Fino ..wie reicl.c Anwc.lm.g erhielt, die Lehre von den Infusorien im Jahre 1835 durcli Verglei-
,.h.n,"on ,lcr Verhältnisse der GaUionella ferruginea. Den prismatischen 2sehaaligen harten nnd spröden
Masa^tigen Panzer der Baeillarien hatte ieh schon 1830 .n,n Abtl,eih,nss,rnndc benutzt. IVITZ.N«. n.terl
a n t c Entdcknn,, dass er ans wirklicher Kieselerde bestehe, vvnrde 1834, von n.ir nnd II. ROSE besta-
U-r »erliner AUaden.ie angezeigt nnd noch n.einer Abhandlung von 1833 p. 319. zugefügt. Durch Erkennen
der für Eisenocker oder eine, zuletzt Lyngt.ja ochraceu genannte, Ptlanze gehaltenen rostgelbe..
Flocken der S.n..pflHchcn als eine kieselhaltige Gallionella trat der Gedanke nahe, dass dAs Rasenc.sen
ein organisches Pro.luct seyn n.oge. Die bekannten chemische.. Analyse.. bes«..stigte„ es, „..d e.ne frühere
Anwesenheit in der Gegend vo.. Eger und Carlsbad le..kte meine Ideen auf ,,e..c e.senhalt.gen M.nera wasser
gleichzeitig aber auf die ebcfalls oft stark Ocker u.ul Erden absetzenden Soolwässer. Z.. gle.cher Ze.t
L-hat ich ...ir daher im Frühjahr 1836 vom Hern. Gehein.e.. Ober-Bergrath KARSTEN d.e /.usend....g von
de.. Absätzen sän.n.tlicher Soohvi.sser der Preuss. Mo..arehie, nnd Herr D.-. PA^TOET ... Beri... verschaffte
...ir auf mei.. Ansuchen die Bekan,.tschnft des Herrn Fabrikbesitzers F.scnEn i.. Pirke..ham...er be. Carlsbad
durch dessen Güte ich am 25. April ei..ige FlUschchen ...it Carlsbader ft..eUschlciu. erhielt, dessen z..... The.l
nene, zn.n Theil nur aus Meerwasser bekannte, L.fusorienformen meine Anf...erksa„d.eit im hohen Grade ste.-
gertcn (s. Berichte der Berliner Akade.nie, 1836. p. 32.). Er selbst nahm bei sei..er bald dara..f erfolgen-
L . . A..wesenheit i.. Berli.. ,.nd der von n.ir ihm gegebenen Ansicht der Formen den lebhattesten Antl.e.l
nnd versprach, sich dieser Untersuchungen in sei..er Ileimath tl.ätig anzu..ehu.en. In. Jnni, bald ..ach se.-
,.er Rückkehr, sandte n.ir Herr F.scnER etwas von der kieselguhrähnliche.. Substanz des Torf.noores von
Fra..zensbad bei Eger mit den. Bemerken, dass sie ausschliesslich aus den Panzern vo.. Naviaulm zu bestehen
und der fcerbeständigc Rückstand des stelleuweis ausgeglühte.. Moorbodc.s zu seyn sche.ne, zu-
"leich mit den. Ersuchen, die Thierformen zu bestin.n.en nnd das Res..ltat zu publiciren. Letzteres geschah
am 27 Juni in der Sitzung der physikalisch-matl.en.atischen Classe der Beri. Akademie d. Wiss., und ,ci.
theilte nach den angestellte.. Unters..ch,mgen .nit, dass nicht bloss die kieselguhrähnliche Masse von Fran-
/ensbad, wie der SH...pfockcr, so..dern ancl. der anerkannte, von KLAPROTII analysirte, Kieseiguhr von Isle
de France und das vo.. demselben analysirte Bergmehl vo.. Sm.ta Fiora i.. Toscana ganz ans erken..baren
i r t e . , von Bacillaricschaalen bestehen, dere.. Arten ich aufzählte (s. Berichte der Beri. Akad. 1830. p. 50.)
