
wohnenden Verwandten. Die Lerchen sind besonders
an den Wegen zum Empfange der Fremden angebaut;
sie sind nicht alter als 14 Jahre, und haben schon iiber
35—30' Lange. Sclioncs Laubholz kommt bis auf den
Gipfel des Berges (1812' hoch nach Prudlo) vor; auch
kann man hier taglich die lieben Landsleute, die Kiefern
besuchen, welche besonders an der westlichen Seite
in Menge wachsen, sehr vollholzig sind* und mitunter
eine Hohe von 90 — 100' und eine Dicke von 2 ' hatten.
Ueberhaupt ist der Granit an vielen Stellen, wo
er kiesig und locker ist, zur Erziehung der Kiefer nicht
ungeeignet, ja sie vertragt hier sehr hohe Lagen. Davon
spater mehr. Der Kynast ist so oft in jeder moglichen
Hinsicht, und in der verschiedensteu Stimmung der Rei-
senden beschrieben, dafs ich den geehrten Leser nicht
von Neuem mit einem Ausbruche von Gefuhlen unter-
halten will, die sich doch immer auf dem Papiere schlecht
ausnehmen. Wenn man das Gebirg und die ganze, tief
unten liegende, reiche Landschaft nicht selbst sieht, wenn
man das Echo des Kuhreigen und der Boiler nicht selbst
hort, und von den Gebirgsliiften nicht selbst gebadet
wird, so felilt einem das Wesentlichste. Es ist aber
wahr, dieser Punkt ist einer der anziehendsten und lieb-
lichsten in ganz Deutschland, und fiir genugsame Rei-
sende ware es genug, wenn sie nichts weiter thateh,
als taglich auf den Kynast gingen. So geniigsam bin
ich freilich nicht gewesen, und defshalb habe ich denn
schon am andern Tage mit meinem erfahrenen Freunde
eine Excursion iiber den Kynast hinaus gemacht, und
diese will ich hier beschreiben, da sie nicht in den zahlreichen
gedruckten Gebirgs-Wegweisern steht. Ein Au-
tor wiirde es auch nicht verantworten konnen, seine
Damen iiber die nassen Stellen zu fiihren, iiber die mich
zu bringen der Herr Forstmeister sich kein Gewissen
machte. Meine Reisestiefeln bestanden aber ihre Probe
herrlich, und so wurde ich auch durch das heute
zu meinen Anzuge gewonnene Vertrauen fiir die An-
strengungen belohnt. Hauptsache aber war, dafs ich
heute einen Ueberblick iiber die Lage der meisten Ge-
birgsreviere, so wie iiber manche Verhaltnisse erhalten
sollte, die sich haufig wiederholen. Wer dieselben
Zwecke wie ich hat, der mufs seine Wanderungen eben
so beginnen.
Der Punkt, von welcliem ans man fast den ganzen
vaterlandischen Abhang des Gebirges und die Lage seiner
Reviere iibersieht, befindet sich auf dem Siidhange
des Fockner; man gelangt zu diesem iiber den ostlichen
Rand des Kynast und des Heerdberges. Auf der Hohe
des Fockner, oder am obern Ende seines Siidhanges
liegt das ganze Gebirge vor dem Beschauer entfaltet,
etwa so, wie die herrliehe grofse Gegend vor dem be-
kannten Eichenforste im Harze liegt. Wenn auch diese
beiden Gegenden gar sehr verschieden sind, so hat doch
die eigenthiimliche panoramatische Ausbreitung derselben
gewifs eine Aehnlichkeit. Die Reihefolge vom Schmie-
deberger Kamme, dem aufsersten siidostlichen Punkte
iiber die Koppe und die kleine und grofse Sturmhaube bis
zu den Schneegruben, mit welchen hier nach Nordwe-
sten das Gebirge fiir diesen Standpunkt begrenzt wird,
ist bekannt genug, und kann auf alien Gebirgskarten
mit einem Blicke iibersehen werden. Ziemlich in der
Mitte vor dem Beschauer liegt ein machtiger, fast ganz
pyramidaler Berg, dessen einzelne groteske Felsen-Par-
tien den Namen der Ludersteine, Backofensteine und
Vogelsteiue fiihren. An dem dahinter fortziehenden .
Kamme des Hochgebirges sieht man links die Gegend
bis zur kleinen Sturmhaube, und rechts die andere Halfte
bis zu dem Hohen - Rade und den Schneegruben. An
dem Einschnitte zur Linken dieses Berges zieht sich
das Rothewasser herab, und rechts von demselben das