Fossile Mi l b e n gallen sind in größerer Anzahl bekannt — falls die als solche angesprochenen
Gebilde wirklich Gallen sind. Es handelt sich stets um Erineumbildungen, die
M e s c h i n e l l i als fossile Pilze, als Arten der Gattung Phyllerites, beschrieben hat. T r o 1 1 e r
hat vorgeschlagen, die unbekannten Erzeuger dieser Gallen in der Gattung Eriophyidites zu vereinigen.
Fossile Erineumbildungen hat man auf Acer, Ainus, Carpinus, Cassia, Credneria, Juglans,
Laurus, Myrica, Platanus, Populus, Salix, Vitis und ändern Gattungen zu finden gemeint.
Wenn auch noch künftighin manch glücklicher Fund unsere Kenntnisse von den Gallen
früherer Erdepochen hie und da bereichern wird, — die descendenztheoretischen Fragen, welche die
Gallen uns stellen, werden die Petrefakten nicht lösen helfen.
XI. Gallentiere als Schädiger der Nutzpflanzen.
Nachdem wir oben erläutert haben, daß die Gallenbildungen einen oft recht erheblichen Stoffverlust
für die Wirtspflanzen bedeuten, ergibt sich von selbst, daß Gallen auf den vom Menschen
irgendwie verwerteten Nutzpflanzen auch praktischen Schaden bringen, indem sie die letzteren
schädigen.
Es ist Aufgabe der angewandten Pflanzenpathologie und der Lehre vom Pflanzenschutz, den
Schaden, den gallenerzeugende Pilze und tierische Parasiten bringen, eingehender zu würdigen und
die Mittel zu diskutieren, welche diesen Schaden einschränken können. An dieser Stelle mag es
genügen, mit der Anführung einiger Beispiele das Wichtigste in Erinnerung zu bringen.
Die L a u b b ä u m e unserer Wälder und Alleen sind an erster Stelle zu nennen; schon
früher war davon die Rede, daß die Bäume unserer Laubwälder den bevorzugten Tummelplatz
äußerst produktiver Gallentiere abgeben. Der Schaden, der von den Gallenerzeugern angestiftet wird,
läßt sich zwar nicht in Mark und Pfennig berechnen; daß aber tatsächlich ein sehr bedeutender Schaden
von ihnen ausgehen kann, wird angesichts der Stoffmassen, welche viele unserer Laubbaumsorten
alljährlich auf die Bildung von Gallen zu verschwenden genötigt werden, sich nicht bezweifeln lassen.
Von dem Gallenreichtum der Eichen war schon wiederholt die Rede. Eine ähnliche Rolle, wie die
Cynipiden für Quercus, spielen die Pemphigus- und verschiedenen Diplosisarten für viele Pappeln.
Die Linden werden von sehr verschiedenen Gallentieren heimgesucht, ihre Blätter werden von Gallmilben
zu Erineum- und zu Beutelgallenbildung gebracht, Diplosisarten verursachen Blattrandrollungen,
Oligotrophus Reaumuri merkwürdige linsenförmige Gallen auf den Blättern, Conta-
rinia tiliarum Zweigschwellungen verschiedener Art usw. Alle diese Gallen treten sehr häufig
außerordentlich zahlreich auf den infizierten Bäumen auf. Wie übersät von Gallen erscheinen oft
die Ulmen, auf welchen verschiedene Aphiden tätig sind: Schizoneura Ulnii ruft breite Blattrollungen
hervor, Tetraneura Ulmi kleine Beutelgallen, Schizoneura lanuginosa große blasenähnliche Gallen;
außerdem sind auf den Ulmen noch zahlreiche andere Gallentiere zu Hause. Mindestens denselben
Gallenreichtum zeigen die Weiden, von welchen nicht ein einziger Teil verschont bleibt: Milben,
Aphiden, Dipteren, Hymenopteren und andere Gallenerzeuger betreiben gemeinschaftlich die
Schädigung der Weiden. Von den Ahornarten erscheint Acer campestre oft reichlich von Gallen
heimgesucht; doch tritt bei den ändern Ahornspezies die Wichtigkeit der Gallen stark zurück
gegenüber dem, was für andere Laubbaumarten gilt. Auch Betula und Carpinus sind relativ
gallenarm.
Unsere O b s t b ä u m e haben zwar unter den Pilzen zahlreichere Feinde als unter den
Cecidozoen; aber gerade unter diesen finden sieh einige, welche dem Praktiker viel zu schaffen machen.
