proliferiert, während die Epidermis unverändert bleibt, bis sie von dem heranwachsenden Grundgewebe
zerrissen wird; auf die Einzelheiten dieser Wachstumsvorgänge darf ich hier nicht eingehen.
Das vordringende Produkt des Grundgewebes ist zwar mit einer echten Epidermis ausgekleidet,
diese aber leitet sich entwicklungsgeschichtlich nicht von der Epidermis des Mutterorgans ab, sondern
ist als eine Neubildung anzusprechen.
Gallen, welche von der am Wachstum sich beteiligenden Epidermis des Mutterorgans umkleidet
bleiben, wollen wir mit K ü s t e n m a c h e r als umschlossene, die von einer neugebildeten
Epidermis umkleideten als freie bezeichnen.
Diese endogenen Gewebsbildungen, die, wie das angeführte Beispiel erläutert, an Umwallungsgallen
auf treten können, mögen uns den Übergang zu der nächstfolgenden Gruppe vermitteln, bei
der wir viele „freie“ Gallen im Sinne K ü s t e n m a c h e r s antreffen.
5. Ma r k g a l l e n . Markgallen kommen zustande, wenn das Ei des Parasiten von Anfang
an im Innern des Wirtsorgans liegt. Bei ihnen spielen Dickenwachstum d. h. Zellenteilungen parallel
zur Oberfläche des infizierten Organs, und regellos orientierte Zellenteilungen ausschließlich
ihre Rolle.
Als Erzeuger sehr mannigfaltig gebauter Markgallen kommen in erster Linie Dipteren und
Hymenopteren in Betracht.
Markgallen können einkammerig oder mehrkammerig sein, können als spindelförmige, linsenähnliche
oder anders gestaltete Schwellungen die infizierten Achsen und Blätter deformieren oder als
flache scheibchenartige oder kugelige Anhängsel, durch welche die Form des Mutterorgans nicht
alteriert wird, diesem aufsitzen.
Je nachdem, wie sich nach der Infektion die dem Parasiten nahe oder ferner liegenden Gewebs-
schichten verhalten, entstehen umschlossene oder freie Gallen: u m s c h l o s s e n e Gallen dann,
wenn die Gewebewucherung dauernd von der Epidermis des Mutterorgans umschlossen bleibt (z. B.
Pontaniagallen), f r e i e dann, wenn allein der unmittelbar infizierte Zellenkomplex als sogen. Gall-
plastem zum Wuchern kommt und die über ihm liegenden Zellenschichten sprengt; die heranwachsende
Galle drängt sich dann wie eine endogen entstandene Wurzel an die Oberfläche des Organs und nimmt
dort ihre charakteristische Gestalt an. Freie Gallen (z. B. die der Neuroterus-sp.) sind demnach nicht
von der Epidermis des Mutterorgans bezw. deren Derivaten, sondern von einer neugebildeten umhäutet,
die aber durch den Besitz einer Cuticula und namentlich der zahlreichen Haaren durchaus
einer vom Dermatogen der Vegetationspunkte sich ableitenden Epidermis gleicht.
Viele Markgallen sind wohl anfangs noch von dem normalen Hautgewebe des Wirtsorgans
umschlossen, platzen aber dann, so daß ihr inneres Gewebe wie in Spalten freigelegt wird (z. B. Galle
von Lasioptera picta). Bildungen dieser Art dürfen vielleicht als Übergangsformen zwischen freien
und umschlossenen Gallen aufgefaßt werden.
b) H i s t o l o g i s c h e s .
Bei allen Unterschieden in der äußeren Gestalt und ihrem Entwicklungsgang haben die proso-
plasmatischen Gallen das gemeinsam, daß sie aus mehr oder minder deutlich unterschiedenen Gewebezonen
bestehen, die konzentrisch um die vom Parasiten bewohnte Höhlung liegen. Die Zahl der
Schichten, die sich deutlich unterscheiden lassen, ist sehr verschieden; hinsichtlich ihrer Qualität gilt,
daß die dem Parasiten zugewandten Schichten fast immer aus. dünnwandigem Parenchym bestehen
und reich an Nährstoffen sind, und daß nach außen auf diese stoffspeichemden Gewebe stoffärmere,
festere Schichten folgen, die in sehr vielen Fällen durch Ausbildung dickwandiger Elemente verschiedener
Art zu histologisch wohl charakterisierten, gegen ihre Nachbarschaft scharf abgesetzten
Gewebszonen werden.
