4. Nervensystem und Sinnesorgane.
Der Mangel jeglicher Gliederung des Körperstammes spiegelt sich in der Konzentration des
gesamten Zentralnervensystems zu einer walzenförmigen, ventralwärts abgeflachten und vom Ösophagus
durchzogenen Ganglienmasse, welche den größten Teil des Cephalothorax ausfüllt und nach
hinten in das Abdomen reicht; die Hauptmasse desselben liegt über der Speiseröhre, während der
subösophagale Abschnitt infolge der Rückbildung des locomotorischen Apparates eine bedeutende
Reduktion erfahren hat.
Durch eine quere Einsattlung zerfällt die über dem Ösophagus gelegene Ganglienmasse (Gehirnganglion)
in einen hinteren, stark vorgewölbten und in einen vorderen Abschnitt, welcher in zwei
Kolben ausläuft, aus welchen das erste Nervenpaar seinen Ursprung nimmt. Zu beiden Seiten desselben
entspringen die Nerven des zweiten Paares, in der Nähe des Ösophagus die des dritten und unter
denselben aus der Ventralseite des Ganglions die des dritten Paares. Der Verlauf der Nerven ist schwer
zu verfolgen, deshalb lassen sich über die Bestimmung derselben nur Mutmaßungen äußern: Die Nerven
des ersten Paares scheinen die Cheliceren, die des zweiten die Maxillen und Maxillarpalpen, die des
dritten und vierten Paares endlich die Extremitäten zu versorgen.
Aus der Ventralseite, beiläufig in der Mitte des Ganglions, geht ein feiner Nerv ab, der wahrscheinlich
zu den äußeren Geschlechtswerkzeugen tritt. Unter dem Magendarm treten aus dem hinteren
Abschnitt der subösophagalen Ganglienmasse zwei Nerven hervor, welche im Abdomen
verlaufen.
Die Hauptmasse des Ganglions besteht aus der blassen Marksubstanz, deren faseriges Gefüge
besonders an der Ursprungsstelle der Nerven deutlich hervortritt. Die periphere Ganglienschichte
weist eine ziemlich gleichmäßige Dicke auf und sendet an einigen Stellen Fortsätze in die Punktsubstanz.
Auch der vom Ösophagus durchzogene Kanal ist mit Ganglienzellen ausgekleidet.
Die Ganglienzellen sind sehr klein und weichen in ihrer Größe nur wenig voneinander ab. Die
austretenden Nerven haben beiläufig eine Breite von 2,5 y. und lassen stets eine feine Streifung erkennen.
In weit höherem Grade als die Bewegungswerkzeuge der Gallmilben wurden durch das Schmarotzertum
die Sinneswerkzeuge beeinflußt. Die Tiere, welche in den Gallen reichlich Nahrung finden
und der Gefahren des freien Nahrungserwerbes überhoben sind, bedürfen der Sinnesorgane
nicht: auch die Maxillartaster (vgl. S. 184) [18] dienen gewiß nicht ausschließlich als Fühlorgane. Beobachtungen
am lebenden Tiere lassen deutlich erkennen, daß die Endglieder der Palpen wie Saugscheiben
wirken und daß sich das Tier beim Einstechen der Cheliceren und bei der Nahrungsaufnahme
mit diesen an der Unterlage festhält. Möglicherweise dient ein an der Hinterseite des Endgliedes
sitzender Zapfen von hyalinem Aussehen als Taststift. Zweifellos vermitteln die zahlreichen Borsten
der Beine und des Körperstammes Tasteindrücke und erleichtern den Tieren die Orientierung
im Raume.
Wiewohl die Gallmilben augenlos sind, besitzen sie doch einen hohen Grad von Lichtempfindlichkeit.
Dies mag anfangs befremdend erscheinen. Man darf aber nicht übersehen, daß photosensitive
Substanzen nicht auf die Augen beschränkt sind und daß das Licht den Körper und alle Organe
dieser mikroskopisch kleinen Tierchen zu durchdringen und bei Gegenwart lichtempfindlicher Substanzen
im Organgewebe heliotropische Reaktionen auszulösen vermag.
