
mehr aufkommt. Sind erst die Reiheu des Ileeres ge-
lichtet und ihr mauerfester Schlufs gebroclien, so kann
dem Feinde nichts mehr widerstehen. Zum Beweise,
dafs die Fichte aufserordentlich abgehartet ist, konnen
wir ja noch an vielen Stellen der Knieholzregion sehen,
wie die ziemlich starken Ueberreste dieser Baume (hier
Leichen genannt) iiberall zerstreut sind.
Einen so wild-romantischen Anblick hat man auf
wenigen Hohen. Um so seltsamer contrastirte die schone,
von dem lieblichsten Lichte umflossene Aussicht in die
Ebene. Als wir uns im Schutze des Tafelsteines — der
Wind war auf der Hohe selbst doch ein wenig unbe-
quem — gelagert hatten, konnten wir bei sehr behagli-
cher Warme unser Friihstiick verzehren. Bohmische
Hirtenknaben umschwarmten uns, und versuchten sich
durch das wirklich sehr geschickte, unglaublich oft hinter
einander wiederholte Schwingen und Knallen ihrer
viele Ellen langen Peitschen bemerklich zu machen.
Die warme Sonne hatte die sehonen, grofsen gelben
Blumen des Hieracium alpinum, welche sich unter alien
hiesigen Pflanzen den warmsten Haarpelz anschaffte, auf-
geschlossen.
Als wir uns von der Witterung so ungewohnlicli
begiinstigt sahen, und die Schneekoppe so einladend auf
uns herniederblickte, anderten wir rasch unsern am Morgen
gefafsten Reiseplan, und beschlossen, noch heute die
Koppe zu ersteigen. Der Wind wurde spater zwar hef-
tiger; indessen blieb doch das Wetter heiter, und wir
konnten von Gluck sagen, der plotzlichen Eingebung
gefolgt. zu seyn, denn am andern Tage anderte sich die
ganze Scene.
Vom Tafelsteine gelit es noch ein gutes Stuck sud-
warts bergab, ehe man zu dem Mittelberge (3727 Fufs
hoch) kommt,- welcher zu dem wieder westlich gewen-
deten, und machtig steigenden Vorlaufer der Schneekoppe,
der sogenannten Schwarzen Koppe fiihrt. Es
ist hier die Wasscrscheide zwischen Elbe und Oder.
Die Gebirgsart ist noch Glimmerschiefer, aber iiberall
liegen blendend weifse Quarzmassen umher. Am Fufse
der Schwarzen Koppe (4284 Fufs hoch) trafen wir an
einer sehr feuchten, mit Sphagnen bewachsenen Stelle
das erste Knieholz, dessen untere Grenze von Prudlo
3893 Fufs hoch angegeben ist. Ich habe schon in der
Ilten Reise, als ich den Bericht iiber die Seefelder
schrieb, in einer grofsen Note meine Ansicht iiber No-
menclatur und Verwandtschaft dieses Gewachses nieder-
gelegt, auch hier und da schon auf einzelne Eigenthiimlich-
keiten seines Standortes hindeuten miissen. Hier mo-
gen daher nur noch folgende, allein auf das Knieholz
sich beziehende Bemerkungen, die ich zum Theile fiir
neu halle, eine Stelle finden. Es ist jetzt fast unser
taglicher Begleiter. Um so mehr mufs man sich wun-
dern, dafs es dann das ganze Glatzer und Altvater-Gebirge,
wo so viele ausgezeichnete Standorte fiir dasselbe
waren, wo sogar Juniperus nana wachst, iiberspringt,
um erst an der Babia Gora auf ganz anderem Gestein
(Grauwacke) wieder aufzutreten.
Das Knieholz hat allerdings grofse Aehnlichkeit mit
der gemeinen Kiefer, wenn man auf die Zalil der Nadeln
sieht, unterscheidet sich aber auf den ersten Blick
durch ein viel mehr gedrungenes Wesen und durch
ein anderes Colorit. Unsere Kiefer ist zwar heller, aber
doch schmutziger grim, das Krummholz dunkler, aber
freundlicher und reiner griin. Selten sieht man krank-
liche Exemplare, eher ganz abgestorbene Stocke, deren
schneeweifse ausgetrocknete Aeste, welche oft gespen-
sterhaft in die dunkeln Nebel hinausstarren, man mit
dem Rheinischen Forstnamen „Spief seu bezeichnen
mochte. Aus diesem Grunde ist es schon undenk-
bar, dafs das Knieholz eine Varietat der Kiefer sey;