Phytoptocecidien an verschiedenen Teilen derselben Pflanze, „weil ein solches Vorkommen Anhaltspunkte
für die Beurteilung der Gleichartigkeit oder Verschiedenartigkeit derjenigen Gallmilben
bieten könnte, welche diese gleichzeitig vorkommenden Cecidien erzeugen“.
H. G a r m a n (1883) veröffentlichte in dem „12th Report of the State Entomologist on the
nòxious and beneficiai Insects òf the State of Illinois for the year 1882“ eine Arbeit über Phytopten
und andere schädliche Pflanzenmilben. Diese Arbeit, von welcher der Verfasser erst nach der Veröffentlichung
seiner Untersuchungen über die Anatomie und Systematik der Phytopten Kenntnis
erhielt, enthält eine kurze Beschreibung der äußeren Strukturverhältnisse der Phytopten. Nach
. G a rma n unterscheiden sich die einzelnen Arten so wenig voneinander, daß selbst eine eingehende
Beschreibung der einen für alle übrigen Arten der Gattung Geltung hätte. Er hält zudem die Möglichkeit
für nicht ausgeschlossen, daß eine Phytoptenart eine große Zahl von Nährpflanzen besitzt, auf
diesen, je nach der Art derselben, verschiedene Gallen erzeugt, ja sogar zu variieren vermag. Als
brauchbare Artmerkmale werden angeführt Größe und Anzahl der Körperringe, Zahl der Strahlen der
Fiederborste und in gewissem Grade Körperform und Farbe. Nach G a rm a n waren damals in den
Vereinigten Staaten nur 3 Phytoptenspezies bekannt, nämlich Ph. (Vasates) quadripes S c h i m e r ,
Ph. pyri S c h e u t e n und Ph. oleivorus A s hm e a d ; er selbst beschrieb 8 neue Arten.
K a r p è ì l e s (1884) hat die Gallmilben aus den Blattrandrollungen von Galium und den
„Klunkern“ der Esche untersucht und glaubt, die entwickelten Männchen derselben gefunden zu haben.
Wie jedoch aus seiner Darstellung und den begleitenden Abbildtingen zu ersehen ist, hat er die äußeren
Geschlechtsorgane des Weibchens überhaupt nicht gesehen und die männlichen nicht erkannt. Letztere
sollen aus einer halbelliptischen Chitinplatte mit zwei hufeisenförmigen Wülsten, die bei der
Begattung als Häftapparate dienen, und zwei einstülpbaren, schlauchförmigen Penis bestehen. Auch
die übrigen Angaben über die Mundteile, Beingliederung u. a. sind ebenso unrichtig wie die Abbildung
derselben. Genaue Messung geschlechtsreifer Individuen „mit den die Borsten betreffenden Beobachtungen“
sollen brauchbare Kriterien für die Unterscheidung der Arten abgeben. Phytoptus
Golii und fraxini (non G a rm a n 1883!) werden als neue Arten beschrieben.
T a r g e o n i - T o z z e t t i (1885) bildet eine in den verbildeten Knospen von Corylus lebende
Gailmilbe äb und nennt sie Phytoptus coryligallarum n. sp. ? In der Tafelerklärung gibt er Länge und
Breite derselben an und vergleicht sie mit der Länge und Breite von Phytoptus vitis La n d , und
Ph. salicis D uj. Einige Jahre später (1888) nennt er denselben Phytoptus Ph. pseudogallarum V a lio t.
S o r a u e r (Handbuch der Pflanzenkrankheiten, 1886) hält es für wahrscheinlich, „daß wir
trotz der zahlreichen Wirtspflanzen und außerordentlich verschiedenen Gallgebilde es doch nur mit
sehr wenigen Arten zu tun haben“. Die Tatsache, daß auf einer Nährpflanze gleichzeitig verschiedene
Gallbildungen beobachtet w„erden, zwinge noch nicht zur Annahme, daß verschiedene Milbenspezies
diè Erzeuger derselben seien; sie dürfte sich einfach dadurch erklären lassen, daß die Milben verschiedene
Organe oder ein Organ der Pflanze an verschiedenen Stellen und zu verschiedenen Zeiten
angreifen. - S o r a u e r ist der Ansicht, daß nur durch Impfversuche die Frage nach der Artverschiedenheit
der Milben entschieden werden könne (vgl. H i e r o n y m u s, 1890).