Nach wenig Tagen, scho.. a... 30. Juni, nachdem ici. n.ei.ie A..f.nerksa...keit a..f die Polircrden nnd Tr.pel
g e w c d e t hatte, theilte ich der Akademie die gewonnene neue Beobacht....g n.it, dass der Pol.rsch.efer von
Bilin, welcher als Blättertripel oder Silbertripel im Ha.idcl ist u..d ein grosses geognostisches Lager .n B.l.n bddet,
ebenfalls ganzaus erlcen.ibare.. Bacillarienscbaalen gebildet sey, und auch der Klebscbiefer des Me...lmonta..t
davon Sp..re.. zeige (s. Berichte d. Beri. Akad. 1836. p. 55.). Im August entdeckte ich die gleichen Verl,
ält..isse des Casseler ..nd Planitzer Polirschiefers und auch die Bildung des Halbopals u..d Sm.gsch.efers
aus Infusorien, wozu theils das Königliche Mineralien-Cabinet, theils eine beso..dere Nebenreise Herrn VON
HI«..OL..TS nach Bili., mir reichhaltiges Material übergebe., hatte. Die Halbopale des Porphyrs ,md Serpentins
..nd die Fenerstei..e der Kreide zeigten in sich Pyxidicnlm als n.ikroskopisci.e Organ.smen (p. 83.).
A..f einer im Septen.ber nnternommenen Reise nach Jena fa..d ich in Delitzsch die Xantl.id.en
nnd Peridinien der Feuersteine als noch ausgezeichnetere I..f..sorien-Forme.., nnd hielt in der Versamm-
Un.g der deutschen Naturforscher zu Jena einen Vortrag über die neuesten Fortschritte in der Erkcntn.ss
der Infusorien als Felsmassen (s. Amtlich. Bericht liber die Vers. d. deutsch. Naturf. zu Jena, 1836. p. 69.).
Specieller erläuterte ich die mikroskopischen Feuerstein - Organismen, besonders auch die Algen, in e.nem
Vortrage vor der Berliner Akademie am 12. Dec. (s. Bericht d. Beri. Akad. 1836. p. 114 ). Im Jahre 1837
sind dann in den Monatsberichten der Berliner Akademie am 9. Febn.ar die essbaren Infusorien-Erden vo..
Degernfors angezeigt. In der Sitzung der Berliner naturforsch. Gesellsch. am 21. März wurde der Kieselguhr
von Kymmene Gard in Finnland vorgelegt (s. W.EGMANN-S Archiv, 1837. I. p. 277.). Die Infusorien
des Polirschiefers von Oran w..rden am 13. April der Beri. Akad. a..gezeigt. An. 20. Jnli wurde das Massenverhält..
iss der jetzt lebenden Kieselinfusorien erläutert und der Polirschiefer von Jastraba bezeichnet.
An. 11. Dceen.bcr wurde die 6monatliche Beobachtung der lebenden Damn.erde a..gezeigt, das Dendrosorna
radians und die Knospenpaarung der Closterien beschrieben; am 21. Deeember ist das über 28 Fuss mächtige
Lager der Infusorien in der Lüneburger Haide cria.itert worden (s. Berichte der Beri. Akad. 1837.). Eine
Zusammenstellung der fossilen Erscheinungen bis 1837 ist ans den Abliandl. d. Beri. Akad. von 1836 unter
dem Titel: „Die fossilen Infusorien nnd die lebende Dammerde" in we..ig E.xemplaren besonders abgedruckt.
Seitdem sind neue Infusorien-Lager im See Lilll.agsjon und bei Loka in Schweden, ferner bei Savitaipal
in Finnland beobachtet (s. Berichte d. Beri. Akad. 11. Januar 1838.). Ferner ist bei Zamnto in Ungar., ein
Infusorien-Conglomérat als Polirschiefer, auf Isle de Bourbon eine Infusorien-Erde und auf Lnçon der Pl.ixin
lippinen ein Kieselgulir aus Infusorien, bei Kliecken im Dessanischen aber eine essbare Infusorien-Erde beobachtet
(s. ebenda Ju..i 1838.), so dass die Zahl der fossilen I..fnsorien-Arten jetzt 103 beträgt und eine
überaus grosse, die ganze Erde n.nfassende, Verbreitu.ig vor A..gen liegt.
