I. Allgemeiner Teil.
A. Die Cecidien.
Die den Isthmosoma-Äxten als Substrate dienenden Pflanzen gehören sämtlich der Familie der
Gräser1) an und verteilen sich auf 17 Gattungen und 29 Arten. Die von den Isthmosomen verursachten
Cecidien sind in der Hauptsache Sproßspitzendeformationen und Achsenschwellungen.
Erstere entstehen bei denjenigen Arten, die ihre Eier in den Vegetationskegel der Sproßspitze
ablegen, wodurch eine Wachstumshemmung verursacht wird, die eine Verkürzung der Internodien
und damit die Bildung eines Blätterschopfes zur Folge hat. Gleichzeitig schwillt der Halm
infolge Vergrößerung sämtlicher Zellen des Grundgewebes an; in den Gefäßbündeln werden die
Elemente des Xylems englumiger, die des Phloems werden abnorm vermehrt. Die durch die Verkürzung
der Internodien stark zusammengedrängten Blätter haben eine kurze Spreite und eine
ebenfalls verkürzte und stark verbreiterte Scheide.
Als Erzeuger von Blätterschöpfen ist bisher nur Isthmosoma hyalipenne (Walk.) (= graminicola
Gir.) bekannt geworden, welche Art aus den Sproßspitzengallen der Agr opy rum-Äxten und von
Ammophila arenaria Lk. gezüchtet worden ist. Höchstwahrscheinlich verursacht sie auch die gleichen
Gailbildungen an Avena pubescens L. Neu beschrieben wird im speziellen Teil Isthmosoma brachypodii
(v. Schlechtendal in litt.) als Erzeuger der Blätterschöpfe an Brachypodium-Arten. Ferner tritt eine
ähnliche Deformation an Holcus mollis L. auf, deren Erzeuger noch unbekannt ist. Die Entwicklung
der Sproßspitzengalle ist bei Agropyrum- Gallen genauer untersucht und wird dort behandelt.
Der zweite von Isthmosomen erzeugte Gallentypus besteht in einer Anschwellung der Achse.
Der Bau und die Bildung dieser Art von Cecidien ist bei den einzelnen Erzeugern so verschieden,
daß sich kaum allgemeine Gesichtspunkte zur Betrachtung derselben finden lassen. Die Schwellungen
liegen am häufigsten im eigentlichen Halm, vielfach dicht über einem Knoten, mitunter auch
ganz unten am Halm. Bei einigen Arten liegen die Deformationen in der Blütenähre und treten hier
als mehr oder weniger starke Verdickung der Ähren- oder Ährchenachse auf, die mitunter eine starke
Reduktion aller übrigen Teile des Ährchens zur Folge hat. Bei Halmschwellungen kommt es vor, daß
diese so schwach sind, daß sie äußerlich unsichtbar, nur durch das Gefühl wahrnehmbar sind. Meist
sind sie auch ganz von der Blattscheide umhüllt, die in anderen Fällen wieder von der Schwellung
durchbrochen wird. In einem Fall ist die Schwellung als solche nicht sehr stark, aber sie durchbricht
die umhüllende Scheide und tritt in Form eines Bogens aus ihr heraus. Auch Verbiegung und Knickung
des Halmes kommt vor, meist liegt die Schwellung dann dicht über einem Knoten.
11 Das an vielen tropischen Orchideen auf tretende, gelegentlich auch in europäischen Gewächshäusern festgestellte
Isthmosoma orchidearum (Westw.) bleibt hier unberücksichtigt.
Die Larven leben in der Regel, bei den Sproßspitzendeformationen sowohl wie bei den Halmschwellungen,
im Mark der Achse, entweder in besonderen Kammern oder frei. Bei einigen Formen
liegen die Larvenkammern in gleichmäßigen Abständen übereinander, was auch durch die von den
entwickelten Wespen erzeugten Schlupflöcher deutlich wird, es liegen dann sogenannte „Flötengallen“
vor wie bei Calamagrostis-Axten.
Eine von den übrigen Formen abweichende Galle verursacht Isthmosoma cylindricum n. sp.
(v. Schlechtendal in litt.) an Stipa capillata L. Alle Teile der Blüte verwachsen mit den Spelzen
zu einer langgestreckten Spindel, die in die ebenfalls deformierte Granne ausläuft. Die Galle bleibt
mit dem Halm fest verbunden und verholzt an der Basis. Wenn alle Blüten deformiert sind, bleibt
die Rispe geschlossen.
Eine besondere Stellung nimmt Isthmosoma hordei (Harr.) {= agropyri v. Schlechtendal in litt.)
durch den Heteromorphismus der von ihr erzeugten Gallen ein. Diese sind Halmschwellungen in
den verschiedensten Modifikationen oder schwielenartige Anschwellungen auf der Innenseite der
Blattscheiden. Eine genauere Darstellung wird im speziellen Teil gegeben.
B. Die Erzeuger.
1. Morphologie.
Der allgemeine Aufbau des Isthmosomenkörpers ist der gleiche wie bei allen Hymenopteren.
Der Kopf trägt an den Seiten zwei große Fazettenaugen, zwischen denen drei im Dreieck angeordnete
Ocellen oder Punktaugen liegen. Von der Mitte der Antennenbasis läuft meist ein schwacher
Längskiel, der Mittelkiel, bis nahe zur Mundöffnung. An seinem unteren Ende treten häufig zwei
größere Grübchen, die Clypeargruben auf. Vom unteren Ende der Fazettenaugen zieht sich je eine
meist stark verkürzte, zuweilen aber sich bis zur Mandibelbasis erstreckende Furche, die Wangen-
Fig. 1. -Fühler des ö*. a Schaft, b Wendeglied, c Ringel,
a Schaft, b Wendeglied, c Ringel, 75:1. 75:1.
furche. Die die Kopfkapsel zusammensetzenden Platten sind wie bei den meisten Chalcididen
nahtlos verwachsen. Das Gesicht ist meist etwas gröber skulptiert als der Oberkopf.
Die geknieten Fühler sind in schwachen Vertiefungen in den Kopf eingelenkt. An das
kurze, ringförmige Wurzelglied schließt sich der langgestreckte, beim Männchen oft verdickte
Schaft (Scapus), an den sich das meist kegelförmige Wendeglied (Pedicellus) rechtwinklig ansetzt.
Zwischen diesem und den folgenden Geißelgliedern liegen zwei kurze, meist nur schwer erkennbare
Ringglieder, in der Literatur auch als Ringel oder Annelli bezeichnet. Die Geißelglieder sind beim
Männchen meist lang gestreckt, oft knotig erweitert und mit langen Haaren besetzt, die ± regelmäßig