Aufschlüsse über die innere Anatomie und postembryonale Entwicklung zu erhalten, sondern auch
brauchbare Art- und Gattungsmerkmale aufzufinden, welche die Unterscheidung und Bestimmung der
zahlreichen Gallmilbenarten ermöglichten und auch andere Forscher, wie C a n e s t r i n i instand
setzten, das Studium der Systematik dieser Acaridengruppe aufzunehmen. Damit war für die Systematik
der Gallmil ben eine wissenschaftliche Grundlage gewonnen und der Forschung ein weites,
noch unberührtes Arbeitsfeld eröffnet. Es zeigte sich alsbald, daß zahlreiche Arten, die sich auf
mehrere Gattungen verteilen, die Erzeuger der vielgestaltigen, auf einer großen Zahl von Blütenpflanzen
beobachteten Ceoidien sind.
Die Fortschritte, welche die Kenntnis der Gallmilben in den folgenden Jahren machte, waren
überraschend; fast jede Untersuchung einer neuen Gallenform förderte eine neue Gallmilbenart zutage
und bereicherte die Zahl der bereits bekannten Formen. Der Fortgang der Bestimmungsarbeiten
hing einzig von der Beschaffung des Gallenmaterials ab. Die Unterstützung, welche der Verfasser
hiebei durch hervorragende Cecidiologen, ganz besonders durch v. S c h l e c h t e n d a l und später
durch K i e f f e r erfuhr, machte es ihm möglich, in kurzer Zeit die häufigsten Gallen der deutschen
Flora zu untersuchen. Die vom Verfasser aufgedeckten anatomischen Verhältnisse haben bis heute
noch keine wesentliche Ergänzung erfahren. Der Verfasser selbst fand neben seinem anstrengenden Lehrberuf
und dem viel Zeit beanspruchenden Studium der Systematik der Gallmilben leider wenig Gelegenheit,
die noch vorhandenen Lücken auszufüllen und zweifelhaft gebliebene Einzelheiten klarzustellen.
Auch die so wünschenswerte Revision der Diagnosen älterer Arten blieb ein unerfüllter Wunsch; gewiß
gibt es auch hier zu bessern und zu ergänzen, was dem zu Beginn noch ungeschulten Auge entging.
Bald nach dem Erscheinen der „Beiträge zur Systematik der Phytopten“ veröffentlichte
G. C a n e s t r i n i seine erste Arbeit über Gallmilben unter dom Titel „Ricerche intorno ai Fitoptidi“,
welcher kurz vorher eine Mitteilung über Milben als Pflanzenparasiten (La Difesa dai Parasiti, Giorn.
d’Agric ;olt., 1890). vorausgegangen war. Die Arbeit enthält die Beschreibungen einiger Arten der
Gattungen Phytoptus D u j. p. p. und Phyttocoptes Nah; aus der Einleitung erfahren wir, daß C a n e-
s t r i n i seit Jahren wiederholt bemüht war, Gallmilbenarten zu unterscheiden und zu determinieren,
aber — gleich seinen Vorgängern — ohne Erfolg, da er differenzierende Artmerkmale nicht finden
konnte. Von Prof. G. Ma s s a l o n g o , dem ausgezeichneten Kenner der italienischen Milbengallen,
mit Untersuchungsmaterial reichlich versehen, entfaltete er alsbald eine rege Tätigkeit: in kurzer Zeit
bearbeitete er erfolgreich die verbreitetsten Phytoptocecidien der oberitalienischen und südtiroler
Flora., Ganz besonders reich an Ergebnissen waren die Jahre 1891 und 1892. C a n e s t r i n i veröffentlichte
die Diagnosen der neuen Arten fallweise in den Atti und dem Bulletino della Soc. Ven.-
Trent. und a. a. 0 .; später sammelte er dieselben in seiner Acarofauna italiana, P. Va (1892) und
ergänzte sie durch Abbildungen. Ein historischer Rückblick über die Entwicklung des jungen Wissenszweiges,
sowie eine Übersicht über die Anatomie der Gallmilben sind dieser zusammenfassenden Darstellung
vorangestellt; letztere begnügt sich mit der Wiedergabe der bereits bekannten anatomischen
Verhältnisse und bringt keine auf eigene Untersuchung gegründeten neuen Tatsachen. Auch neue,
als Artmerkmale brauchbare Strukturverhältnisse werden nicht angegeben; doch fanden einige
Abbreviaturen, so. die Bezeichnung der Borsten durch die Anfangsbuchstaben der lateinischen Namen,
sowie die Termini „Epiandrium“ und Epigynium“ der Kürze wegen bei den Artbeschreibungen
Eingang. Band VI der Acarofauna (1894) enthält die Beschreibung von 11 neuen, zum Teil im Verein
mit M a s s a l o n g o untersuchten Arten und eine erweiterte und richtig gestellte Übersicht der zurzeit
untersuchten Phytoptocecidien und deren Erzeuger. Die letzte Art, welche C a n e s t r i n i
beschrieb, ist Phytoptus Rubiae. Am 14. Febr. 1900 schloß C a n e s t r i n i sein an Arbeit und Erfolgen
reiches Leben; mit ihm verlor die Naturgeschichte der Acariden einen ihrer bedeutendsten Vertreter
und eifrigsten Forscher.
