
Politur zu geben, ist noch nicht gelungen, wahrscheinlich
wegen der grofsen Menge das Gestein durchziehen-
den Glimmers.
Von Hermsdorf machten wir mehrmals Spaziergange
nach dem benachbarten Petersdorf. Der Herr Oberforster
zeigte mir dort im Garten des Backers Got twa ld
eine Merkwiirdigkeit, die ich nothwendig erwahnen mufs.
Es ist eine Eibe von 32 F. Hohe und einem sehr starken,
3 Fufs iiber der Erde in zwei Halften sich thei-
lenden Stamme; oben mit einer ausgezeichneten, dicht
benadelten, ganz abgewolbten Krone von 32 F. Durchm.
geziert. Der ganze Stamm hat dicht fiber der Erde 3;
2 " Durchmesser; 7 F. fiber der Erde hat der nordliche
Stamm dicht unter dem ersten Aste 83 Zoll Umfang
und der sfidliche 67 Zoll. Das Merkwfirdigste aber ist,
dafs der Baum, ohne dafs weit und breit ein mannlicher
Baum — schon langst sollen die Eiben im ganzen Gebirge
ausgerottet seyn, mit Ausnahme einiger an den
Falkenbergen vorkommenden — bekannt ist, alljahrlich
schone Frfichte tragt, und dafs diese auch keimen.
Wie vertragt sich dies mit der neuen Theorie, derzu-
folge der Pollen der mannlichen Blumen die erste Anlage
des Embryo bilden soil? Sollte uns dieser Fall
nicht darauf hinftihren, dafs bei den diocisclien Gewach-
sen ein einzelnes weibliches Individuum reife Frfichte
bringen kann? Bei Junipet'us communis, der weit und
breit nur weibliche Straucher hat, habe ich frfiher schon
einmal diese Yermuthung hegen miissen.
Dienstag den 14ten sollte der letzte Gang in’s
Gebirge unternommen werden. Es war uns noch das
nordwestlichste Ende desselben, bis zum Isergebirge,
fibrig geblieben. Wenn wir den Weg durch Schreiberhau
nahmen, konnten wir eine bedeutende Strecke fah-
ren. Der Herr Forstmeister war also so gfitig, uns bis
zum letzten Kretscham in Marienthal, die Ulrichschenke
genannt, seinen Wagen mitzugeben. Wir holten in Petersdorf
den Herrn Oberffirster Bormann ab, und fuhren
nun, bald im Trabe, bald im Schritte, hinter dem
Vitriolwerk, oberhalb Petersdorf, den Berg hinan. Der
Geist war noch frisch, und ich konnte auf dem lieuti-
gen Wege die Eigenthfimlichkeiten von Schreiberhau
besser beobachten, als es neulich moglich gewesen war.
Dafs der Ort aufserordentlich zerstreut *) liegt, habe
ich schon neulich bei der Heimkehr vom Reiftrager- und
Schneegrubenbegange erwahnt. Eben so ist der verschiedenen
Hohe der einzelnen bewohnten Punkte ge-
dacht worden. Das niedrigste Haus, welches an Petersdorf
grenzt und etwa 400 Schritte vom Vitriolwerk ent-
fernt ist, dfirfte nach Herrn Per schke nur 600 F. Hohe
haben. Die Schreiberhauer Kirche liegt nach Prudlo
1575 F., und die Forsterei 1908 F. hoch. Es ist also
nicht zu verwundern, dafs in Schreiberhau auch ein sehr
verscliiedenes Klima herrscht. Man nimmt ja gewohnlich
an, dafs eine Hohenzunahme von 100 Metres ( = 320
Fufs) gleich sey dem Fortriicken um 1 geogr. Grad nach
Norden, oder, mit andern Worten, gleich sey einer Tem-
peratur - Abnalime von 0,° R., obgleich ich schon bei
Steinseifen Gelegenheit hatie zu zeigen, dafs diese Pa-
*) Herr Forstmeister Ste rni tzky unterscheidet fiinf Ab-
theilungen von Schreiberhau: 1) die oberste, langs der Zollstrafse
sich hinziehende, welche oberhalb der Forsterei am
Eingange in’s Revier endet, und das eigentliche Schreiberhau
ist; 2) die im Weifsbachthale liegende (daher auch wohl
Weifsbachhauser genannt) mit der Pr e i f s l e r ’schen Glas-
hiitte unterm Hiittenberge unterhalb der Zollstrafse; 3) Marienthal
langs 'dem grofsen Zacken mit der Ulrichs- (oder 01-
hrich’s-)Schenke; 4) Kochelhauser an der untern Morgenseite
an der Petersdorfer Reviergrenze, gegen die Kochel hin; 5)
Brandenhauser zwischen den Kochelhausern und dem eigentli-
chen Schreiberhau gegen die Kirche zu.