Den Angriffen der Gallmilben -unterliegen mit Ausnahme der Wurzel alle Pflanzenorgane, am
häufigsten die Blätter und Blüten; er erfolgt zu einer Zeit, wo die Organe noch unentwickelt in den
Knospen eingeschlossen sind. Die ersten Gallenanlagen sind daher schon im Frühjahr zur Zeit des
Knospenaustriebes auf dem jungen Laub zu findenfÄ: sind von jenen Milben hervorgerufen worden,
die in den Knospen überwintert haben. In den jungen Gallenanlagen werden gewöhnlich einzelne,
bisweilen mehrere (2—4), manchmal aber gar keine Milben angetroffen. Letztere Gallenanlagen
scheinen sich nicht weiter zu entwickeln, wenn sie nicht noch rechtzeitig besiedelt werden.
Fast immer ist die Mehrzahl der Blätter eines Sprosses befallen; an den untersten Blättern
ist die Zahl der Gallen am größten, gegen das Sproßende wird sie immer kleiner. Daraus geht hervor,_
daß der. Sproß als ein eiitheitliches Invasionsgebict (T h o m u s , . 1873) auizufassen ist.
Mit fortschreitender Entwicklung der Pflanzenorgane nimmt deren Reaktionsfähigkeit ab und
an Organen, die ihr Wachstum abgeschlossen haben, entstehen Gallenhypertrophien nicht mehr.
Daß im Herbst Milbengallen häufiger sind, findet seine Erklärung in der starken Vermehrung der
Milben während des Sommers. Zahlreiche Milben .wändem aus den alten Gallei und dringen m
Knospen ein, die noch im Lauf des Sommers zur Entwicklung gelangen und deren Triebe daher reich
an Gallen sind. Dadurch erfährt die Zahl der Gallen auf einer Wirtspflanze (nicht auf demselben
Blatt etc.) gegen den Herbst zu eine bedeutende Vermehrung.
Die zuweilen beobachtete Unbeständigkeit des Auftretens einer Gallbiidung auf derselben
Wirtspflanze in zwei aufeinanderfolgenden Jahren scheint darauf hinzuweisen, daß Gallmilben unter
Umständen auch aupder gewohnten Wirtspflanze keine Gallbildungen hervorrufen'. • Die Ursachen
mögen verschiedene sein: Spätfröste, welche im Frühjahr das junge Laub mit den Gallenanlägen vernichten
und dadurch das Erscheinen der Gallen im Frühjahr verhindern, dann bisweilen vielleicht
auch der Umstand, daß die den Angriffen des Parasiten ausgesetzten Pflanzenteile, z. B. die Blüten
der Esche, nicht in jedem Jahr zur Entwicklung gelangen.
Die D a u e r der Mi l b e n g a l l e n ist in den meisten Fällen auf eine Vegetationsperiode
beschränkt; nur den Rinden- und einigen Kmospengallen ist eine längere Lebensdauer beschieden.
Viele Gallen vertrocknen frühzeitig — an unseren Holzgewächsen in manchen Jahren schon Ende Mai
— und Nahrungsmangel zwingt dann die Bewohner, ihre. Geburtsstätte zu verlassen.
Unter den Gallmilben sind hauptsächlich die Eriophyes-Arten Gallenerzeuger; sehr viele Arten
aus der Unterfamilie der Phylloeoptinen leben dagegen frei auf Blättern und veranlassen keine Gallenhypertrophien.
Als seltene Ausnahmen gesellen sich zu ihnen auch zwei freilebende Eriophyes-Arten
(E. conqranidatus Nal . und E. tenuirostris N a 1.). Sie veranlassen Mißfärbung (Bräunung,- Bleichen,
Fleckbildung usw.) der befallenen Blätter. Bisweilen treten Hemmungserscheinungen im Wachstum
hinzu, die sich entweder auf die ganze Blattspreite erstrecken oder auf einzelne Teile derselben beschränkt
bleiben; im ersteren Fall bleiben die Blätter klein, im zweiten kommt es zu mannigfachen
Bildungsabweichungen (Faltung, Verkrümmung, Drehung, Ausbuchtung, Konstriktionen usw.).
Geschieht der Angriff auf junge, noch in Entwicklung begriffene Pflanzenteile, dann muß ^es
schließlich zur Bildung von organoiden Gallen (Triebspitzendeformation, Vergrünung usw.) kommen.
In der Tat sind einzelne Phylloeoptes-Arten auf diesem Wege wieder zur Gallbildung zurückgekehrt
und Gallenbewohner geworden, ohne daß sich in der Ringelung des Abdomens Veränderungen zeigten,
die auf eine Rückkehr zur ursprünglichen Eriophyes-Form hindeuten würden. Phyllocoptes setiger Nal.
ist der einzige bisher bekannte Vertreter seiner Gattung, der eine histioide (cephaloneonartige) Blatt-
galle erzeugt.