P e y r i t s c h (1889) stellte experimentelle Untersuchungen über die Ätiologie pflanzlicher
Bildungsabweichungen an. Es gelang ihm, durch Übertragung einer Gallmilbe aus den Knospen von
Valeriana tripteris auf anderen Valerianeen abnorme Blattformen, verschiedene Formen von gefüllten
und sprossenden Blüten und andere Bildungsabweichungen zu erzeugen. Nicht alle Valeriana-Arten
zeigten sich gegen Infektionen gleich empfindlich; die Arten mit dünnen Blättern ließen sich leichter
infizieren als die mit derberen Blättern. P e y r i t s c h ist der Meinung, daß in den Fällen, wo die
Infektion unzureichende Resultate ergab, der Zeitpunkt für die Vornahme derselben nicht passend
gewählt war. Wenig empfänglich für Infektionen mit der genannten Gallmilbe zeigten sich die Cruci-
feren (Biscutella, Capselia, Lepidium, Sisynibrium u. a.). Die Erscheinungen, welche die infizierten
Pflanzen oft erst nach Wochen zeigten, waren: das Auftreten von Stützblättern an verschiedenen
Stellen der Infloreszenzen, Petalodie einzelner Staubgefäße und sprossende Blüten. Wurde die Infektion
an dem nämlichen Sproß nur einmal gemacht, so erschienen höchstens 1—3 aufeinanderfolgende
Blüten mit Anomalien oder Laubblättern in der Infloreszenz, die übrigen waren normal.
Je nach den bei den Versuchen verwendeten Arten wurden die Folgen der Infektion früher oder später
bemerkbar; die ersten abnormen Blätter waren manchmal schon nach 12—14 Tagen sichtbar; gefüllte
Blüten konnten jedoch erst mehrere Wochen nach der Infektion sicher als solche erkannt werden. Die
meisten Infektionen wurden im Frühling (März, April, zum Teil im Mai) vorgenommen; die im Sommer
und Herbst angestellten Versuche hatten keinen Erfolg. P e y r i t s c h hat auch die in den verbildeten
Knospen von Corylus lebenden Gallmilben zu Infektionsversuchen verwendet.
P e y r i t s c h s Infektionsversuche sind nicht allein für die ätiologische Erklärung gewisser
Mißbildungen, sondern auch für die Biologie der Gallmilben von größtem Interesse; bis heute sind
sie von keiner Seite wiederholt worden, wiewohl auf diesem Wege manches Rätsel in der Lebensgeschichte
unserer Parasiten der Lösung entgegengeführt werden könnte. Leider hat P e y r i t s c h
über seine mühevollen Arbeiten nur eine kurze Mitteilung veröffentlicht; der Tod des verdienstvollen
Forschers hat die in Aussicht gestellte ausführliche Darstellung der Versuchsergebnisse für
immer unmöglich gemacht.
Im Sommer 1883 begann der V e rfa sser , nachdem er kurz vorher eine Arbeit über die Anatomie
der Tyroglyphen abgeschlossen hatte, die Anatomie der Phytopten zu studieren. Die Beschaffung
ausreichender Mengen von Untersuchungsmaterial begegnete anfänglich großen Schwierigkeiten, an
welchen die bereits begonnenen und vielversprechenden Arbeiten zu scheitern drohten. Das durch
öffnen einzelner Gallen von Tilia, Viburnum etc. mit Messer und Nadel gewonnene Material reichte
nicht hin, Versuche zur Ermittlung einer geeigneten Untersuchungsmethode anzustellen. Auch der
Versuch, die Gallen samt ihren Erzeugern in toto zu härten, zu färben und zu schneiden, lieferte
keine befriedigenden Resultate.
Im Sommer 1884 fand der Verfasser auf seinen Sammeltouren in der Umgebung von Kirch-
berg a. W. in Niederösterreich die Zweiggallen von Pinus silvestris. Diese oft bohnengroßen, parenchymatösen
Rindengallen sind von kavernenartigen Hohlräumen durchsetzt, welche zahlreiche Milben
beherbergen; um zu ihnen zu gelangen, blieb kein anderer Ausweg, als die Gallen mit dem Messer in
dünne Scheiben zu zerlegen. Anfänglich wurden diese sofort in heiße Pikrinsalzsäure gelegt und die
Milben durch kräftiges Schütteln und Waschen gewonnen. Bald überzeugte sich aber der Verfasser,
daß sie bequemer und in weit größerer Menge gewonnen werden können, wenn die zerschnittenen
Gallen durch einige Zeit liegen bleiben und die Milben gezwungen werden, die austrocknenden Gallen
zu verlassen. Dieses Verfahren, welches der Verfasser im Laufe der Jahre weiter ausgestaltete und
verbesserte (vgl. N a 1 e p a in: Marcellia, 1906) setzte ihn in die Lage, auch aus anderen, schwer zugänglichen
Cecidien (Erineen, Blattpocken u. a.) reiches Untersuchungsmaterial zu gewinnen und
Gallmilben aus den verschiedensten Gallen einer vergleichenden Untersuchung zu unterziehen. Die
Ergebnisse dieser Untersuchungen sind in den Arbeiten „Die Anatomie der Phytopten“ (1887) und
„Beiträge zur Systematik der Phytopten“ (1889) niedergelegt. Dem Verfasser gelang es, nicht allein
Zoologica. Heft 61. 2 3