Vor allem wären die durch die Blutlaus hervorgerufenen Holzgallen des Apfelbaums zu erwähnen,
ferner der Apfelblütenstecher (Anthonomus pomorum), der am Apfelbaum Blütengallen hervorruft,
die an Birnbaumblättern nur zu häufigen Milbenpocken, die Eriophyes piri hervorruft, und die
Blattdeformationen der Aphis persicae an Pfirsich.
Der schlimmste Schädling unter allen Cecidozoen ist die am R e b s t o c k lebende. Phylloxera
vastatrix. Während den meisten schädlichen Gallentieren gegenüber keine ändern Maßnahmen
ergriffen werden, als Sammeln und Vernichtung der infizierten Pflanzenteile und wohl in den meisten
Fällen von einer Bekämpfung überhaupt Abstand genommen wird, bildet die Bekämpfung der Reblaus
eines der wichtigsten Probleme der Vitikultur, der in Deutschland seit 1875 sogar ein Reichsgesetz
im Kampf gegen den Schädling zu Hilfe kommt. Auf den europäischen Vitisarten erzeugt Phylloxera
vastatrix vorwiegend Wurzelgallen, während bei vielen amerikanischen Arten die Wurzeln gallenfrei
bleiben und die oberirdischen Teile, Blätter, Achsen, auch die Ranken, Gallen tragen. — Am Rebstock
kommen auch noch andere Gallenerzeuger vor: Heterodera. radicicola an den Wurzeln, Eriophyes
Vitis und Dichelomyia oenophila an den Blättern.
Von den Gallen des B e e r e n o b s t e s mögen die anf Hinibeer- und Brombeersträuchern
häufigen, durch Lasioptera Rubi und Diastrophus Rubi erzeugten Stengelschwellungen erwähnt
werden. Myzus Ribis und M. Grossulariae, zwei Aphiden, verunstalten die Blätter der Johannisund
Stachelbeersträucher und greifen auch die Blüten an. Eriophyes ribis ruft Triebspitzengallen
am Johannisbeerstrauch hervor.
Auf W a l n u ß b ä u m e n sind Gallbildungen nicht sehr auffällig; ziemlich häufig ist ein
Erineum auf seinen Blättern. Nicht unwichtig sind die Knospengallen, die Eriophyes avellanae
auf der H a s e i n u ß (Corylus avellana) hervorruft.
Unsere Z i e r s t r ä u c h e r und G a r t e n b l u m e n haben unter den Cecidozoen verschiedene
Feinde. Die Weißdornhecken (Crataegus oxyacantha und C. monogyna) werden durch die
Blattrosetten, zu welchen Dichelomyia Crataegi die Triebspitzen umwandelt, leider oft sehr entstellt.
Die Hexenbesen des Flieders (Syringa vulgaris), die eine Milbe (Eriophyes Loewii) hervorruft, können
durch Vernichtung ganzer Anlagen großen Schaden bringen. Den Buchsbaum schädigt Psylla Buxi,
den Lorbeer Trioza alacris oft sehr. Von den auf wilden Rosen häufigen Rhoditesarten bleiben die
Gartenrosen verschont; dagegen werden sie von einer Tenthredmide, der blattfaltenden Blennocampa
pusilla oft verunziert.
Verschiedenen Gartenblumen können Älchen als Erzeuger von Wurzelgallen gefährlich werden.
Von den G e m ü s e p f l a n z e n sind besonders die Kohlarten den Angriffen von Gallentieren
ausgesetzt: Ceutorrhynchus sulcicollis und C. Rübsaameni, zwei Rüsselkäfer, rufen Wurzelanschwellungen
und Blattverdickungen hervor. Älchen greifen die Wurzeln des Salates und der
Zwiebeln an. Die selteneren Gallen der Gemüsepflanzen dürfen wir übergehen.
An den als F u t t e r p f l a n z e n gezogenen Leguminosen sind zunächst verschiedene
Älchen anzutreffen: Heterodera radicicola ruft an Trifolium Wurzelgallen hervor, Tylenchys
devastatrix an Trifolium und T. Havensteinii an Medicago sativa Verkümmerung der ganzen
Pflanzen und Deformationen der Achsen und Blätter. Die Blütengallen der Contarinia ono-
brychidis an Onobrvchis, sativa, die Fruchtgallen der Asphondylia Mild an Medicago sativa u. a.
haben nur geringe praktische Bedeutung.
Zoologie«. H e ft 61. 21-