
dies von der andern Seite des Kammes her, wo es ge-
mein ist, verirrt.
Der Kegel der kleinen Sturmhaube, unter welchem
wir durchgingen, um nicht zu sehr vom Winde bela-
stigt zu werden, ist von derselben Bildung, wie alle Er-
hohungen oder Auswiichse (sit venia verbo!) des Kammes.
Er ist wieder ganz und gar mit Gesteins-Triim-
mern und Blocken bedeckt, so dafs hier kaum irgendwo
ein Knieholz-Strauch hat Fufs fassen konnen. Auch
hier befestigte sich bei mir der Gedanke immer mehr,
dafs diese Millionen und aber Millionen von Steinen gewifs
wenig iiber ihre Geburtsstatte hinausgingen, weil
sie mit der Basis des Kegels ziemlich scharf abschnei-
den, und unterhalb derselben nur sparsam zerstreut liegen.
Bei der Koppe verhalt es sich anders. Die in
den Melzergrund absturzende Seite ist bis auf den Fufs
mit Scliutt bedeckt, der aber auch hochstwahrschein-
lich schon bei der Entstehung dieser Wand hier sich
anhaufte.
Bald nach Mittag trafen wir in der Spindlerbaude,
am westlichen Fufse der Kleinen Sturmhaube, ein. Der
Sturm war von Stunde zu Stunde heftiger geworden,
und wir freuten uns herzlich, unter Dach und Fach zu
seyn. Nach dem Genusse der gewohnlichen Baudenge-
nchte, Biersuppe und Eierkuchen, die mir lange nicht
so gut geschmeckt, fiihlten wir uns doch so gestarkt,
dafs wir noch heute bis zur Schneegrubenbaude zu gehen
beschlossen, um morgen die Schneegruben und den Reif-
trager begehen zu konnen.
Die Windsbraut empfing uns beim Austritte aus der
Baude zwar wieder mit vollem Orchester; allein wir
hofften, dafs ■es dabei sem Bewenden haben wiirde, und
schritten, nachdem alle Sturmklappen geschlossen waren,
auf den derben Stock gestiitzt, dem Kamme Wohlgemuth
wieder zu. Bald kamen wir, immer die Grenze
zwischen Schlesien und Bohmen halt end, an der links
am Berge liegenden Bohmischen Petersbaude vorbei, und
gingen, den Madelkamm ersteigend, auf die Madelsteine
los. Ich freute mich recht, dafs ich nicht blofs heitern
Himmel, sondern auch einige finstere Mienen des alten
Riibezahl erleben sollte. Er hatte es indessen zu gut
gemeint, und mir ware mein Wunsch beinahe leid geworden.
Sein Laboratorium kam immer mehr und mehr
in Thatigkeit. Die Sonne verfinsterte sich; es zogen
Wolken iiber Wolken von der Bohmischen Seite her-
iiber, und stiirzten sich mit; der Schnelligkeit des Win-
des in das Schlesier-Land. Wir sahen zuletzt nichts
mehr als diese abgerissenen wandernden Nebel, welche
dicht bei uns unsichtbar zerstoben, in einiger Entfernung
aber immer von Neuem wie diinne Florballen sich ge-
stalteten, gleich als wollten sie uns in ihrem geisterhaf-
ten Aufzuge necken.
Da pranget kein Friihling,
Da griinet kein Reis;
Und unter den Fiifsen ein nebliges Meer
Erkennt er die Stadte der Menschen nicht mehr:
Durch den Rifs nur der Wolken
Erblickt er die Welt,
Tief unter den Wassern
Das grunende Feld.
Dieses eigenthiimliche Schauspiel haben wir niemals
in der Ebene. Die fiastern Spatherbsttage hiillen uns
zwar auch oft in einen ganz undurchsichtigen Nebel,
der hier und da auch wohl abgerissene, deutlich bemerk-
bare Partien bildet, aber es fehlt diesen die grofse Be-
weglichkeit, die wir auf dem Gebirge sehen.
Am Fufse der Grofsen Sturmhaube wurden wir auf
einige Augenblicke durch die Erscheinung von Menschen
aufgeheitert. Es liefs sich eine elende Bretterhiitte sehen,
aus welcher Rauch emporstieg. Bald vernahmen