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Nachtrag zur Gattung Glaucoma.
Vielleicht ist M ü l l e r ' s Leucophra noduinfa eine Art dieser Gattung. Gl e i c h e n sagt (Infiisionstli. p. 151.): er lialie
das zitternde Organ auch beim Knoi i f thierchen des Regenwiirms gesehen, und Mü i l e r hält diess für einerlei mit seinen Thierchcn
aus der Nah der Ostsee. Es gieht also wohl noch ein Gl. nodulatum und jntcithiale. Das Insect mit den .Flossfedern von I h o e n -
iiousz (Vermischte Schriften, TT. p. 166. 1784.) «or wohl CycUdium Glaucoma zwischen Eugleuen.i" (Vergi. OjcUd. Glaucoma.)
H U N D E R T S E C H Z E H N T E GATTUNG: SEITENSCHNABEL.
C t a i l o d o n . Cbilodon.
CHARACTER: Animal e Trachclinorum familia, corpore untlique ciliato, ore dentium fascicnluin tubjilosnm
includentc, fronte in labium Inte mcmbranaceum aut auriculatnui (oblique rostratum)
producta.
CARACTERE: Animal de la famille des Trachéliens, ayant le corps cilié de tous côtés, la bouche
remplie d un faisceau tubuleux de dents et le front avançant en fornw dune lèvre
élargie membraneuse ou garnie d'une oreillette en foiine de bec latéral.
Die Gattung der Seltenscbnilbel unterscheidet man in der Familie der Halsthierchen durch überall
bewimperten Körper, durch einen, mit einem hohlen rohrenartigen BUndel von Zähnen ausgekleideten, Mund
uud durch eine vorstehende, breite, ein seitliches Ohr oder einen Schnabel bildende, stirnartige Lippe.
Die Gattung wurde 1831 mit einer Art gegründet, aber 1832 mit 2 Arten versehen; jetzt bat sie
deren 4. Die ersten Formen scheint schon L e e c w e x h o e k in dem Chilodon Cucullulus gekannt zu haben,
welches eine der verbreitetsten Infusorienformen ist, alle übrigen Arten sind von mir erst seit 1832 entdeckt.
Die erste Abbildung des Chil. Cucullulus gab ein Anonj'mus 1703 in England, diese copirte H i l l
und nannte sie 1751 mit dem ersten systematischen Namen Paramecium secundum. Dieselbe Form nannte
dann E l l i s 1769 Volvox Tort/uilla. Mü l l e r gab 1786 den systematischen Namen Kolpoda Cucullulus,
und B o r v nannte sie Paramaecitmi kolpodinum, vielleicht auch Plagiotricha aurantia. Ich nannte sie
1830 Loxodes, aber 1833 Chilodon, weil nur bei dieser Art der Gattung Loxodes sich Zähne fanden.
(Vergl. Chil. Cucullulus.) — Die Organisation ist sehr vollständig ermittelt. Viele Längsreihen von Wimpern
dienen als Bewegnngsorgane. — Als Ernährungsorganismus sind ein gerader Darmcanal mit tranbenforniig
ansitzenden vielen Speisebeuteln (Magen) bei einer Art, letztere allein bei allen anschaulich geworden.
Der Mund liegt nicht am vordem Kürperende, sondern am Grunde einer vorragenden breiten meist häutigen
Lippe, und zeichnet sich durch eine röhrenartige Auskleidung von dicht aneinander liegenden Stäbclien aus,
welche härter als die übrigen Korpertlieile sind, und deren Rölire zur Aufnahme der Nahrung dient. Es ist
offenbar ein Fischreusen- oder Moos-Peristom-ähnlicher Cylinder von Zälmen. Die Answurfsstelle ist direct
beobaclitet und die Magen wurden schon 1830 als Farbestoffe aufnelimend bezeichnet. — Als Sexualorgane
sind Eikörnchen bei 3 Arten, eine runde oder ovale Sexualdrüse bei allen 4, und contractile Blasen bei 3
Arten direct erkannt. Von letzteren zeigten Ch. Cucullulus 3, Ch. aureus und ornatus eine, die bei der
letzten Art, wie bei Nassula ornata, am Rande geperlt ist. Nur bei Einer Art ist ftueer- und Längstheilung
beobachtet, diese zuweilen so ungleich, dass es an Knospenbildung grenzte. (Vergl. Loxodes und den
Nachtrag zur Familie der Kolpodinen.)