Die aus den Gallen wandernden Milben sind positiv heliotropisch; außerhalb der Gallen nimmt
die Intensität des Heliotropismus (wahrscheinlich unter dem Einfluß des Lichtes) rasch ab und
Milben, die in die Knospen eingedrungen sind, haben ihren positiven Heliotropismus völlig eingebiißt.
Ob ein Wechsel in der Intensität oder im Sinn des Heliotropismus stattfindet, ist fraglich, ebenso
inwieweit noch andere Tropismen die Stellung der Tiere bei ihren Gangbewegungen bestimmen.
5. Atmung und Kreislauf.
Besondere Atmungs- und Kreislauforgane fehlen. Der Gasaustausch erfolgt durch die dünne
Körperdecke. Bei der langgestreckten Zylinderform des Rumpfes bietet die Körperoberfläche ein
sehr günstiges Verhältnis zum Körpervolumen, so daß sie dem respiratorischen Bedürfnis vollauf zu
genügen vermag. Überdies ist nicht zu übersehen, daß der Sauerstoffgehalt der Luft, welche die Gallmilben
in ihren Gallen umgibt, wegen der Assimilation durch die Wirtspflanze zeitweilig ein größerer
sein muss.
Die Blutflüssigkeit erfüllt die Lücken im Bindegewebe, welches die Organe umgibt, und wird
durch die Kontraktionen des Abdomens verschoben, während die Zufuhr der von den Verdauungsorganen
umgewandelten Nährstoffe zu den einzelnen Organen und Gewebsteilen durch Diffusion
erfolgt. Geformte Elemente konnten in der Blutflüssigkeit nicht nachgewiesen werden.
6. Geschlechtsorgane.
Der Dimorphismus der Geschlechter ist in der Gruppe der Eriophyiden wenig scharf ausgeprägt.
Männchen und Weibchen unterscheiden sich äußerlich voneinander nur durch die Größe
(die Männchen sind kleiner als die Weibchen) und den äußeren Geschlechtsapparat. Häufig ist auch
die Schildzeichnung und Punktierung des Männchens kräftiger.
Geschlechtsdrüsen und Leitungswege sind unpaar und liegen an der Ventralseite des Abdomens
unter dem Darm. Die äußere Geschlechtsöffnung ist weit nach vorn gerückt und befindet sich hinter
dem letzten Beinpaar an der Basis des Abdomens.
In beiden Geschlechtern zeigen die Gonaden in ihrer Anlage eine große Übereinstimmung:
sie bestehen aus Keimdrüse und Ausführungsgang. Ei und Spermatoblast entwickeln sich aus Keim-
lagem.
Der ä u ß e r e G e s c h l e c h t s a p p a r a t d e s M ä n n c h e n s (Epiandrium, Cane -
s t r i n i ; Epd.) ist ein ca. 15—24 (jl breiter, stumpfwinkliger bis bogenförmiger Querspalt, dessen
stark verdickte Ränder eng aneinander schließen. Der den Spalt nach hinten begrenzende Teil der
Körperwand ist zu einer verdickten, gekielten Platte ausgestaltet, welche sich beim Öffnen des Genitalspaltes
von der Körperwand abhebt; zu beiden Seiten derselben, etwas nach hinten gerückt, sitzen die
G e n i t a l b o r s t e n (setae genitales; s. g.). Sie erreichen nur in seltenen Fällen eine beträchtlichere
Länge. Als Kopulationsorgan, Penis, dient der stark chitinisierte Endabschnitt des Vas deferens.
Er hat die Gestalt eines kurzen, konischen Rohres, das in der Ruhe zurückgezogen in einer scheidenartigen
Hauttasche liegt, die von einem dünnen, dehnsamen Häutchen, das den Penis mit der Leibeswand
verbindet, gebildet wird. Einfaserige Muskeln, welche seitlich zum Geschlechtsapparat ziehen,
besorgen das Öffnen und Schließen des Genitalspaltes und das Vor- und Rückziehen des Penis.
Die inneren männlichen Geschlechtsorgane sind die K e i m d r ü s e (Hoden), eine dieser vorgelagerte,
kugelige D r ü s e (Prostata) und d a s V a s d e f e r e n s . Die Wand des Geschlechtsapparates
wird von einer strukturlosen Membran gebildet. Die Spermatoblasten entwickeln sich aus
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