Inhalt:
Einleitung.
I. Definition des Begriffs der Galle.
II. Einteilung der Gallen.
III. Die gallenerzeugenden Parasiten.
IV. Die gallentragenden Pflanzen.
V. Die Stellung der Gallen an den Pflanzen.
VI. Morphologie der Gallen.
VII. Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Gallen.
VIII. Biologie der Gallen; Anpassungen.
IX. Aetiologie der Gallen.
X. Palaeontologie der Gallen.
XI. Schaden und Nutzen der Gallen.
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Die „tausendfältige Mischung“ der Naturgestalten, die mit uns die Erde bevölkern, hat von
jeher die Philosophen|beschäftigt, die Dichter begeistert und in den Forschern den Drang nach
Naturerkenntnis stark werden lassen.
Die Fülle der Erscheinungen gebot zunächst eine Unterscheidung und Benennung der verschiedenen
„Arten“, zu welchen sich Individuen gleicher oder sehr ähnlicher Beschaffenheit vereinigen
ließen: das System, zu dem die verschiedenen Arten geordnet werden konnten, gab die
Grundlage zur Verständigung über die mannigfaltigen Formen und ihre Zusammengehörigkeit.
Zur makroskopischen Beobachtungsweise kamen die mikroskopischen Methoden, zur Kenntnis
der äußeren Merkmale eines Organismus das Bedürfnis, auch die inneren kennen und auf dem
Wege der mikroskopischen Untersuchung die verschiedenen Arten und Artengruppen unterscheiden
zu lernen.
Ein neues Reich von Mannigfaltigkeiten tut sich auf, wenn wir — ganz abgesehen von dem
Unterschied der einzelnen Arten untereinander die einzelnen Teile eines Organismus, etwa einer
Pflanze, miteinander vergleichen. Die Betrachtungen, die G o e t h e über die Phasen eines sich
entwickelnden Keimlings, einer heranwachsenden und blühenden Pflanze angestellt hat, sind wohl-
bekannt. Wie weit die Mannigfaltigkeiten, die sich in der Entwicklung eines komplizierten Lebewesens
verbergen, den Forscher in ein neues, erst unvollkommen durchstreiftes Land führen,
lehren die Ergebnisse der modernen Ontologie.
Ins Ungeheure schwillt schließlich vor unseren Augen die Mischung und Mannigfaltigkeit der
Gestalten, wenn wir uns daran erinnern, wie wenig sich oft die ein und derselben Spezies zugehörigen
Exemplare ähneln, wie unterschiedlich ihre endgültige Gestalt und die einzelnen Schritte ihres Werdeganges
ausfallen je nach den Entwicklungsbedingungen, die auf die Organismen einwirken. Diese
dritte Reihe, in der sich uns die Formenmannigfaltigkeiten der Lebewesen zeigen, ist zuletzt als
Gegenstand naturwissenschaftlicher Forschung erkannt und erobert worden: der Pathologe beschreibt
die Phänomene der atypischen Gestaltung, der Entwicklungsmechaniker stellt sich ihre ursächliche
Erklärung zur Aufgabe. Hier liegen auch die Wurzeln der Cecidiologie oder der Gallenkunde, welche
die wissenschaftliche Erforschung der an Pflanzen der verschiedensten Art unter dem Einfluß tierischer
oder pflanzlicher Parasiten sich bildenden „Gallen“ anstrebt.
Zoologica. Heft 61. 14