II. Morphologisch gleichwertige Gallbildungen auf verwandten Substraten, wie z. B. die Blattpocken
von Pirus, Sorbus usw., die Blütenvergrünungen von Lepidium, Sisymbrium, Capsella usw.,
haben dieselbe Art, bezw. Varietäten einer Art zu Erzeugern.
III. Morphologisch verschiedene Cecidien, wie z. B. das Erineum, Phyllerium, Cephaloneon
solitarium, C. myriadeum und die Rindengallen von Acer campestre, auf derselben Pflanzenart werden
von artfremden Gallmilben oder Unterarten erzeugt.
IV. Morphologisch verschiedene Cecidien auf nicht verwandten Substraten haben, soweit
unsere gegenwärtige Erfahrung reicht, immer artfremde Erzeuger.
Den Gallmilben kommt zweifellos eine große Anpassungsbreite zu und die Möglichkeit, daß sie
unter Umständen sich eine Zeitlang auch auf Pflanzen zu erhalten vermögen, die mit ihren Wirtspflanzen
nicht verwandt sind, ja, auf diesen sogar Veränderungen hervorrufen, ist durch künstliche Übertragungen
außer Zweifel gestellt (P e y r i t s c h). Mit einiger Wahrscheinlichkeit läßt sich demnach
erwarten, daß vergleichende und experimentelle Untersuchungen verwandtschaftliche Beziehungen
auch zwischen Arten aufdecken werden, die in ökologischer Beziehung einander fernstehen. S o rau e r s
Meinung, daß dieselbe Gallmilbe je nach dem Entwicklungszustand des befallenen Pflanzenteils verschiedene
Gallen erzeuge, hat sich als nicht zutreffend erwiesen.
Die S y s t e m a t i k d e r E r i o p h y i d e n ist gegenwärtig noch nicht über ihre Anfänge
hinausgekommen; sie besitzt nur Einzelbeschreibungen, die überdies vielfach einer Revision bedürfen.
Ein brauchbarer Bestimmungsschlüssel für die Arten wird erst gegeben werden können, wenn vergleichende
Untersuchungen vorliegen und die Beschreiber., einer neuen Art die Mühe nicht scheuen
werden, jene Arten, welche der neuen Art am nächsten steh^n^namhaft zu machen, und auf die
unterscheidenden Merkmale hinzuweisen. Diese Untersuchungen sind mühevoll und scheitern nicht
selten an der Schwierigkeit der Materialbeschaffung; doch nur auf diesem Wege kann das System
im wahren Sinn ausgebaut und jeder Art der ihr zukommende Platz angewiesen werden.1)
D ie fü r d ie A r tb e sc h r e ib u n g brauchbaren Merkmale (Nalepa, 1889) beziehen
sich auf:
Körperform (wurmförmig, gestreckt, zylindrisch, walzenförmig, spindelförmig, drehrund,
dorsoventral abgeflacht etc.) und Größe (Länge und Breite);
Größe und Gestalt des Schildes; Schildzeichnung; Länge und Stellung der Rückenborsten;
Länge und Stellung des Rostrums;
Gestalt und Gliederung der Beine; gegenseitiges Verhältnis in der Länge des vierten und fünften
Gliedes der Beine des ersten Paares; Verhalten der Beinborsten;
Größe, Gestalt und Anzahl der Strahlen der Fiederklaue;
Länge und Spitze der Kralle;
Stellung der Hüftborsten, insbesondere des ersten und zweiten Paares;
Ringelnng und Punktierung des Abdomens; Anzahl der Ringe, bezw. Rückenhalbringe;
Stellung und Länge der Seiten- und Bauchborsten;
Größe und Gestalt des Schwanzlappens; Länge der Schwanzborsten; Nebenborsten;
Der Verfasser hat in letzter Zeit die vergleichende Untersuchung von Gallmilben, welche auf derselben Wirtspflanze
oder auf verwandten Arten derselben verschiedene Gallbildungen hervorrufen, aüfgenommen; er konnte nachweisen, daß die Erio-
phyes-Arten von Acer campestre, dann jene von Pinus silveslris, P. Cembra, Larix europaea, Äbies alba (pectinala) und Juniperus
communis zueinander in genetischer Beziehung stehen und Formenkreise bilden. Ein ähnliches Verhalten zeigen die Gallmilben
der Korb- und Schmetterlingsblütler usw.
