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auf den ganz feinkörnigten Sande nur auf die vordere Deichsböschung
und auf die Krone eine zwey Schuh dicke Lage von Klay
oder guter Erde legen kann, so ist auch kein Durchdringen des
Wassers zu fürchten. An Seedeichen braucht diese Klaydecke nur
einen Schuh dick zu seyn, wie es die Seedeiche bey Westcappel
und bey. Goederede hinlänglich beweisen. Des Wellenschlags
wegen müssen aber die Seedeiche eine gröfsere Böschung und Kronenbreite
(alles andere gleich gesetzt) als die Flufsdeiche erhalten.
§. 10. Mehr aber noch als das Profil der See - und Flufsdeiche
ist ihre Lage oder Deichlinie von einander unterschieden. Die
Lage der Flufsdeiche mufs nämlich unter andern so bestimmt
werden, dafs die beyderseitigen Deiche, welche längs den zwo
Ufern liegen, den höchstenStrom durchfiiefsen lassen , ohne in seinem
Laufe eine Störung, oder wohl gar Eisstopfungen, d. i. Eisdämme
zu verursachen. Eine Rücksicht, die bey Seedeichen gar
nicht zu beobachten ist! Wirsehen also, dafs man alle diejenigen
Deiche, welche an Flüssen liegen, und wenn gleich die Fluth
in diesen Flüssen aufläuft, noch Flufsdeiche nennen müsse, und
diejenigen Deiche, welche längs Seeufern liegen, nur Seedeiche genannt
werden dürfen.
$. 1 1 . Wiewohl diese Classification Statt finden mufs, so haben
doch beyderley Deiche mehrere Benennungen gemein, welche
auf sie anwendbar sind. So nennet man z. B. einen Landesbezirk,
welcher eingedeicht ist, einen Polder; erliege längs einem Flusse
oder an des Meeres Ufer. Zum Unterschiede sollte man daher jenen
einen Flufspolder, diesen einen Seepolder nennen: Derjenige Landesbezirk
aber, welcher zur öconomischen Erhaltung eines Deiches,
er sey See-oder Flufsdeich, bey trägt, entweder in Gelde, oder
mit Arbeit, heifst ein Deichhand, Deichsgemeinschaft, oder auch
Deichscommune. Die concurrirenden Grundeigner heifsen aber
Deichsgenossen. Ein Verzeichnifs von dem Deiche und dessen einzelnen
Parcellen , welche den Deichsgenossen zur Unterhaltung zu-
getheilt sind, heifst Deichsrolle. In den mehrsten Fällen tragen
ganze Länder zu den Deichslasten b^y, und wenn gleich einige
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Bezirke des Landes gar keinen Vortheil vom Deiche haben. Billiger
Weise sollte bey dergleichen Lasten doch ein gewisses dem
Vortheil und den gesellschaftlichen Rechten entsprechendes Ver-
hältnifs Statt finden. Zum Flufsbau an Hauptflüssen (das sind
solche Flüsse, die schiffbar oder flofsbar sind) eines Landes sollten
alle Grundeigenthümer eoncurriren, weil das Ganze von der
bessern Leitung eines Flusses Vortheil hat. Den Deichbau, wenn
er keine Beziehung auf die Correction oder den bessern Lauf des
Flusses und eine bequemere Schiffahrt hat, sollten aber insbesondere
alle diejenigen Grundeigner und Einwohner der Ortschaften
bestreiten, welche in solchen Ortschaften wohnen, die selbst, oder
deren Felder überschwemmt werden, oder deren Auswässerung
litte , wenn keine Deiche vorhanden wären. Könnten diese Ortschaften
ohne grofse Anstrengung die Deichlasten nicht tragen,
dann erst müsse das gesammte Land eoncurriren, weil durch ihre
zu grofse Anstrengung beymDeichhau das Land in andern Rücksichten
leiden würde. Diejenigen Personen , welche über das
Deichbauwesen die Direction und Aufsicht haben, heifsen: Oberdeichgrafen,
Deichgrafen, Oberdeichinspectoren, DeichinspectOr
ren, Deichbaumeister, Deichaufseher und Deichgeschworne.
Die Deichordnung,
worin die Art der Concurrenz, die Pflichten der Deichsgenossen
und der Deichsofficianten festgesetzt sind, ist daher ein wesentlicher
Gegenstand der Deichswirthschaft: sie sollte demnach auf eine
raisonnirende Uebersicht des gesammten Localdeichwesens —
in Beziehung auf genaue hydrotechnische Karten hydrometrische
Messungen und Beobachtungen — gegründet seyn; Ja! sie sollte
zugleich1 geschichtliche Nachrichten von den mit dem Deichbau
und der Deichlinie vorgegangenen Veränderungen und von den
auf die Anlagen erfolgten Wirkungen darlegen," ferner die Flufs-
und Deichbaus-Conventionen mit dem Nachbar und überdies ein
Landesdeichrächt, worin die allgemeine Deichpflichtigkeit und die
Strafen für Deichsbeschädiger u. s. w . festgesetzt seyn mögen, ent