibt auch nicht tibrig.
Man tritt also dahin, wo man die gerade Flache eines
Steines vermuthet. Durch die lange Uebung wird man
allerdings auch meist richtig geleitet; nicht selten aber
stfirzt man doch mit einem Fufse tief hinein, wenn das,
was man fiir eine gerade Steinflache hielt, nur ein Moos-
polster war, welches sich zwischen zwei Felskanten
ausbreitete, oder wenn die Steinflache nicht von alien
Seiten ordenllich unterstutzt war und nun unter dem
Tritte niedersinkt.
Gentiana asclepiadea verschwand. bald, je mehr wir
uns der kleinen Sturmhaube naherten. Die gemein-
sten Alpenpflanzen sind hier die omnivage Tussilago alpina,
Cacalia albifrons und Ranunculus aconitifolius. Von
Veratrurn Lobelianum sah ich ein einziges Exemplar unter
dem Knieholze versteckt; wahrscheinlich hat sich