Von der geographischen Verbreitung der Algen, insbesondere der
schlesischen, ein auch nur einigermassen befriedigendes Bild zu con-
struiren, ist zur Zeit unmöglich, weil diese Pflanzen noch viel zu
wenig genau gekannt sind, als dass man über die Begrenzung und
Benennung der Arten, und noch viel weniger über die Stellen des
Vorkommens derselben, im Klaren wäre. Wenige Theile Deutschlands
sind in phycologischer Hinsicht so durchforscht, dass man den
Verbreitungsbezirk der einzelnen Arten auch nur im Grossen und
Ganzen feststellen könnte; Schlesien gehört zu diesen Gegenden
nicht: nur einzelne zerstreute Striche unserer Provinz genossen den
Vorzug, von Phycologen durchsucht zu werden, einige andere erhielten
nur flüchtige Besuche, von manchen sind einzelne Vorkommnisse
bekannt — bei weitem der grösste Theil Schlesiens ist terra in-
cognita. Dies gilt auch fast vom gesammten schlesischen Gebirge,
welches bei seinem nicht bedeutenden Wasserreichthum zwar nicht
übermässig reich an Algen sein mag, aber sicher der ungehobenen
Schätze noch viele birgt. Nur die Umgebungen von Breslau und
Strehlen sind genauer bekannt; erstere durch Wimm e r , Cohn,
Hi l s e und L o n g , letztere in Folge der anhaltenden und höchst
erfolgreichen Bemühungen von B l e i s c h und Hi l se. Die Bacilla-
riaceen von Poln.-Wartenberg und Umgegend sammelte Dr. T h a l he
im, Bunzlau’s Umgebungen, besonders Gr.-Krausche, wurden von
Prof. Dr. J u l i u s Kü h n durchsucht, Dr. P e o k sammelte Algen in
der Gegend von Görlitz, v. F l o t ow wandte um Hirschberg und in
den nächstliegenden Bergen auch dieser Abtheilung der Kryptogamen
seine Aufmerksamkeit zu. Ferner wurden durch J a n i s c h
einzelne BaciUariaceen der Gleiwitzer Gegend bekannt; Hi l s e
durchforschte einzelne Stellen der Umgegend von Löwen, Fa lkenberg,
Llegnitz, Beichenbach, Steinkunzendorf a. d. Eule, und
brachte Beute aus dem Aupegrund, Melzergrund, von der Hohen
Eule, den Seefeldern bei Reinerz und von der Iserwiese. Der Grosse
und Kleine Teich im Riesengebirge wurden von R ab e n hör st und
J. Kü h n besucht, die Mitteloppaquelle am Leiterberg im Gesenke
von N a v e . Dazu kommen noch Funde aus dem Grenzgebiet zwischen
Schlesien und Sachsen, die in R a b e n h o r s t ’s Kryptogamenflora
von Sachsen verzeichnet sind, sowie Beiträge aus verschiedenen
Gegenden v o n Go e p p e r t , Mi lde , Cohn, N a v e, Ko rb e r , P r i ngs -
he lm, F r i t z e , L imp r i c h t . Der Verfasser selbst sammelte um
Breslau, Proskau und Tillowitz, im Schlesierthal, im Eulengebirge,
am Wölfelsfall, bei Landeck und auf dem Rücken des Altvaterzuges.
Er verdankt ferner werthvolle Proben, die ihm zur Bestimmung überlassen
wurden: Herrn Geh.-Rath Go e p p e r t , welcher sein reichhaltiges
Algen-Herbar zur Durchsicht hergab; Herrn Dr. L on g
Proben von den Elbquellen, Weckelsdorf und Grüssau; Herrn Dr.
S ch r o e t e r von Bralin, Kr. Poln.-Wartenberg; Herrn Cand. phil.
K r a us e vom Grossen Teich, der Neuen Schlesischen Baude, Stons-
dorf und Arnsdorf; Frl. L a u r a Ki r c h n e r von den Bergen um
Silberberg.
Die Belege für die angegebenen Fundorte finden sich in den
Sammlungen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur,
des Pfianzenphysiologischen Instituts der K. Universität in Breslau,
ferner in den Privatsammlungen von Herrn Geh.-Rath Go e p p e r t ,
Sanitätsrath Dr. Bl e i sch, Prof. Dr. J. K ü h n , Dr. T h a l h e i m
und des Verfassers. Viele Originalexemplare wurden auch in B a b e n hor
s t : Die Algen Sachsens resp. Mitteleuropas, und: Algen Europas
ausgegeben.
Aus der gegebenen üebersicht ist zu ersehen, dass diejenigen
Stellen in Schlesien, an welchen, gründlich oder nur flüchtig, Algen
gesammelt wurden, sich wie Oasen in einer grossen Wüste ausnehmen,
dass also eine Algen-Flora von Schlesien znr Zeit noch grosse Lücken
aufweisen muss und dass über die geographische Verbreitung der
schlesischen Algen so gut wie gar nichts Bestimmtes gesagt werden
kann.
Versucht man die Stellung Schlesiens in Bezug auf seine Algenflora
gegenüber Europa und Deutschland zu bestimmen, so begegnet
man, weil die Begrenzung der einzelnen Arten in keiner Pflanzenabtheilung
so schwankend ist, wie hier, den grössten Schwierigkeiten. Um
einigermassen den relativen Reichthiim Schlesiens an Algen zu kennzeichnen,
ist ein Vergleich mit dem in R a b e n h o r s t ’s Flora Europaea
Algarum bei der von diesem Autor angenommenen Artenbegrenzung
das einzige Benützbare. Mit Ausschluss der im salzigen und brackischen
Wasser vorkommenden führt Ra b e n h o r s t 1988 europäische Algen-
Species an, wovon sich 1656 im Gebiete der K o c h ’sehen/Sz/wqpsis
der Deutschen und Schweizer Flora, also in Deutschland, Deutsch-
Oesterreich und der Schweiz, vorfinden. Von diesen Raben-
h o r s t ’schen Arten, deren Begrenzung der Bequemlichkeit wegen
ziemlich allgemein beibehalten wird, sind in Schlesien 762, oder
38,4 g der europäischen und 45,9 g der deutschen Algen aufgefunden
worden.
Dazu kommt noch eine bei Ra b e n h ö r s t als nicht europäisch
aufgeführte Art, Micrasterias Wallichü Grun., und folgende 31 bei
ihm noch nicht aufgenommene Arten: Ghaetonema irreguläre Nowa