
r fernt, als die dunkle Masse des Hauses aus dem Nebel auf-
tauchte, und ich ware bei einem Haare gegen die Wande
gelaufen.
Doch bin ich hier offers mit Unrecht aus dem Sin-
gularis in den Dualis oder Pluralis verfallen. Nur ich
allein war der Ueberraschte; mein Begleiter, der Herr
Forstmeister ist mit diesen Vorfallen und Localitaten
ganz vertraut, obgleich er versicherte, dafs aueli er ein
so hoses Wetter nicht oft hier oben erlebt habe. Wir
beide waren recht froh, als uns das schiitzende Gemauer
umfing. Dennoch wiinsche ich einem jeden tiichtigen
Sudetenreisenden dasselbe Wetter, nicht aus Schadenfreude,
sondern in der Meinung, dafs zu einer rechten
Kenntnifs der Hochgebirgs - Eigenthumlichkeiten nicht
blofs schones Wetter, sondern auch sogenanntes schlech-
tes gehdrt.
In der Baude gab es neue Sorge. Wir hatten ge-
hofft sie bei dem Wetter leer zu finden, und recht ge-
machlich von alien Oefen Besitz nehmen zu konnen.
Die einzige Stube neben der zur Kiiclie eingerichteten
Kammer war jedoch mit Leuten angefiillt, an denen wir
uns iiberdies keine gute Gesellschaft versprachen. Gliickli-
cherweise zogen sie aber, nachdem die Branntweinflaschen
noch einmal gefiillt worden waren, bald ab. Wir lior-
ten, es seyen Bolimen aus Rochlitz, die den Preufsischen
Schnaps fiir besser und wohlfeiler als den Bohmischen
halten. So zieht die Leidenscliaft, wie Herr Forstmeister
witzig bemerkte, die Menschen nicht immer in die
Tiefe, sondern auch in die Hohe! Wie sie nach Hause
gekommen sind, habe ich nicht weiter erfahren, indes-
sen bedauerte ich die armen Kinder, welche die Kara-
vane begleiteten, und wahrscheinlich eben so viel von
der Rohheit der halbtrimkenen Vater, als von dem Wetter
zu leiden gehabt haben.
Da wir nun im Hause frei schalten und walten konnten,
so waren die Kleider bald alle an den Oefen auf-
gehangen. Die freundliche Wirthin mit ihrer kleinen,
schwarzaugigen Pauline — der Wirth war schon seit
dem friihen Morgen in’s Land hinunter gegangen —
trugen Sorge, dafs wir auch von Innen durch eine
Suppe erwarmt wurden. Wir vertrieben uns die langen
Abendstunden durch Gesprache, so wie durch Blat-
tern in dem allerdings mit vielen schlechten Bemerkungen
angefiillten Fremdenbuche, und schliefen dann auf
unsern Matrazen ganz ruhig ein. Einige Male crweckte
mich wohl in der Nacht der Sturm. Ich fing an iiber
unsere Lage nachzudenken, und da gingen auch Bilder
mit voruber, die eben nicht sehr anziehend waren. Die
Wirthin hatte uns schon am Abend erzahlt, dafs sie im
Herbste mit Sack und Pack ausziehen, und im Friihjahre
eben so vollstandig wieder einziehen miisse, weil das
Geringste an Werth, was oben bleibe, durch gewaltsa-
men Einbruch gestohlen werde. Die Rauber kenne man
jedoch nicht, vermuthe nur, dafs es Pascher — wie sie
liier die Schleichhandler nennen — seyen, oder gar
Leute, welche eignes Gewerbe davon machen. Wahrend
sie oben wohnten, waren sig noch nicht bestohlen
worden. Es schien ihnen aber gar nicht undenkbar,
dafs eine Gesellschaft, wie die, welche sie eben verlas-
sen hatte, Rekognoscirens halbcr kommen konne, um,
wenn sie den Wirth nicht zu Hause trafe und keine
Fremden oben fande, einzubrechen. Eine Nacht, wie
die gegenwartige, hatte sich schon dazu geeignet. Wir
hatten auch unbesorgt Borsen, Uhren und iiberhaupt
Alles aus den nassen Kleidern genommen und auf den
Tischen ausgebreitet. Eine nur aus wenigen Mannern
bestehende Belagerungs-Armee hatte die Besatzung leicht
zur Capitulation bringen konnen. An Entsatz war hier
nicht zu denken; denn es gab kein Mittel, um die tief
unter uns wohnenden Menschen zur Hiilfe zu rufen.