Gallmilben, welche in den sog. D o m a t i e n (Lu n d s t r öm) angetroffen werden, sind
versprengte Tiere, die dort Schutz suchen, aber eine Gallbildung nicht veranlassen, weil das Pflanzengewebe
an sich oder infolge seines vorgeschrittenen Wachstums nicht reizempfänglich ist. Eine
verbreitete Erscheinung ist ferner das Vorkommen von Gallmilben' als I n q u i l i n e n in den Gallen
andrer Arten, ohne die ihnen eigentümlichen Gallen zu erzeugen.
Während des Lebens der Wirtspflanze ist für die individuelle Existenz ihrer Schmarotzer nach
jeder Richtung gesorgt. In den von ihnen erzeugten Gallen sind sie den Gefahren, welche der freie
Nahrungserwerb mit sich bringt, entrückt: ihre Gallen bieten ihnen und ihrer Brut nicht allein ausgiebigen
S c h u t z gegen äußere Feinde und schädliche Witterungseinflüsse, sondern auch reichliche
N a h r u n g . Eiweißstoffe, fette öle, Stärke sind neben rotem Farbs.toff (Anthocyan) häufig in den
Gallengeweben in großer Menge abgelagert. Dafür leisten die Gallmilben ihren Wirten nicht nur
keine Gegendienste, sondern beeinträchtigen bisweilen sehr erheblich ihr Wachstum, wenn sie sich
auch niemals in solchem Maß vermehren, daß sie den Untergang derselben vorzeitig herbeiführen;
sie sind e c h t e P a r a s i t e n .
Der Schutz, den die Gallen ihren Erzeugern gewähren, ist indessen kein vollkommener, wie gewisse
Cecidomyidenlarven zeigen, welche in Milbengallen wohnen und die Erzeuger derselben verzehren.
Auch ihre Wohnung müssen die Gallmilben mit anderen Artgenossen (insbesondere Phyllo-
coptes-Arten) und artfremden Eindringlingen (Tarsonemus, Tyrogly'phus, Macrobiotus u. a.) teilen.
Hier mag auch das gelegentliche Vorkommen von Rotatorien in alten Gallen, welche Tau- und Regenwasser
zurückhalten, erwähnt werden.
Der Untergang der Gallen, öfter aber auch die infolge günstiger Ernährungsverhältnisse frühzeitig
eintretende Übervölkerung derselben zwingen die Gallenerzeuger, ihre Geburtsstätte zu verlassen.
Diese W a n d e r u n g e n beginnen in manchen Jahren schon im Mai.
Beim Vertrocknen der Gallen werden die engen Eingänge klaffend und verlieren ihren Haar-
besatz, in den Wänden entstehen Risse und Spalten, welche den Bewohnern den Austritt ermöglichen.
Sehr viele würden trotzdem aus den labyrinthartig verschlungenen Gallenräumen den Ausweg nicht
finden und zugrunde gehen, wenn sie nicht der ihnen eigene p o s i t i v e H e l i o t r o p i s m u s
auf dem kürzesten Wege nach außen führte. Außerhalb der Gallen nimmt die Intensität desselben
(wahrscheinlich unter dem Einfluß des Lichtes) rasch ab.
Die auf den Blättern der Laubhölzer gallenerzeugenden Eriophyinen folgen auf ihren Wanderungen
vornehmlich den Blattnerven und gelangen diesen entlang nach abwärts auf die Blattstiele
und schließlich zu den Knospen in den Blattachseln. Befinden sich diese in einem aufnahmsfähigen
Zustand, dann dringen sie in diese ein. Das Eindringen in die Knospen, Ritzen und Spalten der
Rinde usw. hat zweifellos eine Änderung in der heliotropischen Empfindlichkeit zur Voraussetzung;
möglicherweise kommen dabei aber noch andere Umstände in Betracht (Stereotropismus, bestimmte
von der Knospe ausgehende Reize).
Die Knospen sind die natürlichen Wint erquart i ere der Gallmilben. Zwar werden im Winter
auch in dem Winkel zwischen Stengel und Seitenknospe, in den Rindenspalten, unter Flechten und an
ähnlichen Örtlichkeiten Milben angetroffen, es sind dies Tiere, welche den Zugang zu den Knospen
nicht gefunden haben und auf ihrer Wanderung vom Frost überrascht worden sind; viele derselben
mögen beim Eintritt des Frühlings aus ihren Verstecken hervorkommen und in die Gallenanlagen
ihrer Genossen eindringen.
Ausdauernde Gewächse, ganz besonders Bäume und Sträucher, bieten den Gallmilben günstige