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A C H T E A B T H E IL U N G
D E R
WISSENSCHAFT DES WASSERBAUES.
Von der Anlegung der Canäle und Schiffbahrmachung der Flüsse.
E i n l e i t u n g .
ff i . J ) afs einige des Wasserbaues Unkundige behaupten:
dieEntwerfung und Ausführung der Canäle erheische tiefereKennt-
nisse in der Wasserbaukunde als die Schiffbarmachung der Flüsse,
ist leicht erklärbar, denn die mehresten Anlagen dabey: als
Brückwasserleitungen , grofse Wasserbehälter u. dergl. fallen
mehr ins Auge wie die Arbeiten mittelst welcher man den Lauf
der Flüsse verbessert. Der Kenner würdigt aber solche hydrotechnische
Unternehmungen, nach der Anstrengung und Ueberlegung,
welche sie erfordern und nach dem aus dieselben für den Staat
resultirenden Nutzen. Er giebt, in Hinsicht der Hydrotechnik,
der Kunde, die Flüsse schiffbar zu machen, den Vorzug vor
dem Cänalbau, da er es weifs, dafs sie nicht nur die Anlegung
der Schleusen , Brücken, Wehren; die Verbesserung derer längs
den schiffbahrzu machenden Flüssen liegenden Mühlen ; sondern
auch die Flufs - und Deichbaukunde umfafst, j a ! öfters selbst
die Aufführung ganzer Canalstrecken mit Schleusen und Brück-
wasserleitungen erheischt. Ich will demnach zuerst das Leichtere,
d. i. den Canalbau und nachher das Schwierigere , d. i. die Schiffbahrmachung
der Flüsse vortragen. Diese beyden Gegenstände
entlehnen jedoch viel vom Schleusenbau und haben mehrere andere
Anlagen gemein, als da sind: Wehre, Aquäducte u. s. w.
Es ist demnach nothwendig, da der Schleusenbau bereits abgehandelt
ist, einen Abschnitt über den Wehrbau u. d. gl. Anlagen
Vorauszuschicken, ehe ich zum Canalbau selbst übergehe.
E R S T E R A B S C H N I T T .
Von den Wehren und Ableitungen des Wassers; von den Brückwasserlei-
tungen; Wasserdurchlässen, (Aquaducten); den Tjführungs- oder Leitgräben
, welche in Beziehung auf die Anlegung der Canäle und Schiffbahrmachung
der Flüsse nothwendig werden; endlich von den Wasserbehältern/
und den Brücken über Canäle.
I. Erklärungen.
I H D ie Wehre sind im Allgemeinen solche Bauwerke;
welche die Anschwellung der Gewässer bis zu einer beliebigen Höhe
möglich machen und in dieser Hinsicht nennt man sie auch
wohl Stauwehre. Führen dieselben das Wasser auf die Räder
einer Mühle einer Schmelzhütte oder eines Hammerwerkes, so
heifsen sie, Mühlwehre, Hüttenwehre, Hammerwehre u. s. w.
Da die Wehre dergestalt eingerichtet seyn sollten, dafs sie die Gewässer
nicht zu einer für die Flufsgegenden nachtheiligen Höhe
anschwellen, so fallen über deren Rücken auch die Hochgewässer
ab und in dieser Hinsicht können dieselben Ueberfall-
Ueberlafswehre oder Oberflächliche - Ablässe genannt werden;
wenn sie nämlich das Hochgewässer seitwärts des Flusses oder Canals
abführen: folglich Einschnitte in die Ufer der Flüsse und
Canäle bilden. Werden aber in einem Wehre Oeffnungen ge