
Lyda, die ich in so ansehnlicher Hohe nicht erwartet
hatte.
Diesen ganzen hohen Theil nennen sie hier ein
Windloch. Die vom Kamme her brausenden Stiirme
fangen sich in diesem Winkel und richten Verwiistun-
gen an, denen man um so schwerer entgegen arbeiten
kann, als der steinichte, trockene Boden und die Son-
nenlage schon an sich ungiinstig sind.
Wir durchschritten nun die Tannen, einen sclio-
nen gemischten Nadelholzort, welcher in geschiitzter
Lage und ndrdlicher Exposition 50 — 60 Klafter Holz
pro Morgen (man bedenke nur 3000 F. Hohe!) tragt,
und gelangten iiber den kleinen Seifen auf die nordliche
Lelme des Seifenberges. Noch nie hatte ich friiher in
so ansehnlicher Hohe einen solchen Holzwuchs gesehen.
Die Grenze desselben diirfte iiber 3500 F. hinaus gehen,
denn er hort erst einige Hundert Schritte unterhalb der
Hampelbaude auf, und deren Hohe wird gewohnlich auf
3866 F. angegeben. Anfanglich hat man einen sehonen
Fichtenbestand, dessen einzelne Nassen schon zum Theil
.durch Abzugsgraben, welche auf den kleinen Seifen zu
gehen, gehoben wurden. Dann kommen immer mehr
und mehr Ahorne beigemischt vor, und diese horen erst
da auf, wo die Fichten gegen die Kuppe hin anfangen
kusslig zu werden. Unterhalb der Fichtenwand ist ein
Ahorn-Samenschlag, wo ich das niedliche Saxifraga-ahn-
liche Sedum rubens in grofser Menge sammelte. Es
stehen etwa 8 —15 Stamme pro Morgen. Die meisten
haben kaum einen Schaft, bei einigen erreicht er aber
noch einige Hohe. Unter ihnen Stamme von 30 — 40
F. Hohe. Sie treibeu aus dem Wurzelknoten eine Menge
von Ausschlagen (Stocksprossen), welche den Stamm
wie ein Kranz umgeben, und noch wahrend seines Le-
bens mehrere Fufs hoch werden. Samenpflanzen standen
zahlreich genug unter dem Schutze der Mutterbaume,
um einmal wieder mit den iiberall aufspriefsen-
den Fichten einen vollen Bestand zu geben.
So lange die Fichten einigermafsen geschlossen und
hochstammig sind, verbergen sie auch noch einzelne Buchen.
Gar nicht - weit unter der Holzgrenze bemerkte
ich sogar noch einen Stamm von 25 F. Hohe, der nicht
ganz im Dickicht stand und einen abgewolbten Wipfel
gebildet hatte. So etwas sieht man gewifs nur selten,
und in diesen Breitengraden wohl nur in den, von alien
Seiten sich deckenden Schlesischen Gebirgen. Der
Herr Graf S c hw e in ifz sagte mir spater, dafs er auch
am Krkonosch, am siidlichen Bohmischen Abhange des
Gebirges, bei 3600 F. noch Buchen gesehen habe.
Zuletzt nur noch stammige Fichten von 40 — 50 F.
Hohe, und einzelne, sich jedoch schon an der Erde kriim-
mende Ahorne. Dann endet die Holzgrenze plotzlich
mit vereinzeltcn kussligen Fichten, und man tritt auf
das Freie, wo man von' alien Seiten nur Kamm des Gebirges
sieht. Zur Linken (beim Aufsteigen) die Seifen-
grube, in deren tiefem Einschnitte manches Jahr der
Schnee gar nicht schwindet; zur Rechten ragen der
M itta g s s te in , die D re is te in e , die Teichrander, und
tiefer gesenkt die Hasenbaude und Schlingelbaude hervor^
und iiber Briickenberg werden der Stirnelhain, Semmel-
jungen, die Annakapelle und dariiber der Kroberstein
sichtbar.
Die schone Gentiana asclepiadea hatte uns bis hierher
sammt dem Sonchus alpinus begleitet; sie horen
nun aber plotzlich auf, und wurden auch so hoch nicht
gegangen seyn, wenn sie nicht noch Seitenschutz bis
dahin gehabt hatten. Es wachst hier nur noch wild
June/us irijidus, Hiei'achim alpinum, und die schdne
grofsblumige Potentilla aurea, Yaccinien und die Wie-
sengewachse, welche die fleifsigen Aelpler dem Boden fast
in jeder Hohe des Gebirges durch Diingung abgewinnen.