tischen Pflanzenteilen entstehen können -Ipund entstehen. Da wir nun von der normalen Ontogenie
der Pflanzengewebe her wissen, daß unter Einflüssen bestimmter, wenn auch zurzeit nicht näher
analysierbarer Art aus Dauergewebe embryonale, meristematische Zellen hervorgehen — z. B. bei der
Bildung des Interfascicularcambiums, bei Entstehung des Phellogens usw. —, da wir ferner wissen,
daß ebensolche Dauergewebszellen unter bestimmten abnormen Einwirkungen ihre längst abgeschlossene,
vielleicht seit Jahren schon beendete Teilungstätigkeit plötzlich .wieder aufnehmen
können, z. B. bei der Callusbildung, bei der Entstehung von Wundkork, bei der Bildung gewisser
hyperhydrischer Gewebe, — so steht der Annahme nichts im Wege, daß auch die von gallenerzeugenden
Parasiten ausgehenden Wirkungen einmal imstande sein könnten, Dauergewebszellen zu Teilungen
und zur Bildung abnormaler Gewebswucherungen zu bringen; bestätigende Beispiele sind, wie mir
scheint, tatsächlich mit Zweiggallen wie der von Adelges fagi gegeben, bei deren Bildung auch
die schon mehrere Jahre alten Zellen tiefer liegender Rindenschichten durch das Gallentier zu
Wucherungen angeregt werden. —
Wir haben schon mit den Erineumgallen und den ändern durch Hypertrophie zustande
kommenden Gallbildungen Beispiele dafür kennen gelernt, daß die gaflenerzeugenden Parasiten
nicht nur das Wachstum in abnorme Bahn lenken, sondern auch in ihren übrigen Eigenschaften —
abgesehen von Größe und Gestalt — die Zelle abnorm werden lassen: die Zellen der Viburnum-Blasen-
galle fallen z. B. durch ihren Eiweißreichtum auf, während die Chloropiasten in ihnen nur spärlich
vertreten sind oder ganz fehlen. Dieser Einfluß des Gallenreizes auf die qualitative Ausbildung
der Zellen wird bei Betrachtung der durch Hyperplasie gebildeten Gallen besonders nachdrücklich
Beachtung fordern. Da wir diese Gallen auf die Art ihrer Gewebsdifferenzierung hin in zwei Gruppen
unterzubringen haben werden, muß hierüber schon jetzt folgendes bemerkt werden.
Das durch abnorme Teilungen entstandene „neue“ Gewebe verhält sich zum normalen oft so,
wie die früher geschilderten Hemmungsbildungen oder Hypoplasien: sie sind einfacher in der Differenzierung
ihrer Schichten. Hyperplasiegallen dieser Art haben hinsichtlich ihrer histologischen Struktur
oft große Ähnlichkeit mit den Wundgeweben, mit Callus oder Wundholz und sind überdies dadurch
gekennzeichnet, daß sie in ihren Größen- und ihren Formverhältnissen keineswegs sich konstant
zeigen. Gallen dieser Art wollen wir als k a t a p l a s m a t i s c h e bezeichnen.
Bei einer anderen Gruppe von Gallen tritt die Ähnlichkeit ihres Gewebes mit Callus oder Wundholz
weit zurück und fehlt sehr oft ganz und gar. Wir finden vielmehr die Galle aus mehr oder minder
gut gekennzeichneten Schichten verschiedenen Baues, deren Qualität und Aufeinanderfolge für die
Gallenprodukte des betreffenden Parasiten konstant und artcharakteristisch sind, zusammengesetzt;
wir konstatieren, daß die Gewebsdifferenzierung dieser Schichten der Struktur der entsprechenden
normalen Teile durchaus unähnlich sein und an Kompliziertheit gar oft weit über das von den normalen
Pflanzenteilen her Bekannte hinausgehen kann. Solche Gallen sind ferner gekennzeichnet durch
konstante Größen- und Formverhältnisse; sie mögen von jetzt ab als p r o s o p l a s m a t i s c h e
bezeichnet werden.
Auch bei dieser Einteilung gilt die alte Erfahrung, daß die Grenze zwischen den verschiedenen
Gruppen keineswegs immer leicht und sicher zu ziehen ist. Namentlich bei verschiedenen kleinen
Gallenformen, wie den von Milben erzeugten Pocken, verschiedenen Blattrandrollungen u. a. m. kommt
man leicht in Verlegenheit, in welche der beiden Gruppen die betreffenden Gallen am besten einzureihen
sind. Im folgenden sind wir diesen Schwierigkeiten enthoben, da es nur unsere Aufgabe sein kann,
einige wenige Gallenformen als Beispiele zu wählen und etwas eingehender zu behandeln.
