
wisser Wohlstand, in den sich die Bewohner durch
Fleifs und Betriebsamkeit zu setzen wufsten. Es ist we-
der Leinwandshandel, der sie wohlhabend machte^ noch
Spinnerei, noch Vieh- oder Ackerwirthschaft, — sie
sind halbe Apotheker, oder Laboranten, wie man sie
hier nennt. Ich glaube nicht, dafs es ein zweites Stein-
seifen und Krummhiibel in Deutschland giebt. Die Arz-
neien, welche sie bereiten, riihren meistens von Schle-
sischem Grund und Boden her, obwohl sie sich dazu
auch Droguen aus Leipzig verschreiben sollen. Es werden
nur Pflanzen dazu gebraucht. Diese wachsen theils
im benachbarten Gebirge wild, wie z. B. die vielge-
brauclite Enzianwurzel, die sie von Gentiana asclepiadea
nehmen, theils wrerden sie neben den Wohnungen der
Laboranten cultivirt. Manche von diesen, wie Lieb-
stockel ( Ligusticum L e v isticum ), Aland (Inula Hele-
nium) und Eibisch (Althaea officinalis), die man jetzt
nicht mehr wild findet, mogen wohl durch die liaufi-
gen Nachsuchungen ausgerottet worden seyn. Hoff-
mann’sche Tropfen und den dazu nothigen Schwefel-
und Salpeterather sollen sie auch selbst destilliren.
Wie ich hore, macht die Regierung der Betriebsamkeit
der Laboranten jetzt Schwierigkeiten. Sie miissen eine
Priifung bestehen, welcher die allermeisten nicht ge-
wachsen sind, auch wird alljahrlich, wie ich von Freund
Gopper t erfuhr, der Kreisphysikus nebst einem Apotheker
aus Hirschberg hierher zur Revision geschickt.
Wenn man die Sache aus dem Standpunkte eines Arz-
tes betrachtet, * dann kann man dies Verfahren nicht
mifsbilligen; nur zu oft sind diejenigen Pfuscher und
Marktschreier, welche die Medizin nicht stqdirten, d. h.
die Bereitung und Anwendung derselben wissenschaft-
lich kennen lernten. Es giebt aber auch noch einen
anderen Gesichtspunkt, von welchem aus man das soge-
nannte unbefugte Curiren ansehen kann. Auf dem Lande
ist oft ein Arzt gar nicht zu haben, oder die armen Bewohner
konnen seine Dienste nicht bezahlen. Da nehmen
sie denn ihre Zuflucht zu allerlei Mitteln, die zu-
fallig gute Dienste thun, oder auch ganz verkehrt wir-
ken. Unter diesen Mitteln diirften diejenigen, welche
die Laboranten bereiten, noch^die unschadlichsten seyn,
und die Indicationen, welche diese stellen, noch am
Meisten auf Erfahrung sich grunden. Yerdrangen wir
also die Laboranten, so giebt es ein gliickliches und
wohlhabendes Volkchen weniger in der Welt, und es
werden eher weniger als mehr gute Curen gemacht
werden. Eben so sehr aber wie ich Nachsiclit mit der
Medizin der Landleute empfehlen wiirde, eben so sehr
wiirde ich Strenge in den Stadten hand haben; hier hat
das Unwesen der Winkeldoctoren einen ganz andern Ur-
sprung und ein ganz anderes Ziel.
Als eine Merkwiirdigkeit verdient angefiihrt zu werden,
dafs zu Krummhiibel in einem Garten eine achte
Kastanie und ein Mandelbaum stehen, und dafs beide,
wie mich Gopper t versichert, reife Fr i ichte tragen.
Sie haben hier zwar einen langen und harten Winter
auszustehen, das geht aber den sehonen starken Stam-
men, welche Gopper t in den Gebirgsthalern des siid-
lichen Tyrols sah, nicht besser. Dafiir wirkt die Sonne
hier an geschiitzten Stellen wahrend der Sommermo-
nate desto energischer. In noch hoheren Lagen hort
das natiirlich auf, und man ist, trotz dem, dafs der mitt-
lere Temperaturgrad nicht niedriger ist, als z. B. unter
den 60ger Graden, doch nicht im Stande das zu erziehen,
was man dort noch in dem kurzen, aber sehr hei-
fsen Sommer reif bekommt. Beide haben wohl gleiche
Isothermen, aber nicht gleiche Isotheren, auf welche es
hierbei allein ankommt.
Nachdem wir uns in dem sehr reinlichen Kretscham
mit schoner Butter, herrlichem Kase und Brode und ei