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diese aber mit vielen Wurzelfasern besetzt waren. Auch
die kleinsten Pflanzen lassen sich nur mit Miihe aus dem
Boden reifsen.
Wenn man sich den gedrungenen Bau dieses Holzes
recht auffallend vorstellen will, zahle man nur einmal die
zu Einem Exemplare gehorenden Triebe. Ich fand an
Einer Kaupe (die sich aber vielleicht schon abgesenkt
hatte) von 4 Fufs Durchmesser und 3 Fufs Hohe iiber
600 Triebe. Das ganze Exemplar hatte man in einen
grofsen Blumenkiibel pflanzen konnen!
Einzelne starke Sfamme, die zuverliissig nur Einem
Individuum angehorten, lagen 10 Fufs lang an der Erde!
Dann erst verzweigten sie sich adscendirend. Abgestor-
bene Stamme (Spiefse) mit ihren Aesten haben oft frap-
pant das Ansehen von Geweiheta, nur mit einer Enden-
zahl, wie sie beim Wildprett nicht vorkommt. Oefters
sah ich auch, dafs starke an der Erde liegende Stamme
bedeutend gedrelit waren, sicher in Folge der walzen-
den Stiirme oder auch des Widerstandes, welchen die
Wurzeln auf den Felsen finden. Haufig sind die Stamme
mit kleinen und grofsern Flechten besetzt, unter welchen
eine der Parmelia furfuracea sehr ahnliche.
Im vorigen Jahre mufs das Holz reichlich gebliiht
haben; denn es fanden sich viele Zapfen, meistens zwei
an Einem Triebe, auch wohl nur einer, ziemlich haufig
drei, seltener vier bis fiinf. Sie sind niemals ab warts
gesenkt, wie bei der Kiefer, sondern stehen immer halb
aufrecht.
Was mir noch sehr auffiel, das ist der haufige Mangel
von Quirltrieben. Eine so bestimmte Zahl derselben,
wie bei der Kiefer, findet sich niemals; gewohnlich
sind deren nur 1 — 2 vorhanden; oft fehlen sie ganz-
lich, und man entdeckt dann nur mit Miihe die Stelle,
an welcher vor- und diesjahriger Trieb sich sehieden.
Daher findet man an den meisten Aesten nur eine
einzige Knospe, welche uberdies noch in der Gestalt
sehr von den Kieferknospen abweicht. Sie ist viel kiir-
zer und dicker, fast walzenformig, und dann plotzlich
kurz zugespitzt, auch sehr stark mit Harz iiberzogen.
Das Holz ist hart, fest und zahe, und wird, da es gute
Politur annimmt, und wegen des Harzgehaltes auch den
Host verhindert, haufig verarbeitet, und auf dem ganzen
Gebirge den Reisenden in Form von Dosen, Buchsen
u. s. wr. feil gebolen. Eine Scheibe von Zoll Durchmesser
liefs 131 Jahresringe deutlich erkennen. Die au-
fsersten 72 Hinge, welche sich als hellere* fast weifse
Splintlagen von dem dunkelbraunen Kerne unterschei-
den, messen (natiirlich nur auf der Einen Seite) nur
^ Zoll, so dafs man zum Zahlen derselben die Lupe zur
Hand nehmen mufs!
Das Knieholz ist pwar nur eine unscheinbare Pflanze.
Allein, wenn man die Menge beachtet, in welcher es
wachst, den dichten Schlufs der Aeste und die Festig-
keit der Wurzeln, so wird man wohl inne, dafs der
Schopfer es nicht blofs als ein Spielwerk hierhersetzte.
Es ist vielmehr von der grofsten Wichtigkeit, indem es
die losen Felsblocke befestigt und von dem Herabrollen
abhalt, indem es die Kraft der Stiirme bricht und grofse
Massen von Feuchtigkeit, die sich iiber das Land ver-
breiten und demselben durch Erkaltung schaden wurden,
verbraucht, auch das plotzliche Aufthauen der zwischen
den Knieholzbestanden sich vertheilenden Schnee-
massen lnndert. Mit dem Knieholze wiirde auch ein
grofser Theil Viehnahrung fiir die Gebirgsbewohner ver-
schwinden; denn unter dem Schutze der Kaupen sam-
meln sich viele Gewachse, welche, wenn sie den Stiir-
men Preis gegeben wiirden, hier nicht aushalten konnten.
Es ist. auch schon die Erfahrung vorhanden, dafs
neben einer Bohmischen Baude, welche vor 60—70
Jahren noch Viehweide hatte, jetzt nichts als nacktes