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auch bemerkte mau einen röthlichen Vogel, vielleicht den Baltimore. Die Gegend
wird von nuu au immer mehr eben, flach und waldlos, der Blick schweift schon
in die endlose Prairie. Auf den Sandbänken des Flusses zeigten sich grosse Ablagerungen
vou Treibholz, am Ufer häufig niedrige Weidengebüsche, dahinter hohe
Pappeln mit der schmalblättrigen Weide gemischt; wilde Gänse uud Enten belebten
deu Fluss. Hinter einem Weidengebüsche bemerkte mau einige Skelette indianischer
Jagdhütten, vor deren einer eine Stange aufgepflauzt war, welche au ihrer
Spitze ein rothes Tuchläppchen trug. Etwas weiter hin iu eiuem schönen hohen
Üferwalde hatte die Mannschaft des voran geschifften Assiuiboin eine Menge von
Braudholz geschlagen, dessen wir uns bedienten, alsdann aber nicht weit mehr
vorrückten. Der überschwemmt gewesene Wald war iu dieser Gegend ohne alle
Blüthen; eine Menge Spuren der Hirsche zeigten sich überall. Während der Nacbt
desertirle ein Mann, welchen Herr M 'k e n z ie vor einiger Zeit wegen ausgestosse-
nen heftigen Drohungen hatte festsetzeu lassen.
Der kommende Tag (7. Mai), der Jahrstag unserer Abreise aus Deutschland,
brach heiter an. Wir erreichten früh die Hügelkette des liukeu Ufers an einer
steil •abgeschnittenen Stelle von gelben Kalksteinwänden, an welchen unzählige
Schwalben nisten. Man nennt diese Hügel-Abschnitte Woods-Hills und sie habeu
keine bedeutende Ausdehnung; denn sobald sich der Fluss iu seinem SchLangen-
laufe wieder von ihnen abwendet, sind sie gänzlich ununterbrochen grün mit Prai-
rie-Gräsern bewachsen. Man erreicht nuu die Stelle, wo vor den Hügeln schöne
Gebüsche und Waldung sich erheben und der Wakonda-Bach sich in den Missouri
öffnet. Die Hügel waren frisch grün bewachsen, und auf dem einen derselben erblickte
man eine kleine kegelförmige Erhöhung, welche das Grab des berühmten
Omäha-Chefs Waschinga-Sähba (des schwarzen Vogels) ist. In J am e s Beschreibung
von Major L o n g s Expedition nach den Rocky-Mountains » ) findet man umständliche
Nachrichten vou diesem merkwürdigen, mächtigen, den Weissen zuge-
* ) Vol. I. pag. 2 0 4 aucb B r a d b u r y 1. c. pag. (¡3.
thauen Chef, welcher durch Arsenik sich in Ansehen zu setzen wusste und für
einen Zauberer galt, indem er seine Feinde und Rivale zu rechter Zeit aus dem
Wege räumte. Eine Blatter - Epidemie raffte ihn und einen grossen Theil seiner
Nation im Jahre 1 8 0 0 hinweg, uud man beerdigte ihn auf einem lebenden
Maulthiere sitzend in aufrechter Stellung auf der Spitze eines grünen Hügels am
Wakonda-Creek. Noch sterbend gab er den Befehl, man solle ihn auf jener Höhe
mit dem Gesichte nach dem Lande der Weissen gewendet, beerdigen. Seitdem
wurden die Omahas auch durch ihre Feinde, die Dacotas (Sioux) und die Saukis
uud Foxes dergestalt vermindert, dass sie jetzt zur Ohnmacht und ünbedeutendheit
herab gesunken sind, und nur 3 - bis 4 0 0 Krieger stellen können. Waschiuga-
Sähba war von seinen Leuten so sehr gefürchtet, dass es selbst niemand wagte
ihn aufzuwecken, wenn er schlief; man soll ihn alsdann mit einem Grashalme in
der Nase gekitzelt haben. Der jetzige Hauptchef der Omaha-Nation ist Ongpa-
Tänga (das grosse E lk ) , von welchem Godman in seiner Natural-History ein
ähnliches Bild gegeben hat. E r lebt am Horn-River, der sich in den La Platte
etwa 3 0 Meilen über dessen Mündung ergiesst.
Um 13 Uhr 77° Fahr. — Wir erreichten malerische Kalksteinwäude am Ufer,
au welchen Laubholz mit Nadelholz gemischt stand. Grosse Stellen derselben waren
gänzlich mit Schwalbennestern bedeckt, deren Bewohner indessen noch nicht
zurückgekehrt zu seyn schienen; man bemerkte noch keine einzige Schwalbe. An
einem kleinen Bache hatten wir heute die ersten Spuren der Biber gesehen, einen
abgenagten umgeknickt daliegenden Baum. Au einer Holzablagerung trieben wir
eine wilde Gans von ihrem Neste auf, welches sie ängstlich umflog uud aus welchem
auch sogleich die sich eiiigefuudenen Krähen die stark bebrüteten Eier her-
ausbolten. Vor der Dämmerung legte man an dem Sandstrande vor dem hohen
üferwalde an, und die Leute hieben Brandholz. Ein grosses Feuer loderte bald
auf und wir alle vertheilten uns in der Umgegend. Der Wald war dicht, der Boden
gedrängt mit hohem Schachtelhalm u. a. Pflanzen überzogen, wo man keiue
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