von dem öffentUchen Spaziergange befand sich eine kleine enge Strasse, die beinahe
gänzUch Ton Negern uud ilireu Mischungen bewohnt war. Vergehens sieht
sich der Ankömmling in Boston nach dem uvsprüngUch americanischen Mensohen-
slanime, dem sogeiiaimlen Indianer um. Dieses Land hat statt seines früheren originellen
Naturzustandes, nun ein Gemische aller Nationen aufzuweisen, welches
schnell in der seit seiner Ankunft in der neuen Welt begonnenen und rastlos forl-
geselzlen unverantwortlichen Vertreibung und Ausrottung der Urbewohner fortschreitet.
Nachdem wir des Mehligen Anblickes der Stadt genossen, kehrten wir nach
dem Gasthofe zurück, und hatten hier Gelegenheit, manche uns neue, von den europäischen
abweichenden Gebräuche kennen zu leruen. Ganz unparlheiisch muss man
bekeimen, dass die Binriclituiig der übrigens sehr ansehnlichen und stark besuchten
Gasthöfe der grossen Städte in den vereinten Staaten in vielen Stücken hinter der
europäischen zurücksteht. Die Wohnzimmer sind sehr klein uud enthalten sämmtlich
Belleu; Spraclizimmer QPttrlours), oder solche, in welchen sich keine Betten hefui-
den, muss man besonders miethen; die Essstuiiden sind bestimmt, dreimal des Tages,
und es wird das Signal gewöhuiich zweimal oder dreimal mit einer Schelle
gegeben. Ausser diesen Stunden kaim man nichts zu essen erhalten. Gewöhnlich
haben eine Menge von Menschen den Tisch in diesen Gaslhöfen, sie belagern das
Haus schon vor dev bestimmien Stunde und auf das gegebene Signal stürzen sie in
wildem Gedränge in den Esssaal; ein jeder sucht dem ändern den Rang ahzugewin-
nen, auch ist die Menge der Gäste meist nnverhältnissmässig gross zu der Zahl des
aufwarteuden schwarzen Personals. Alsdann bemächtigt sich ein jeder der Speise,
die er zuerst erreichen kann, und in 1 0 Minuten ist alles verzehrt; mit laconischera
Süllschweigen steht man vom Tische auf, der Hut wird auf den Kopf geworfen
und forleUen die geschäftigen Geiitlemeu, deren Ablagerung man den ganzen Tag
vor den Gasthöfen, an den Kaminen der untern Zimmer mit Rauchen von Cigarren
und dem Lesen der colossalen Zeitungen beschäftigt sieht Der Hut, der bei den
Americanern nur in Gesellschaft des weiblichen Geschlechts den Kopf verlässt, wird
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hei Tische immer ahgenommen, was allerdings in diesem Lande der alleinigen und
vollkommenen Freiheit*), wie Captain M o r r e ll sich ausdrückt, keine geringe Anstrengung
is t Eleganz in lileidern ist in Nord-America weit mehr zu Hause, als
in Enropa, allein dies ist auch aUes, was dem Gentleman in America wicMg ist,
sobald er seine Kaufmannsgeschäfte voUhracht, die Zeitung gelesen und seinem An-
Iheile an der Regierung des Staates Genüge geleistet hat Sehr oft sind mir die
Haufen der müssigen Gentlemen iu und vor den americanischen Gaslhöfen aufgelallen,
die durchaus uiithäilg ihren Tag hiuhringen, und diese eleganten Nichtsthuer
machen wii-klich einen Haupt-Characlerzug jener Gasthöfe ans. Diese le'tztern haben
noch eine, schon von mehren Reisenden erwähnte Einrichtung, die bei uns nicht
vorkommt; ich rede von dem Bar-Room, in welchem ein besonders dazu angestell-
ter Mann hinter den Schranken aUe Arten von Getränken verkauft, mischt und brauet,
wobei immer eine grosse Menge von Eis und von Balm (frischen Pfelfermünzblät-
tern) benutzt wird. Man bereitet hier sehr angenelime kühlende Getränke, wozn
das heisse Clima Anleitung gegeben hat Am Abend wird der Europäer in Erstaunen
gesetzt, wenn man ihn anweist, unten iu dem Bar-Room seine Fusshekleidnng
vor vielen Menschen auszuziehen, und gegen Pantoffeln CSUppers) zu vertauschen,
welche in grossen Haufen daselbst anfgeschüttet sind. Die Bedienung ist im Allgemeinen
zienJich schlecht Weisse Bediente giebt es beinahe gar nicht, oder sie
sind doch beinahe nnhranchbar; dagegen müssen die Schwarzen alle diese Geschäfte
übernehmen, die obgleich freie Leute, dennoch von dem deu Menscheuwerth so hoch
achtenden Americaner immer noch verachtet werden, und wie die Parias in Indien,
eine ansgestossene Kaste bilden. —
Als der Abend des 4. Juli in B o s to n heranriickte, war die ganze Bevölkerung
in Bewegung, die Strassen leerten sich aber bald gänzlich, und die ganze Population
hatte sich auf dem Spaziergange CCommons) versammelt Dieser Anhlioh war
* ) S. Caplain SloreWs narrative o f four voyages (o the South Sea etc.