Die geographische Verbreitung der Gattung ist über ganz Europa bis tief in das sibirische Asien am
Altai bekannt.
4S6. Chilodon Cucullulus, belmartiger Seitenscbnabel. Tafel xxxvi . Fig. VI.
Ch. corpore depresso, ohlongo, utrinqne rotundato, antica dextra parte levius auriculato sive rostrato.
Chilodon Capuchon, à corps déprimé oblong, arrondi aux deux bouts, le front avançant (ui côté
droit en bec ou oreillette lég'ere.
Liuing crealure Uhi a Mussel-gheit, Leeuwknsoek? Philos. Transact . Vol. XI. p. 815. Nr. L.-IS. 1677. (1675.) Arcana Nul. Eiiist.
ad Ho o k i u m , Nov. 16S0. p. 3.Î.? (Selbsttîieilung aïs Begattnng.)
Jnimnlnitit in Dwightll - water Fig. JV., Anonyinns, Philos. Transact . 1703. Nr. 284. p. 1371.
Peines fiuilres, Toiirlerelles, Joblot? Observât, fait, avec le microsc. J718. ((-<1. 11. 1754. P. II. p. 21, 35.) PI- 4. Fjg. p. q. Pl. 5. Fig. 4.
rjcMii,™ 3. j ni,i„ „f als 1,51. (cd. 1773. p. 4.) Tab. I. Copie von 1703.
fnrnnimum 2., ( ' '
Hmj-Wnier Amjiiatcule, slinpe of a Melon, Bakkr, The Microscope made easy, p. 77. 1742. Copie von 1703.
Volvox Torquilln, Ei.lis, Pliilos. Transact . 1769. p. 138. Fig. 2.
KoijWn Cu«j/ius, Mü l l e r . Verininm fUv. hist. p. 58. 1773. zum Theil.
Tlncrehen der Jiotksbnrt-Jnf«sion, SchraskV Bei t räge znr Naturgesch. 1776. p. 17. Taf. I. Fig. 31. (s. Parnmaee. Coljioilii.)
JiùuKile a bteciieno, SPALLAKZANr, Opuscot i Hi F i s ioa aniw. I. p. 187- Tav. II. I''ig- XVI- M. 1776. (s. Olaueomit, Col,wttn IJiie.)
3 3 9 ^
l Mü l l e r , Animale. Infus 1786. p. 105. Tal,. XV. Fig. 7 - 1 1 . nnj p. 185. Tab. XXVI. Fig. 13 — 16.
Taf- XXVIl. Fig. 6, 7. XXVIII. Fig, 5, 8, 9, 10. XXIX. Fig. 3. 1778- Au l e r l e
s i e , 1812. p. ,302. Taf- I- Fig- 8, 12, 14.
» i r e naturel le, 1822,
Kolpoiln CuailMiiSt I
'Frichoda nurnidio?, I
Ovaltliierchen, Gleichen, Infusionstliii
K n t d e o t . 1781, Taf, 48, Fig. 1 -11,
CoIpoJa CucuMiu, Schrakk, Fanna boica, 111. 2. p, 73, 1803,
Ovnilhierche», Griiiïihiises, Bei t räge zur Pliysiogn. v. Kaotogi
Burstirin Cueulus, Bort de St . Vincent, Diction- classitiue d'bii
ParamaeeLm Jolpo.l™, 1 Encyolop. méth. Vers. 1824.
Plrtgiolricha nnrantin!, t
Ci/clidiiim cucidlittiiin, nilimciim, nlhiemia, liulliiliiin, Losana, Memor i e di Tor ino, 1829. Isis, 1832. p. 770-
ioOTto C»cail«i«s, Ahbandl . d. Akademi e d. Wis.ensch. zu Berlin, 18,10, p, 42, 53, 56, 63, 78, Taf, IV. Fig, 111. 1831. p, 109,
150, 1832. p, 4.37. (Kolpodi, Cucidliie.) Isis, 1833, p, 412,
Euodon Cuer.Iii.te, 1 Abhandl. dot Akademie d, Wissensch, zu Ber l in, 1833, p, 169, 174, 176, 287, 322, Taf, II, Fig, I, a - g .