Wen., ni... auch die jetzige schärfere Beobachtung die früher an den I.ifnsorieu bewunderten vorn erwähnten
Eigenschaften sänn..tlich als unerwiesen und ..nbegründet hat erken.ien lassen, wie es an den betretfendcn
Orten specieller erläutert wird, so hat sich doch eine grosse Reihe höchst merkwürdiger Eigenschaften
und Verhältnisse d..rch eine genauere Nachforschung bestätigen oder entdecke., lassen, welche
zun. Theil ein grosses physiologisches Interesse wirklich in Anspruch nelnnen. Folgendes ist die Uebersicht
der i.n Texte abgehandelte.., begründeten und besonders merkwürdigen Eigenschaften und Verhält.iisse der
Infusorien:
1) Alle Infusorien sind organisirte, znm grossen Tlieil, walirsclieinlich alle, liocli organisirte Tliiere. Dass alle mikroskoliisclicn
Organismen nur Tliiere, nicht Pflanzen würcn, wie BUFFON meinte, ist irrig; viele Pllanzen bc-stehen deullicli ans mikroskopisclien
Einzelfortnen.
2) Die Infusorien bilden 2 ganz iiatiirliclic Tbierclassen nach ihrer Stmetiir, lassen sich nach der Strnctnr wissenschaftlich
abthcilen nnd erlanben keine Vereinigung ihrer Formen in gleiclien Gattungen oder Familien mit grosseren Thieren, so ähnlieh sie auch
oft erscheinen.
3) Die Existenz von Infusorien ist in 4 Welttheilen und im Meere nachgewiesen, nnd einzelne Arten sind in den entferntesten
Erdgegenden dieselben.
4) Die geographische Yerbreitnng der Infusorien anf der Erde folgt den schon hei andern Naturkörjiern erkannten Gesetzen.
Nach Süden hin giebt es in andern Wcltgegenden stellvertretende aliweichende Formen mehr als nach Westen nnd Osten, aber sie fcTilen
nirgends, anch betrifft die climatische Verschiedenheit der Form nicht bloss die grösseren. , Im Meerwasser und Salzwasser leben
zahlreich andere Formen, als im Flusswasser, viele aber sind dieselben und gewöhnen sich an verschiedene sehr abweichende Vcrhiilliiisse.
5) Die meisten Infusorien sind dem blossen Ango unsichtbar, viele sind aber als bewegte Pünktchen sichtbar und bei keinem
übersteigt die Körjiergrösse eine Linie. Die Organisation aller ohne Ansnahme ist für das blosse Auge völlig unsichibar.
6) Die unsichtbaren kleinen Infusorien färben durch ihre zahllosen dicht gedrängten Mengen ausgedehnte Wassermassen mit
auffallenden Farben.
7 ) Sie verursachen, an sich unsichtbar, eine Art des Meeresleuchtens durch eigene Lichtentwickelung.
8) Sie bilden, einzeln unsichtbar, eine Art der Dammcrde durch dicht gedrängte lebende Massen.
9) Da zu 1 Cubikzoll Erde oft mehr als 41000 Millionen einzelner Thiere gehören, so geben die Infusorien die griis-sten
numerischen bekannten Verhältnisse des selbstständigcn Lebens, sie bilden die Hanjitzahl, vielleicht die Hauptmasse der thierisch belebten
Organismen auf der Erde.