Daß bei dem raschen Fortgang, den das Studium der Arten nahm, und der noch unsicheren
Bewertung diagnostischer Kennzeichen Irrtümer nicht ausbleiben würden, war vorauszusehen.
Anfänglich gut begrenzt erscheinende Gattungen erwiesen sich im Laufe der Untersuchungen als
unhaltbar (Cecidophyes 1887 und Phytocoptes 1891); Gattungsnamen mußten eingezogen werden, da
sich herausstellte, daß sie bereits vergeben waren (Acanthonotus 1889, Trimerus 1892 und Monaidax
1892), und manche Arten, die, weil sie auf verschiedenen Wirtspflanzen leben, als selbständige Arten
genommen wurden, wie die Erzeuger der Pocken auf den Blättern verschiedener Pomaceen, mußten
vereinigt werden (Phytoptus arianus C a n. 1890, Ph. cotoneastri C a n. 1890, Ph. sorbi C a n. 1890,
Ph. aroniae Can. 1890, Ph. crataegi C a n. 1890, Ph. orientalis F o c k e u 1892 u. a.).
Im Jahre 1893 stellte sich bereits die Notwendigkeit heraus, eine übersichtliche Zusammenstellung
der bis dahin beschriebenen Eriophyiden zu geben, um den Fortgang der Arbeiten zu erleichtern
(Katalog der bisher beschriebenen Gallmilben etc. in: Zool. Jahrb., v. 7, 1893).
Auf Anregung der D e u t s c h e n Z o o l o g i s c h e n G e s e l l s c h a f t bearbeitete der
Verfasser die E r i o p h y i d e n für „Das Tierreich“ (4. Lief., Berlin 1898). Die Arbeit bringt die
Diagnosen aller bis 1898 beschriebenen Arten und die erforderlichen Literaturnachweise. Diese zusammenfassende
Bearbeitung der Gallmilben zeigt am deutlichsten, welchen großen Fortschritt die
Artenkenntnis in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum gemacht hat. Die Zahl der bis dahin
beschriebenen Arten und Unterarten betrug 243 und ist heute bereits auf 335 gestiegen. — Weitere
Beiträge zur Kenntnis der Eriophyiden hat der Verfasser im „Anzeiger“ und in den „Denkschriften
der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien“ veröffentlicht. Seine im Laufe einer mehr
als zwanzigjährigen Tätigkeit gesammelten Erfahrungen über das Einsammeln, Präparieren und
Konservieren der Gallmilben sind in einem Artikel der „Marcellia“ (1906) niedergelegt.
Das Studium der Gallmilben, das noch vor kaum mehr als einem Dezennium völlig brach
gelegen war, begann mehr und mehr an Interesse zu gewinnen, eine Reihe jüngerer Forscher stellte
sich in den Dienst desselben und bereicherte die Artenkenntnis ( Fo c k e u , T r o u e s s a r t ,
Mo l l i a r d , Ge r be r , T ub e u f , R e u t t e r , L i n d r o t h , R o s t r u p , T r o t t e r , Cort i ) .
Das Interesse blieb, wie vorauszusehen war, nicht auf die europäischen Gallen beschränkt, sondern
wandte sich in jüngster Zeit auch der außereuropäischen zu. Aber auch die Bedeutung, welche den
Gallmilben als Schädlingen der Nutzpflanzen zukommt, veranlaßte andere, namentlich englische
und amerikanische Forscher (Bank s , P a r r o 1 1) sich mit dem Studium der Lebensgeschichte
dieser Parasiten zu beschäftigen.
Von Interesse sind die Berichte N e w s t e a d s (1894), W i l s o n s (1898) und ganz besonders
von W a r b u r t o n und E m b l e t o n über die Lebensgeschichte von Eriophyes ribis (W e s t w.)
N a 1. Die beiden letztgenannten Untersucher beobachteten eine alljährlich stattfindende Periode
der Wanderung. Nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Milben (größt enteils geschlechtsreife
Weibchen) dringt in die jungen Knospen ein, um dort zu überwintern; der weitaus größte Teil verläßt
die Nährpflanze und geht zu gründe. Die Verbreitung der Parasiten geschieht durch aktive Besiedlung
(durch Kriechen und Springen) oder passiv durch Insekten (Aphiden), Spinnen, an deren Körper
sie sich anhängen. Ein den Körper überziehender, klebriger Stoff scheint bei der Berührung das Anhaften
an das Insekt zu bewirken.