Größe und Gestalt des Epigyniums und Epiandriums; Streifung der Deckplatte; Länge und
Stellung der Genitalborsten; Eier.
Unter L ä n g e des K ö r p e r s ist der Abstand zwischen dem Vorderrand des Schildes
und dem Außenrand des Schwanzlappens, unter L ä n g e des S c h i l d e s die Entfernung vom
Vorderrand und Hinterrand zu verstehen; die Messung der Körperlänge erfolgt an vollkommen ausgestreckten
Tieren an der Rückenseite. Als B r e i t e des K ö r p e r s gilt die durch Messen der
Körperbreite am Hinterrand des Schildes gefundene Maßzalil.
Die Bezeichnungen der L än g e der B o r s t e n „auffallend lang, sehr lang, mittellang“ etc.,
wie sie anfangs in den Artbeschreibungen üblich waren, haben sich als unzureichend erwiesen. Da
wegen der Zartheit der Borstenenden, mehr aber noch wegen der Schwierigkeit, die zu messenden
Borsten ausgestreckt in eine Ebene zu bringen (man denke nur an die Schwanzborsten), sichere Maßbestimmungen
nicht zu erwarten sind, genügt es in den meisten Fällen, um ein anschauliches Bild
von der Beborstung zu geben, die einzelnen Borstenarten bezüglich ihrer Länge untereinander
und mit festen Körperteilen (Schild, Kralle etc.) zu vergleichen, wenn nicht besondere Gründe die
Angabe der Maßzahl wünschenswert erscheinen lassen.
Alle durch Messen gefundenen Zahlen haben indessen einen beschränkten taxionomischen Wert.
Ganz besonders gilt dies bezüglich des Körpermaßes, da das Abdomen der Geschlechtstiere, besonders
der weiblichen Tiere infolge der kolossalen Entwicklung der Gonaden eine außerordentliche, je nach
dem Grade der Gravidität verschiedene Streckung erfährt.
Ungenau gestaltet sich häufig auch die Messung des Rostrums; es wird sich daher empfehlen,
wo immer möglich, die Länge der Cheliceren anzugeben.
Die Z ä h l u n g der R ü c k e n h a l b r i n g e geschieht am zweckmäßigsten in der Seitenlage.
Da zuweilen Rückenhalbringe untereinander verschmelzen, sind die erhaltenen Werte für die einzelnen
Individuen nicht immer dieselben, doch liegen sie zwischen engen Grenzen. Es ist nur notwendig,
die Zählung der Ringe an einer größeren Anzahl von ? Individuen vorzunehmen, um den
oberen und unteren Grenzwert mit einiger Genauigkeit festzustellen; man erleichtert sich dabei
die oft das Auge sehr anstrengende Arbeit durch Zuhilfenahme eines Okularmikrometers.
Abkürzungen der Kunstausdrücke.
Gl. Glied der Beine.
S. a. = seta accessoria (Nebenborste).
S. c. #= seta caudalis (Schwanzborste).
S. cox. = seta coxalis (Hüftborste; statt s. th. = seta thoracalis, Brustborste).
S. d. = seta dorsalis (Schildborste).
S. f. == seta frontalis (Vorderrandborste).
S. g. = seta genitalis (Genitalborste).
S. 1. £3= seta lateralis (Seitenborste).
S. v. = seta ventralis (Bauchborste).
1. = lang (Entfernung des Vorderrandes des Schildes vom Hinterrand des Schwanzlappens),
br. == breit (Breite des Körpers am Hinterrand des Schildes).
Anme rkung. Im folgenden Abschnitt werden alle Arten beschrieben* di e .bi she r in De u t s c h l a n d t a t s
ä c h l i c h beob ach t et w o r den s i n d; aber auch Arten, deren Zugehörigkeit zur deutschen Fauna mit großer Wahrscheinlichkeit
wegen des Vorkommens ihrer Gallen angenommen werden kann, fanden Aufnahme. Dagegen wurden nomina nuda
Zoologica. Heft 61. -_v 27