CModon CneMis, i 1835. p. 164, 166. Eriudou war Schreibfehler.
A u f e n t h a l t : In Delft, hoi London, in Paris, Copenhagen, Ingolstadt, Modena, auf dem Greifenstein, in Landshiit, München, Turin,
Berlin, Drobak in tfonvegcn, in Ilezkaja Saschtschita hei Orwdinrg, hei Snieinogorsk und Syrjanofskoi am Altai licoliachtet.
L e e d w e n h o e k ' s Thierchen konnte auch Stylomjchia Mytilus genesen sejn, weil er es sehr gross nennt. Jedenfalls ist
alier%icse von mir in mehr als 100 verschiedenen Infusionen zu allen Jahreszeiten, und frei in den verschiedeusten Verhältnissen von
Berlin his zum Altai Sibiriens heohachtete. Form eine sehr verbreitete, und es ist erlaubt, viele ähnliche Nachrichten und Abbildungen
früherer Beobachter, besonders von Infusionen, eher auf diese als eine andere Form zu beziehen, jedoch kommen bei Infusion.s-Beobachtern
oft Collisionen mit Colpoda Cucullus und Paramecium Colpoda vor, welche sich nicht entscheiden lassen. Den ersten
systematischen Namen gah El l i s , und so sollte die Form Chil. Torr/uilla heissen, allein, da die Siciierlieit der Deutung nicht iinbeorenzt
ist, so habe ich die Aendernng von Mü l l e r s Namen lieher unterlassen. Sclion Leeoweniioek sah bei einer ähnlichen Form
des PfelTcranfgusses die Selbstthcilung nnd hielt sie 1680 für Begattung. Joblot war 1718 (p. 22. 1754.) derselben Meinung in einem
ähnlichen Falle und hielt diese Thierchen für junge Austern. Der Anonymus von 1703 fand .sie in englischen Mistpfützcu, und
Hi l l und Baker co|iirten seine Abbildung. Sp a l l a s z a s i hielt die inncrn Magenblascn fiir Eier und das Zerlliessen für ein (iebären
dieser Eier. Gl e i c h e s unterschied diese Form nicht schart von Colpoda Cucullus und vielen andern, nnd obwohl Gr u i t i i l i -
ses ausdrücklich sagt, er glaube, dass die Formen der Infusorien sich alle in einander verwandelten, so hat er docli rccht gute Alibildnngen
der Längen- und Qneer-ThcUung doch wohl dieser Art gegeben, welche er in Grasinfusion, Speiehclinfnsion nnd in Sumpfwasser"
mit Lmma nnd faulen Conferven bei München immer wieder fand. Schon 1830 gab ich viele Abbildungen dieser Form nnd
ihrer Selbsttheilnng als Loxodes Cucullulus und zeigte die AnfüUuug der Magen mit Indigo, Carmin und Naviculit an. Eine Verstärkung
meines Slikroskops Hess mich 1831 (I. c. p. 150.) die ganz unerwarteten Zähue eines ]iolygastrischcn Tbierehens erkennen,
und ein Freund, dem ich meiue Freude darüber zuerst raittbeilte und den ich zum ersten Zeugen dieser physiologisch wichtigen Beobachtung
nahm, erkannte, dass es nicht blos neben einander liegende Zähne, sondern noch mehr, ein holller Cylinder von Stäbchen sey,
was ich nur hestätigeu konnte (s. Chlamülodon Mnemosyne'). Die Selbsttheilnng wird gewöhnlich in % bis 1 Stunde vollendet,
sobald sie angefangen hat, zuweilen verzögert sie sich auf viele Stunden. Qneertheilung scheint etwas melir Zeit zu bedürfen, nicht
unter 1 Stunde. Die L.ängstheilung geht meist von hinten nach vorn, zuweilen von vorn nach hinten, ist meist zu gleichen, zuweilen
zu ungleichen Theilen; immer theilt sieh erst die mittlere Sexualdrüse. Der gerade traubenartige Ernäbrnugscanal, oft mit vielen und
grossen Naviculis crfiillt, 3 contractile Se.\ualblasen und die grosse ovale Sexualdrüse des mittleren Körpers wurden von mir schon
1833 umständlich hesebricbcu und abgebildet. Auch die Eikörnchen wurden beobachtet. Der farblose, die Speisen in jedem einzelnen
Magen umgehende, Verdauungssaft, sowie die Auswurfsstelle, welche über die Form des Eruährungscanals entscheidet, wurden direct
nachgewiesen, so dass hier wenig hinzuzusetzen ist, aber aUes bestätigt werden kann. Längsreihen der Wimpern zählte ich auf einer
der breiten Flächen 12 bis 18. Im Zahiicylindcr waren 16 Stäbchen oder Zähne za zählen. Derselbe konnte sich vorn erweitern,
um grosse lebende Körper als Speise aufzunehmen, und wenn sie hindurchgeglitten waren, konnte er sich vorn verengen nnd den Rückweg
versperren. Die Zäline dienen nicht znm Zermalmen, sondern zum Festhalten, sind aber offenbar wahre Zähne. Dujardin hat
sie wohl nicht gesehen luid ganz mit Unrecht fiir etwas Unklares anderes gehalten. Das Schwimmen ist ein Gleiten, kein Drehen um
die Längsase. Der convexere Rücken ist, wenn sie an der Oberlläche des Wassers schwimmen oder kriechen, nach unten gekehrt.
