Die Reise ward über bewaldete Höhen fortgesetzt. Bei dem Wirthshause eines
gewissen B e c k , von deutscher Abkunft, hielten wir an, und fülirteu unsere
Unterredung, so wie überhaupt in diesen Gegenden, sowohl in deutscher als in
englischer Sprache. Die wilde Lage einer Schneidemühle am Shade-Creek (Schat-
tenbach) erfreute uns durch den erhabenen Charakter des sie umgebenden Waldes,
von hohen iu allen Richtungen gebrochenen und durch einander geworfenen Tannen.
An dem Hause selbst war eiu grösser Haufe von Hirschgeweihen aufgehangeo,
von welchen wir einige kauften, die sogleich auf unseren Wagen befestigt wurden.
Sie gaben einen Beweis, dass man diese Thierart in den gebirgigen Waldungen
der AUeghanys sobald noch nicht ausrotten wird. Vou lüer aus führt die Strasse
wieder über mehre Waldköpfe uud durch kleine Thäler, in dereu einem der Bear-
Creek (Bären-Bach) aus dunklen Tanneuwaldungen hervorbricht. Auch hier ist ein
höchst malerischer wilder Punkt. Es befindet sich am Abhänge des Thaies eine
einzige schlechte Wohnung, uud überall ruud umher, wo der Wald niedergehauen
wurde, ist der Boden mit Sumach-Gesträuche bewachsen. Am Grunde der wilden
Schlucht au dem Bache liegt ebenfalls wieder eiue Schneidemühle, wo sich ein aus
aufgeschichieten dicken Stämmen zusammen gesetztes Wehr befand, dessen Erbauung
3 0 0 Dollars gekostet halte. Bären und Hirsche sollen in deu nahen Umgebungen
der Wälder noch zahlreich sein. Vom Bear-Creek führt die Strasse nach
dem Ten-miles-m n-creek, welcher in einem weniger wilden Thale fliesst. Hier
bemerkten wir viele Vögel, Drosseln, Katzenvögel, den blauen gehäubten Heber
(Garrulus cristatus) den Gelbspecht und mehre kleinere Arten. Die Hemlocks-
ianneu scheinen hier schon etwas abzunehmen, dagegen treten mehr die Kiefern
an ihre Stelle, indem jene mehr auf den höchsten Rücken, diese in
schon geringerer Höhe verkommen. Man bat nun den Pokono oder die höchste
Höhe der Blue-Mountains überstiegen, und senkt sich allmählig wieder abwärts.
In den Waldungen, die man von nun an dorchreist, nimmt das Laubholz schon
mehr überhand, fängt auch jetzt an wieder mehr verbrannt und ruinirt zu seyn, in-
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dem es häufig nur aus einem Stockausschlage von Eichen, Kastanien, Ahornen,
Sassafras u. s. w. besteht, aus welchen überall einzelne Kiefern aufsteigen, wie in
Brasilien die Palmen aus dem dicotyledonischeu Unterwaide. In den Tliälerii au
den kleinen Wassern bemerkt man schon wieder Birken, die Spiraea salicifoIia
und tomentosa, mehre Aster-Arten u. a. Pflanzen. Auf .einer der nächsieii Hohen
erreicht man gleichsam eiuen hohen Scheidepunkt, von wo man rück- und vor-,
wärts die weiteste bis jetzt gehabte Aussicht in diesem Gebirge überblickt, ü n
nordwestlicher Richtung zeigt sich das weite schöne Wyoming-Thal, in welchem
der Susquehanna fliesst, und rückwärts in entgegengesetzter Richtung eine wilde
Waid- und Gebirgsansicht, wo Kopf hinter Kopf gereiht, nur weite Waldungen
ununterbrochen vor dem Auge sich ausdehuen. Diese SteUe soU den Messungen
zufolge 1050 Fuss über dein Atlantischen Ocean erhaben seyn. Leider war unsere
Zeit zu kurz, um eiue Zeichnung dieser grossartigen Ansicht aufzunelniieu.
Man fängt nun an deu Hang nach dem Susquehanna-Thale ‘alliuähUg Jhinabzuslei-
gen, dessen Waldungen eiuen freundlicheren Charakter annehmen, indem das Na-
deUiolz dem Laubbolze bald gänzUcb Platz macht. Der Weg gleicht einem Lau-
bengange von dem hoben Holze beschattet, wo hohe Tulpen-, Eichen-, Kastauien-,
W'alluuss-, Buchen-, Heinbuchen-, Birken-, Ahorne-, Ulmen-, Nyssa- u. a.
Bäume in dicht geschlossenem Gedränge aufstreben. Hier zeigt sich schon die
Formation des Conglomérâtes, welche ein Vorbote der Steinkohlenlager ist, in deren
Bereich mau uun bald eintritt. Etwas unter der Hälfte des Gebirghanges aiigekommeii,
wurden wir etwa eiu Paar hundert Schritte rechts vom Wege abgeführt,
um durch einen schönen Ueberblick des Wyoming- oder Susquehaima-Thaies
überrascht zu werden. Elue Felsgruppe von Conglomérat tritt isolirt im Walde
hervor, man ersteigt sie, nachdem mau durch Gebüsche von Kalmia und anderen
Pflanzen hindurch gegangen, und tritt nuu in eine grossartige Ansicht. Das weite
breite Thal mit Ortschaften und eiuzelnen Wohnungen angefüllt, wechselt angenehm
mit Wäldern und Feldern ab, der Fluss durchströmt es in seiner ganzen
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