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Später liess er dem Herrn M itc h ill sagen: „ e r müsse hiiians um seinen Verwandten
zu rächen, dessen Leiche er nicht sehen wolle, damit sie aber in gute Hände
komme, wolle er sie dem Herrn M itc h ill znm Geschenke macheu, der sie beerdigen
möge»). Da die Ermordung des Indianers eine Folge der Beleidigungen war,
w e l c h e N in o c h -K iä iu bei Gelegenheit von M a rtin s Tod den Blood-Indians zugefügt
hatte, so konnte mau das angenehme Geschenk nicht wohl ablehoen, und
wir durften nur mit Vorsicht das Fort verlassen, da die Blood-Iiidinns feindlich
gegen uns gesinnt waren.
Am 17. August früh Morgens vernahm mau das Geheul uud die Klageu der
Indianer im l.ager, uud bald brachte man die Leiche des Ermordeten ln das Fort.
Sie war in Bisouroben fest eingeschnürt and auf eiue Schleife gebunden, die von
eiuem Pferde gezogen wurde. Bin aller Mann, so wie eine Meuge von Weibern
und Kindern der Verwandtschaft folgten heulend und weinend der Leiche. Eine
bejahrte Frau des Gefolges hatte sieh eben znm Zeichen des Schmerzes, eiu Glied
des kleiuen Fingers abgeschnitten und hielt den slark blutenden Stummel in einer
Hand voll Wermutbblätter verborgen. Als unsere Leute zwisclien deu beiden Thoren
des Forts die Leiche von der Schleife abgebunden uud in den indianischen
Baum gebracht hatten, hielt ein junger Mann, Bruder des Bären-Chefs, eine Bede
au die klagenden Verwandten, indem er sagte, „Was klaget ihr und weinet! seht
ich weine nicht! er ist in das andere Land gegangen, und wir können ihn nicht
wieder aufweokeii! aber wenigstens zwei Blood-Indians müssen ihn begleiten and
ihm dort anfwarlen!“ Eiu neugeborenes Kind und der kleine Brnder des Ermordeten
waren ebenfalls in derselben Nacht gestorben, man hatte also drei Leichen zugleich
in dem Forte, uud die Indianer sagten, „der ermordete Brnder habe die
*) Dieses ist etu öfters unter den Indianern vorkommender Gebraucli, avelcher den Weissen immer Geld kostet.
Man muss solche Leichen alsdann anständig auf eigene Kosten beerdigen la ssen, avozu oa-oltene
Decken, Tuch, rothe Farbe ii. a. Artikel erforderlich sind, und die ludianer umgehen dadurch die Noth-
avendigkeit, selbst diese Gegenstände anzuschafTen. Wollte man eia solches Geschenk zuriickaveisen, so
avürde man sich io sehr üblen Credit setzen.
aüderen abgerufeii.“ Da die Leiclie des Indianers lange der freien Luft und der
Sonne ausgesetzt gelegen hatte, so musste uian eilen sie fortzuschaffen und der
Dolmetscher B e r g e r erhielt den unangenehmen Auftrag sie zu bemalen, ihr nach
indianischer Art die besten Kleider auzuziehen und sie aufzuputzen. Beide Indianer
wurden in dasselbe Grab gelegt, in eiue rothe wollene Decke und Bisonhaut
gehüllt, worüber man ein Stück buntes, von Herrn M itc h ill geschenktes Zeug
breitete. Der Boden uud die Seiten der Grube waren mit Brettern ausgesetzt,
auch wurde die Leiche mit Holz bedeckt, Zaumzeuch und Peitsche, so wie einige
andere Kleinigkeiten hinzugethau, und Erde darauf geworfen.
Gegen Mittag desselben Tages sah mau jenseit des Missouri von den Höhen
eine Menge Indianer mit ihren beladenen Hundeschleifen und ihrem ganzen Gepäcke
herab ziehen, es war die vou B e r g e r angekündigle Bande der Piekanns. Einige
dieser Leute kamen bald als Vorläufer schön aufgeputzt an, von welchen einer das
Zeichen der Krähen-Bande oder Corbeaux (Mastöhpate) iu der Hand trug. Mit
ihnen kam auch N iiio c h -K iä iu , der jetzt beständig davon redete, nacb einem
kleinen jenseit des Flusses gelegenen Lager der Blood-Indians geben zu wollen,
um dort Rache zu nehmen; allein dennoch immer bei uns blieb. Sein Bruder, der
ebenfalls viel Lärm machte, gieng mit geladener Pistole im Forte umher und hat
endlich Herrn M itc h ill, ihn über den Fluss setzen zu lassen, da man zwei Blood-
Indians gesehen zu hahen glaube, welche er erschiessen wolle, worauf ihm Mitc
h ill sehr ruhig antwortete, „wenn er die Absicht habe jemand zu tödten, so
w'erde er ihm dazu nicbt behülflich seyn.“ M t dem Ausdrucke heftiger Gemüths-
bewegung bestieg der Indianer darauf sein Pferd und jagte davon, um wie sieb
der Chef ausdrückte, „durch den Tod eines K ä h n a vorerst sein Herz zu beruhigen;
indem man später immer noch den eigentlichen Mörder erschiessen könne.“
Der alte Onkel des Chefs, N a to i e - P o ö c h s e n » ) (das Wort des Lebens, la pa-
Deutsch aiiszuspreclien.