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Es ist das cliarakteristische Merkmal der Algen, dass sie, rein
oder vermengt, immer Chlorophyll enthalten, und in Folge dessen
befähigt sind, zu a s s i m i l i r e n , d. h. aus den Elementen Kohlen:
Stoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff, welche in dem umgebenden
Medium in verschiedenen, zumeist unorganischen Verbindungen
vorhanden sind, unter Mitwirkung gewisser Salze und unter dem Einflüsse
des Sonnenlichtes organische Verbindungen, vorzüglich Stärke
und Eiweissstoffe, zu bilden. Hierin liegt der alleinige Un t e r s c h i e d
de r Algen von d e n P i l z e n , da letztere niemals Chlorophyll besitzen
und sich also im wesentlichen von organischen Substanzen ernähren
müssen. Dieser Unterschied, obwohl hauptsächlich ein biologischer,
bleibt die alleinige, wenn auch künstliche Grenze, wenn man die
Thallophyten in die beiden Abtheilungen der Algen und Pilze trennen
will, was zu systematischen Zwecken immerhin von Nutzen ist.
Einander durch vegetatives Verhalten und durch die Art der
Fortpflanzung sehr nahe stehende Familien der Algen und der Pilze
sind nur durch jenes Kennzeichen von einander getrennt, z. B. die
ScMzomyoeten Naeg. und SoMzophyceen Cohn, die Chytridiaceen nnd
Protococcaceen, die Saprolegniaceen und Vauoheriaceen, die Zygo-
phyceen Cohn nnd Zygomyoeten Bref. Selbst so nahe Verwandte
finden sich in den beiden Abtheilungen, dass wir sie ohne diesen
Unterschied in der Lebensweise zu einer Familie, ja selbst in eine
und dieselbe Gattung stellen würden, z. B.: die blaugrünen Gattungen
Ghroocoecus, Aphanothece und Merismopedia und die farblosen
Micrococcus, Bacterium und Saraina, oder die blaugrüne 8p{-
rulina und die farblosen Spirochaete und Spirillum.
Nur einige wenige Ausnahmen von dieser Trennung gestatten wir
uns, um nicht ganz nalie Verwandte im System aus einander zu reissen
und zugleich heterogene Formen, die aller Analogie nach auf die
Algen hinweisen, unter die Pilze einzureihen. So wird die Gattung
Beggiatoa zu den Oscillarien gestellt, weil sie deren eigenthümliche
Bewegung zeigt und sich durch nichts als durch ihre Farblosigkeit
von Oscillaria unterscheidet; den Gattungen Crenothrix und Olau-
cothrix weisen wir ihren Platz unter den Algen an, weil sie durch
das Vorhandensein einer Scheide sich von allen Pilzen unterscheiden
und ihren gefärbten Inhalt offenbar nur in Folge der Anpassung
an einen lichtarmen Standort eingebüsst haben. Endlich ist es bei
manchen sehr kleinen Organismen, namentlich Leptothrix- andi Hypheo-
thrix-kviea, unter welchen übrigens gewiss viel fremdartiges
begriffen ist, oft schwer zu entscheiden, ob ihr Inhalt blaugrün
gefärbt oder farblos ist.
Mit dem Vorhandensein des Chlorophylls hängt die Anwesenheit
gewisser Assimilationsprodncte zusammen; daher findet sich in den
meisten Algenzellen S t ä r k e in Gestalt kleiner Körnchen, die sich in
manchen Pallen innerhalb der Chlorophyllkörner, in anderen an der
Peripherie eines in bestimmter Lage befindlichen dichteren Plasmakörpers,
des Amylonkernes (bei den Conjugaten) bilden. Doch
scheinen alle Phycochrom-haltigen Algen und die Bacillarien, sowie
auch manche chlorophyllgrOne Algen (z. B, Vaucheria) keine Stärke
zu enthalten, sondern O e l als erstes Assimilationsproduct zu
bilden.
So wie die Abgrenzung der Algen gegen die Pilze eine durchaus
künstliche, so ist auch die gegen d ie n i e d e r s t e n T h i e r e nur
dann genau durchzufüliren, wenn man sich entscheidet, gewisse
Familien von Organismen, deren Stellung zweifelhaft ist, insbesondere
die gewöhnlich den Protozoen zugezählte Gruppe der Flagellaten
dem einen oder dem ändern der beiden Reiche zuzuweisen. Zwar
sind durch eine Charakteristik der Algen als cblorophyllhaltige Thal-
lopbytcn diejenigen Organismen von zweifelhafter Stellung ausgeschlossen,
welche des Chlorophylls entbehren, allein die Anwesenheit
desselben bei manchen Thieren (Ophrydium, Spongilla, Hydra) verbietet,
in der Anwesenheit oder dem Fehlen dieses Farbstoffes ein
durchgreifendes Kriterium zu finden. Selbstständige Bewegung zeigen
aber auch die Algen durchaus häufig. Den grössten Theil ihres
Lebens mit einer eigenthümliclien gleitenden, in ihren Ursachen nocli
nicht aufgeklärten Bewegung begabt sind viele BaciUariaceen] eine
complicirte, auf Drehung um die Padenaxe beruhende Ortsbewegung
zeigen die Oscillarien und ihre Verwandten, welche sich vorwärts
und rückwärts schrauben; die Portpflanzungsorgane der meisten
cblorophyllgrünen Algen sind mit Flimmerfäden ausgerüstet, zu selbstständiger
Ortaveränderung befähigt, sodass die Mehrzahl aller Algen
zum Zwecke der Verbreitung der Art auf irgend eine Weise mit
aotiver Bewegung begabt, nur wenige auf passiven Transport durch
das sie umgebende Wasser angewiesen erscheinen (Zygosporeen,
Florideen). Andere sind während der ganzen Dauer ihres Lebens
durch Flimmerfäden bewegt (Volvox und Verwandte), verhalten sich
aber doch in ihrer Fortpflanzung nicht wie Thiere, und werden deshalb
mit Recht zu den Algen gestellt. Die durch ihre Ausrüstung mit
Plimmerfäden beweglichen Fortpflanzungszellen (Sc hwä rmz e l l en ,
Zoospor en) der Algen verhalten sich auch in ihrer übrigen Organisation
Protozoen-ähnWdh-. sie besitzen einen Leib aus contraotilem Protoplasma
ohne Zellhaut, oft eine oder mehrere contractile Vacuolen,