§. 5. Selten wird auch der Deichbaumeister in den Fall
kommen, seine Deiche ohne alle Rücksicht auf das Seeufer, auf
den Lauf der Flüsse, oder auch,- ohne Uferbauwerke, anzulegen.
Ja, er wird sogar öfters genöthigt seyn, die Deiche dem Ufer nahe
zu rücken, wenn nämlich: a.) Die Deichlinie viele und starke
Einbiegungen von einer Zurücksetzung des Deiches vom Ufer erhielte;
b.) Der Deich landwärts auf einem morastigen, oder wenig
festen Grund zu liegen kommen müfste-; c.) Oder wenn der
Deich nahe an das Ufer gelegt, auf die Correction des Flusses und
dem schnellen Fortgang des Eises kräftiger so wie zweckmäfsiger,
(mittelst Einschränkung des Stromes) wirken könnte, als wenn
man ihn vom Ufer entfernte ; d.) Auch wenn endlich der Deich
eine Stadt, ein Dorf, einzelne Häuser beschützen oder auch von
einem fruchtbaren Landesbezirk das hohe Wasser und den Eisgang
abhalten soll. In solchen und ähnlichen Fällen kann der Deichbaumeister
genöthiget werden, den nahe an das Ufer gelegten Deich
zu beschützen, mittelst Uferbauwerke oder Vorbaue. (Es-giebt
auch leider Beyspiele genug, wo solche Ufer- oder Schartdeiche
mit kostbaren Bauwerken gegen den Eisgang, den Wellenschlag,
so wie auch gegen den Anfall des Stromes beschützet werden
müssen. Die vorzüglichsten solcher Deiche, welche ich kenne,
sind folgende: i steas die Seedeiche am Helder, 2. Band S. ^18.
2tens der Seedeich bey Petten , 2.B.S. 4 i 3. 3tens der Seedeich bey
’sGravesande, 2. B. S. 407. 4lens die Friesischen Seedeiche, 3. B.
S. 40. 5te#s die Deiche bey Goederede, 3. B. S. 28. 6tens die Seedeiche
bey Blankenberg in Flandern, 3. B. S. 70. • 7l=os bey Westcappel
auf dem Eylande Walchern, 3. B. S. 65. 8te”s einige Deiche
auf der Insel Texel und längs dem Nordholländischen Gestade,
3. B. S. 26 und 58. 9tens die Deiche bey Cuxhaven , 2. B. S. 446.
10*em <jer Seedeich bey Ostende, 3. B. S. 71. 1 i ten! die Murazzi
oder Seedeiche auf der Inselreihe ohnweit Venedig, Lidi genannt;
und endlich eine zahllose Menge von Flufsdeichen, die unmittelbar
am Ufer der Flüsse liegen. Ja, ich bin selbst oft in dem Fall
gewesen, solche Schartdeiche zu conserviren und einige alte Deiche
(hydrotechnischer Rücksichten wegen) den Flüssen näher zu
rücken, als wovon ich einige Fälle in der 2ten Auflage von Büschs
Uebersicht der Wasserbaukunst angezeigt habe. (* )
§. 6. Wenn daher die Anlage der Deiche oder der Deichbau
eine vollständige Kenntnifs des Flufsbaues und Seeuferbaues
erheischt, wie es schon- die Rücksicht auf Schartdeiche beweifst,
so-ist es wohl nur zu gewifs, i SKns dafs, wie gesagt, der Deichbaumeister
auch den Flufs- und Seeuferbau so wie die Kunst,
Schleusen anzulegen , verstehen müsse, 2tens dafs vom Local genaue
hydrotechnische Karten zu verfertigen sind; ja , dafs man
sowohl Von den Wasserhöhen, als von der Beschaffenheit des
Grundes, worauf der Deich gelegt werden soll und von dem Angriff
des Stromes wie des Eises bestimmt unterrichtet seyn müsse.
Alles dasjenige, was also von denen Untersuchungen, die
den Entwürfen über Flufs- und Seeuferhaue vorhergehen müssen,
in den drey ersten Bänden gelehret ist, gilt auch minder odermehr
bey Entwürfen des Deichbaues und ich verweise den Leser — was
diese Untersuchungen betrifft — auf den 1. Band S. 23 u. s. w.;
auf den 2. Band S. 377. und auf den 3. Band S. 1;
E r k lä r u n g e n .
§. 7. Die Benennung Deic/t, welche im Allgemeinen allen
solchen Bauanlagen, die die hohen Gewässer von irgend einem
Landesbezirk abhalten sollen, gegeben w ird , ist aus dem Holländischen
Worte Dyck ( Damm) entstanden.
Deiche können also nicht allein von Erde und Sand, sondern
auch von Steinen, Holz und anderem Materiale aufgeführet werden
, wie es denn auch Deiche giebt, deren vordere Seite ganz von
Mauerwerk sind, als der Maas-Deich gegen den Orange-Sluis in
(*) Dieses Buch habe ich zu Vorlesungen so wie zum Selbstunterricht umgearbeitet.
Davon ist bey Hoffmann in Hamburg 1802 der erste Band
und 1804 der zweyte erschienen. Künftig werde ich es stets citiren mit
Ueb. ate Au fl.