10) Die Infusorien haben die in der gesammten organischen Natur bis jetzt bekannte grösste zeugende Kraft. Bei ihnen
ist die Möglichkeit zur Vervielfältigung des Einzelnen bis zu einer Million in wenig Stunden. Da eine Yorticelle oder Bacillarie sich
binnen 1 Stunde theilt und nach Zwischenzeit von 1 Stunde wieder theilt, also in 3 Stunden aus einem 4 werden und in 5 Stunden
ans einem 8, in 7 Stunden ans einem 16, so ist es möglich, dass in je 24 Stunden 4096 Einzeltliiere ans 1, in 48 Stunden oder
2 Tagen aber 8 Millionen nnd in 4 Tagen 140 Billionen werden. Im Biliiicr Polirschiefer bilden nngefiihr 41000 Millionen (iallionellen
innner 1 Cubikzoll Stein, daher etwa 70 Billionen 1 Cubikfuss (1728 C. Zoll = 1 C. Fuss). Mithin könnte ein Thicrchen
durch blosse Selbstthcilung in 4 Tagen möglicherweise 2 Cnbikfnss Stein bilden. Diese so gleichmässig fortgesetzte Prodnctivität scheint
durch andere äussere Bedingungen zwar sehr gehindert zu seyn, aber so viel Kraft ist in ihnen schlummernd ohne Uebertreihung vorhanden.
So blühen die Bäume überschwenglich nnd tragen nnr mässige, oft keine Früchte!
11) Die beobachtete Fortpflanzung der Infusorien durch Selbsttheilnng giebt eine, alle Berechnung möglicher Zerstörung des
Individuums aufhebende, mögliche Erhaltung nnd Verbreitung derselben in Meeren und Lüften, welche poetisch genug au Unsterblichkeit
und ewige Jugend grenzt. Jlan theile sich in zahllose immer nene Theile, um zahllose Jahre zn leben nnd jung zn sejn. (S. p. 290.)
12) Die Knospcnpaarnng, welche vielleicht doch das noch ungelöste polj embryonische Räthscl aller Pflanzcnsamen und Pflanzenbildnng
einschliesst (alle Bäume, Sträuchcr und Pflanzen sind offenbar den Corallenstöcken ähnliche Blüthenstöcke, vergl. de Myceiogeiiesi,
1820. ) , liegt auch bei den Spindelthierchen am Tage.
13) Die Infusorien bilden dnrch ihre Kiesclschaalen unzerstörbare Erden, Steine und Felsmassen, welche, die Geschichte des
Menschen schon jetzt weit überragend, vielleicht einst zn, alle kalkigen, leichter zerstörbaren Organismenreste überragenden, Denksteinen
der Erdbilduug werden.
14) Man kann aus unsichtbaren Infusorien mit Kalk oder Soda Glas bereiten, kann schwimmende Ziegelsteine ans ihnen fertigen,
sie als Feuersteine benutzen, wahrscheinlich Eisen aus ihnen bereiten, mit ihnen als Tripel Silber poliren nnd formen, als Ocker
färben nnd als Moder und Dammerde düngen, auch aus ihnen gebildetes Beigmehl gegen den Hunger als unschädliche Füllung anwenden.
15) Die unsichtbaren Infusorien schaden zuweilen und allein, wie es scheint, durch Tödten der Fische in Teichen, durch
Verschlämmen des klaren Wassers, dnrch Suinpfgernch und durch Schreck abergläubischer Menschen. Dass sie die Snmpflieber, Pest und
andere Krankheiten bedingen, ist unwahrscheinlich und nie glaubwürdig nachgewiesen. Bei der Cholera in Beriin 1832 sah ich keine
ausserordentlichen Ersclicinungcn in den Gewässern, noch in der Atinosiihäre. Zwar giebt es sehr kleine KrätzmUben nnd Eitcrmilhen,
aber vom Baal-Schub und der Pestfliege der Orientalen an bis zur Furia infernalh LINME'S nnd dem Cholerathierchen ist alles bisher
unerwiesene Behanptnng und Aberglanbe.
16) Die Infusorien sind, so weit die Beobachtung reicht, schlaflos.
17) Die Infusorien zerflicssen thcilwcis beim Eierlegen nnd verändern dadurch passiv mannigfach die Form.
18) Die Infusorien bilden unsichtbare Eingeweidewürmer vieler Thiere nnd des Menschen, auch wenn man die Spermatozocn
von ihnen ansscblicsst.
d