Die Wimpern erkennt man in gefärbtem Wasser leicht, die Reihen sieht mau beim Antrocknen. Ich sah ein Thierchcn mit einer verschluckten
Oscillatorie uraherschwimmen, die ihm um das 3facUe seiner Länge noch aus dem JInnde hervorragte, und an der es wie
gespiesst erschien. Es verdaute sie aber nicht, sondern Hess sie nach einiger Zeit wieder fahren. (Vergl. Bursaria:) Im Jahre
1829 fand ich es (vergl. 1830) in Schlangenberg am Altai im Bergwerk, 56 Lachtet tief. Die Zeichnungen der Reise mit Herrn v.
Humboldt passen, bis auf den Mangel der Zähne, sehr wohl. In Dröbak sah ich es 1833 im Seewasser. — Grosse '/ae—Vm Linie.
E r k l ä r u n g der Abbildungen Taf. XXXVL Fig. Vn.
E s sind 24 Darstollcngcn bei 300maliger Liocarvergrössorung. Fig. 1. vom Rücken; Fig. 2. vom Baucbc, Fig. 3. von der Seile; sind grosso
Normalformcn; o' der Mimd, i die contractilen Blasen, t die Sexualdrüse, Fig. 1. mit Indigo gcaübit, zeigt den ganzen Darmvcrhiuf, Fig, 2. ist
im Auswerfen begriffen und ist mit vielen grossen, von Magensaft umgebenen, Naviculit (N. gracilis und Librile) nebst Oscillaloricn ci-milt.
F i g . 3. zeigt die blotcrc dritte contractile Blase, Fig, 4—7. andere kleinere Formen, die Sexualblasen in verschiedener Expansion zeigend. Fig. 8.
ein Exemplar mit linkem Schnabel und rückgebogcner Lippe. Fig. 9. eia ähnliches, wirbelnd, Soitenansicbt. Fig. 1 0 ^ 1 2 , kleiuere Formen, mit
Indigo und Carmin gefilttert, Fig. 13—15, LSngstheilung von hinten nach voru. Fig, 16—18, (lueertheilong; bei beiden hat jedes Dop|icllbier
2 Drüsen, Fig, 19, ungleiche knospeaartige Längslbeilung. Fig. 20, ein mit einer 4mal seine Grösse überragenden Oscillatoric, wie aulgespiesst,
umherlaurendes Thierchcn. Fig. 21—24. Darstellung der Thätigkeit des Zahncyiiaders beim Scblingen.
4 8 9 . Chilodon uncinatus. Uakenartiger Scltensctonatoel. Tafel xxxvi . Fig. vm.
Ch. corpore depresso oblongo, ntrimjne rotundato, antica dextra parte uncinato.
Chilodon crochu, à corps déprimé, oblong, arrondi aux deux bouts, crochu au cité droit du bout
antérieur.
Chilodon iineinuius, Abh
A u f e n t h a l t : Bei Berlin.
dl. d. Akad, il, ' cil. zu Berl in, 1835. p, 164,