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Nach Bordentown zurückgekehrt fand ich vor dem Gasthofe eine Versammlung
Gentlemen, welche in mehr als bequemen Stellungen auf den Bänken umherlagen.
Die Unterredung hatte gegenwärtig gewöhnlich die Cholera zum Gegenstände, welche
das Land mit Schrecken erfüllte.
Es war gerade die grösste BQtze des Sommers, und man konnte sich kaum
vor der Menge der europäischen Stubenfliegen schützen, die in diesem Laude weit
zahlreicher sind, als bei uns. In den Gasthöfen hat mau desshalb Neger uud Mulatten,
welche bei Tische aufwarteu uud mit einem Fächer von Federn, häufig aus
dem Schweife eines Pfaueu gemacht, den Gästen Luft und Ruhe zu wehen. Fächer
siud überhaupt eiu Luxusartikel und man kauft sie in den Städten, aus den
Schwanzfedern des wilden Truthahns, des Kranichs, Schwans, aus Palmblätteru
oder dergleichen gearbeitet. Am Tage war es so heiss, dass mau kaum das Haus
verlassen koimte; daher machte die Cholera zu New-York starke Fortschritte. Die
Abende waren in dieser heissen Zeit eiue wahre Erholung, welche Menschen und
Thiere neu belebte. Mau gieng alsdann am Flussufer spazieren, sah die Katzenvögel
sich verfolgen, und die Schwalben umher streichen, die aber hier nicht so
zaldi'cich sind, als in Europa. An unbelaubteu Stellen bemerkte mau überall den
Stechapfel uud die Phytolacca decaudi-a, deu erstem in der Blüthe. Wenn die
Dämmerung kam, flogen leuchtende Insekten überall umher, uud die Gryllen zirpten
denen in Europa ähnlich, nur in schnellerem Tacte.
Am nächstfolgenden Tage besuchte ich andere Gegenden imd Wälder in der
Nähe von Bordentown. Der Ort selbst ist mit regelmässigen, breiten, ungepflaster-
teu Strassen oder Wegen in ländlicher Ai*t erhaut, und seine Häuser liegen von
einander getrennt, während Alleen vou Bäumen ihnen Schatten geben. Letztere
Einrichtung ist sehr nöthig, da jetzt um 1 0 Ühr Morgens in dem küWeu Hausgange
des Gasthofes der Thermometer von F a h r e n h e i t 7 3 “ zeigte. Die Alleen im Orte
bestauden aus Robinien, Papiermaulbeerbäumen C^roussonetia), grossblätterigea Pappeln,
welche ein aromatisches Harz ausschwitzen, Thräuenweiden, dem Hibiscus
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syriacus, welche letztere hier 1 0— 15 Fuss hoch wachsen und Althaea genannt
werden. Diese Pflanzen mit ihren prachtvollen Blumen gedeihen hier weit vollkommener
als in Deutschland. In den Gärten bemerkte man Monarda, Tropaeolum,
Convolvulus purpureus, Lycium europaeum, Biguouia radicans, Vitis, Catalpa, Del-
plüuium und einige andere Pflanzen.
Vou Bordentown überschritt ich zuweilen die Eisenbahn und vertiefte mich in
deu nahen Wald, in dessen Nähe es auch Magnolia-Sümpfe giebt, welche ich aber
nicht besuchte. Fünf bis sechs Eicheuarten, verschiedene WaUuussbäume, Buchen,
Kastanien, das Dogwood CComus florida) bildeten deu dichten Wald, dessen Unterholz
aus Rhododendron maximum, Kalmia, Rhus und hohem Wachholder zusammen
gesetzt ist. Ich war einem alten, gänzlich mit gelbem Quarze bedeckten Wege
gefolgt, zu dessen einer Seite der Wald gänzlich aus Kiefern bestand, um deren
Stämme sich hier und da der füiifblätterige Epheu Crederà quinquefoUa) wand, so
wie um die benachbarten Eichen der wilde Weinstock fV itis lahruscä). Am Rande
des Waldes bemerkte ich den dunkelblauen Keriibeisser CFringilla caerulea), weiter
hinein aber kaum eineu Vogel, nur eiu Paar monotone Stimmen vernahm man;
und es war übrigens alles ruud umher todt uud stille.
Am S3. Juü verliess ich Bordentown und begab mich nach Philadelphia, da
unser Gepäcke immer noch nicht aus Boston eingetroffen war. Ich benutzte diese
Müsse, um das Museum des Herrn T i tia n P e a l e kennen zu lernen, welches die
beste uaturhistorische CoUection in den Vereinten Staaten in sich begreift. Man
sieht hier das grosse schöne Skelet des Ohio-Elephanteu mastodon CuvJ, so wie
die meisten Thiere von Nord-America, ziemüch gut ausgestopft. Hierhin gehört
besonders der Bison, das Bighorn oder wdde Schaf der Rocky Mountains, die Prairie
Antelope m tila c a p r a americana Ord.), der Eltbirsch CCerms major oder c«-
nadensis), der grauliche Bär oder Grizzly Bear CUrsus fe ro x ) und andere mehr.
Der Besitzer, Herr P e a l e , hat die Expedition nach den Rocky Mountains unter
Major L o n g mitgemacht, uud einen TheU jener Naturalien dort selbst gesammelt.
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