Wir gehen nun zur näheren Besprechung der beiden Gruppen über.
1. Kataplasmatische Gallen.
Kataplasmatische Gallen werden durch parasitisch lebende Pflanzen — fast alle Pilzgallen sind
kataplasmatischer Natur—und durch Tiere erzeugt. Hierher gehören di e durch Plasmodioph ora Brassicae
erzeugten Kohlwurzelgallen, die von Bakterien an den Leguminosenwurzeln erzeugten Knöllchen, ferner
die Gallen der Brand- und Rostpilze, die der Exoascaceen, der Peronosporaceen und der Exobasidien.
Von den Zoocecidien gehören hierher vor allem sämtliche Nematodengallen und sehr zahlreiche
Hemipterengallen.
Ferner muß hier erwähnt werden, daß alle organoiden Gallen, von welchen oben (p. 135 ff.) die
Rede war, auf die histologische Struktur ihrer Teile hin geprüft, sich den kataplasmatischen Gallen
nahe verwandt zeigen; das spricht sich in dem einfachen Gewebebau aller an der Zusammensetzung
der organoiden Gallen (Blätterschöpfe, Vergrünungen, Wirrzöpfe usw.) beteiligten Blätter, in der
unvollkommenen Differenzierung der Achsenteile (Hexenbesen usw.) u. a. m. deutlich a u s .__
Die Anatomie der kataplasmatischen Gallen ist naturgemäß sehr einfach und für uns daher
schnell zu erledigen. Im allgemeinen fallen ihre Zellen durch ungewöhnlich großes Volumen auf;
der Chlorophyllapparat ist spärlicher entwickelt als in den entsprechenden normalen Teilen; dagegen
sind die Zellen reich an Eiweiß und oft durch Anthocyan lebhaft gefärbt.
Die kataplasmatischen Gallen entwickeln sich teils aus primären Geweben der Wirtspflanze
— insbesondere aus dem Grundgewebe der Blätter und jungen Achsen —, teils aus den vom
Cambium sich ableitenden Gewebeformen.
Auf p r im ä r e s G e w e b e ist z. B. die Blattgalle des VacciniumVitis Idaea zurückzuführen,
welche durch Exobasidium Vaccinii hervorgerufen wird; manche durch Aphiden hervorgerufenen
Blattverkrüppelungen dürfen hier eingereiht werden. In allen Fällen handelt es sich bei
den b'lattbürtigen Gallen um Veränderungen im Mesophyll, dessen Gewebe völlig homogen werden
und nicht die geringste Differenzierung zwischen Pallisaden- und Schwammparenchym erkennen
lassen kann. Auch die Epidermiszellen werden zuweilen den benachbarten Grundgewebszellen
ähnlicher als sie es unter normalen Verhältnissen sind.
Von den s e k u n d ä r e n G e w e b e n kommen für unsere Betrachtungen nur die Produkte
des Cambiums in Betracht. Wird ein Zweig von Pirus malus durch die Blutlaus (Myzoxylus laniger)
infiziert, so produziert das Cambium Xylemelemente von ganz anderer, sehr viel einfacherer
Natur als unter normalen Verhältnissen; die prosenchymatischen Elemente werden spärlicher, die
mechanischen Anteile des Xylems bleiben ganz aus. Ebenso wie bei der Bildung des Wundholzes
tritt eine Segmentierung der jugendlichen Teilungsprodukte des Cambiums und wohl auch der
Cambi umzellen selbst ein, so daß schließlich das ganze Holz aus parenchymatischen Elementen sich
zusammensetzt, — aus dünnwandigen Parenchymzellen und dickwandigen, getüpfelten trachealen
Elementen, deren Membran oft unverholzt bleibt.
Beachtenswert ist, daß ganz ähnliche Gewebsbildungsprozesse beim Entstehen vieler Pilzgallen
beteiligt sind: das nach Infektion durch Gymnosporangium von Juniperus communis gebildete Holz
ist ebenfalls abnorm reich an parenchymatischen Elementen.
Wenn die sekundäre Rinde durch die gallenerzeugenden Parasiten zur Gewebeproliferation
gebracht wird, so handelt es sich auch bei ihr vorzugsweise um überreiche Parenchymproduktion
(z. B. bei der Galle von Adelges fagi auf Fagus).