1. B. ein Deich, der durch einen moorigten Bezirk aufgeführt
wird , immer etwas stärker und höher gemacht werden, als wenn
man ihn auf einen sichern Grund legt.
§. 42. Wiewohl nun die angegebenen Dimensionen einer,
zweckmäfsigen Deichwirthschaft ziemlich entsprechen werden ,
so sind doch nur wenige Deichbaumeister in dem Fall, nach
denselben die ihnen anvertrauten Flufsbezirke bedeichen zu lassen,
denn die Summen, welche man zu dergleichen nützlichen
Auslagen bestimmt, sind gewöhnlich noch zu gering, um alte
Deiche zweckmäfsig zu erhöhen, zu verstärken und neue Deiche
nach solchen Profilen anzulegen. Höchstwahrscheinlich Wird
man also noch fortfahren , niedrige Deiche mit steilen, d. i. mit
halbschuhigen äufsern Böschungen zu erbauen; Deichbrüche und
Ueberschwemmungen erhalten und diese als Naturereignisse betrachten,
wiewohl sie gröfsten Theils nur der Mangel einer guten
Deichwirthschaft sind.
§. 43. Was endlich die Form oder Gestalt der Böschungen
anbetrifft, so ist darüber gar mancherley geschrieben worden,
ob sie nehmlich geradelinigt, convex oder concav seyn
müssen. Der eine Schriftsteller hat diese, ein anderer die zweyte
und der dritte die erste Form vorgeschlagen.
In Praxi sind nun wohl bey Erddeichen die geradelinigten
Böschungen die zweckmäfsigsten, weil sie nicht so viel kosten
und sich wenig senken, wenn der Deich nur mit Sturzkarren
oder Wagen anfgefahren ist.
W ird die Böschung aber mit Steinen belegt, so ist die Con-
vexität allerdings zweckmäfsig, weil dieselbe eine Wö lbun g, also
eine grofse Festigkeit der Steindecke zuläfst. Kann jedoch
auch ein Erddeich bey der Anlage, ohne bedeutende Kosten, convexe
Böschungen erhalten, so ist das gewifs sehr gut: denn dieselben
werden sich doch mit der Zeit in geradlinigte verwandeln,
wenn nämlich der Deich sich vollkommen gesetzt hat. Auch bedarf
eine convexe Böschung weit wenigere Nachhülfe, als eine
geradlinigte, die selbst vom Regen viel leidet.
Concav mache man indessen die Aeufsere - Böschung nie;
denn adts dieser Form entsteht nur ein schnelleres Abspühlen
der Dossirung vom Regenwasser, und der Eintritt des Wassers
in den Deichkörper wird erleichtert. Ueberdies stellen sich
bey allen Deichen, die mit Schubkarrn aufgeführt sind, leider
einige Concavitäten bey den Erdböschungen ein , man ist daher
oft genöthigt, dieselbe wieder ausfüllen zu lassen. Wozu will
man also diese künstlichen Böschungen, welche keinen Vortheil
bringen, sondern nur in der Ausführung mehr kosten , anwenden.
§• 44- Nachdem ich nun von der Festigkeit der Deiche
selbst gehandelt habe, so ist es hier der Ort, von ihrer wesentlichen
Beschützung, ich meyne von der Bepflanzung des Vorlandes
mit Rüstern, Weiden, Canadaischen, Italienischen und Deutschen
Pappeln, zu sprechen. Nahe am Ufer, und auf dem
Ufer selbst pflanze man blos Erdweiden, die, nachgebend sind,
worauf sich also das Eis niederlegt, indem sie sich darunter beugen.
Auf diese Weise formiren sich auf'solchen Weidenanlagen
ganze Eisberge, welche dann das Ufer, und selbst den Deich gegen
den Angriff des Stroms beschützen.
Die Kopfweiden , Pappeln und Rüstern, womit man das
Vorland besetzt, weil dieselben auf dem hohen Vorlande besser
als Erdweiden wachsen, zersplittern auch das Eis, so dafs keine
der stärksten Schollen an den Deich kömmt. Auch schwächen
dergleichen Anpflanzungen den Angriff des Stroms, und den
Wellenschlag gar sehr, wie leicht begreiflich ist. Hat man kein
Vorland , so mufs doch — weün nur immer möglich — derFufs
des Deiches mit einigen Reihen Kopfweiden oder Pappeln bepflanzt
werden , um jene Absicht zu erreichen, d. i. den Deich
Vor dem Angriff des Eises, Stromes, und Wellenschlages zu beschützen
, ja auch Holz für die Uferbauwerke zu ziehen. Aber
nicht nur der Deichfufs, sondern auch die Vordere-Böschung
mufs etwa 6 bis 10 Schuh (verticaler Höhe) von der Krone
abwärts, bepflanzt werden: denn es ist durch die Erfahrung, un-
IV. Band. 8.