Wir wollen im folgenden zunächst über die beiden auffälligsten Gewebeanteile der proso-
plasmatischen Gallen, die stoffspeichernden und die mechanischen Schichten sprechen und dann einige
Mitteilungen über andere, in Gallen häufige Gewebsformen folgen lassen.
1. S t o f f s p e i c h e r n d e G e w eb e . Im einfachsten Falle übernimmt bei den blatt-
bürtigen Beutelgallen und ähnlichen Gallenbildungen die dem Gallenhohlraum zugewandte
Epidermis die Funktion des stoffspeichernden Gewebes; ihr Plasma ist eiweißreich, ihre
Membranen sind dünn.
Charakteristischer geformt als ihre Zellen sind die in vielen Gallen dieser Art auf tretenden
„Nährhaare“, kurze, dicke, einzellige Gebilde, die wie plumpe Schläuche in das Lumen der Gallen
vorragen; ihr Plasma ist, wie die Jodprobe ergibt, außerordentlich eiweißreich.
Bei den Umwallungsgallen und Markgallen sind meistens mehrere oder gar zahlreiche Schichten
als stoffspeichernd erkennbar; die der Larvenhöhle am nächsten liegenden Zellen sind oft am reichlichsten
gefüllt. Stets handelt es sich bei diesen innersten Schichten um Füllung mit Eiweiß oder
Fetttröpfchen, während nach außen häufig stärkereiche Zellen folgen, so daß man von einer besonderen
Eiweiß- und einer von ihr unterscheidbaren Stärkeschicht in vielen Fällen sprechen kann. Entweder
liegen Eiweiß- und Stärkeschicht innerhalb des mechanischen Gewebemantels, von dem sogleich zu
sprechen sein wird, oder die Stärkeschicht liegt ganz oder teilweise außerhalb der dickwandigen
Zone. Bei den einheimischen Neuroterusarten z. B. finden sich mächtige Stärkespeicher außerhalb
der mechanischen Gewebsschicht.
2. M e c h a n i s c h e G e w eb e . Dickwandige Ge websseh ichten treten keineswegs in allen
prosoplasmatischen Gallen auf; den Beutelgallen der Milben z. B. fehlen sie durchweg. Auch manche
Markgallen wie die der weidenbewohnenden Pontaniaarten bestehen durchweg aus dünnwandigem
Parenchym. Bei den durch Dipteren und Cynipiden erzeugten histioiden Gallen und zahlreichen
ändern spielt dagegen die Büdung dickwandiger Elemente eine große Rolle.
Die dickwandigen Zellen der prosoplasmatischen Gallen haben stets verholzte Wände und
sind stets parenchymatisch, haben also den Charakter von Skiereiden. Je nach der Art ihrer Verdickung
zeigen die Skiereiden der Gallen untereinander viele Unterschiede: der Grad der Verdickung
ist sehr ungleich; das Lumen der Zellen ist häufig infolge ungleichmäßiger Verdickung flaschenförmig;
in sehr vielen Gallen stößt man auf einseitig verdickte Steinzellen, die ihre dünnwandige Seite entweder
der Gallenhöhlung zu- oder von ihr abwenden.
Die Anordnung der mechanischen Gewebsschichten in der Galle zeigt ebenfalls wichtige
Unterschiede.
In den einfacheren Fällen ist nur e i n mechanischer Gewebemantel vorhanden. Dieser
liegt entweder tief im Innern des Gallengewebes und ist von der Gallenhaut durch zahlreiche Zellenlagen
getrennt, oder er liegt oberflächlich, so daß die sogen. Gallenrinde, d. h. die außerhalb des
mechanischen Mantels liegenden Teile der Galle sich auf die Epidermis reduzieren. Entweder
stellen die Sklereidenmassen ein zusammenhängendes, allseits geschlossenes Zellengebilde dar, oder
sie bilden zwei zueinander wie Kapsel und Deckel passende Teile, zwischen welchen dünnwandiges
Parenchym sich einschaltet. E - Die Form des mechanischen Mantels wiederholt im allgemeinen
die der ganzen Galle; doch sind auch Ausnahmen von der Regel bekannt.