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melir festes, oft uiidiirclisiclitiges Büclisclien mit einer einzigen Ocffnung, oder ein Schiisselchen. Zuweilen
soll er etwiis spiralnrtig seyn. Der eigentliche Korper ist eine äusserst vveiclie Gallerte, welclic bestandig
nach verschiedenen Richtungen ans der Panzerölfining hervorzutliessen scheint. — Als Bevvegnngsorganismus
sind bei allen Arten aller Gattungen zarte wechselnde Fortsätze am vordem Körper beobaciitet worden,
welche bald eingezogen, bald vorgesclioben, bald einfach, bald verästet sind. Es sind weder Füsse noch
Fühlhörner, sondern ein eigcntliiimlicher Bcwegungs-Apparat. Oft erscheint er wie kleine Ströme einer
tliessenden Gallerte und ist zuweilen schwer zu erkennen. —• Der Ernährungsorganisums ist als viele innere
Magenblasen bei den 4 Arten der Gattung Arcella und bei Difßngia EnclieJys erkannt, bei den übrigen
4 Arten noch nicht ermittelt. Alle jene haben farbige Nahrungsstoffe aufgenommen, einige haben grosse Bacill
a r i e n verschlungen. — Vom Fortpflanzungsorganismus ist keine deutliche Anschauung, selbst niclit von
Eiern, gewesen. Nur Arcella dentata inid Cyphidium aureolum verdanken wohl ihre Farbe einer Einlasse,
bei den übrigen schien sie nur dem Panzer anzugehören. Selbsttlieihnig und Knospenbildnng fehlen,
doch könnte die erstere, wie bei Vaginicola, innerhalb der Scliaale, ohne deren Theilnahme, stattfinden.
Ob, was ich 1830 bei Arcella vulgaris tur den Mnnd gehalten, nicht vielleicht abwechselnd eine männliche
contractile Blase war, habe ich noch nicht weiter entscheiden kiinncn. Der wahre Mund ist sehr ähnlieh
gestaltet, aber bleibt nie so lange geöffnet. — Nerven und Gefässe sind spurlos unerkannt.
Die geographische Verbreitung der Familie ist in Frankreich, Prenssen und Russland bis nach Tobolsk
in Sibirien beobachtet.
Ganz neuerliehe Untersuchungen haben fossile Verhältnisse vermuthlich dieser Familie hervortreten lassen,
welche in der Gattung Arcella genauer bezeichnet werden.
ü e b e r s i c U t der Gattungen in der Familie der KapseltUierchen:
i r •• J 1- 1 1 ^ .. . , 1 Panz e r ein W e l - niler. tonnenartims Büclisclien . . Diffluffia Veranderhclie Fortsatze stralilenartiff, meist viclstralihs. • c T- . . , c,?,,, •' • l u u s i . i
® I r a n z e r ein Scluisselclien oder Scliildclien . . *
Vcränderliclie Fortsätze breit, nngetlieilt, wie ein Scliiieckenfnss
Arcella
Cyphidium
E I N U N D V I E R Z I G S T E GATTUNG: SCHMELZTHIERCHEN.
D i f f l u ^ i a . Diffln^le.
CHARACTER: Animal e familia Arcellinonim, processibns variabilibus mimerosis aut multiiidis in corporis
antica parte sola, lorica subglobosa aut oblonga (subspiralii) urceoliita.
CARACTERE: Animal de la fatnille des Arcellines, ayant les ajTpendices variables nombreux
ou fendus seiiletnent au bout antérieur et la carapace sphérique ou oblongue {¡fuelquefois
spiralei') urcéoUe.
Die Gattiuig der Sclimclzthierchen gehört zur Familie der Kapseltliierclien und nmfasst diejenigen
Formen derselben, welciie bei strahligen vertinderlichen Fortsätzen ein kugel- oder tonnenartiges, vielleicht
auch spirales Biichschen als Panzer haben.
Die Gattung entdeckte und gründete LÉON LECLERC 1815 a. a. 0. Er gab ihr den sprachwidrig gebildeten
Namen Difflugia (a diffluendö), welcher sich nicht mehr verbessern, aber doch aussprechen lässt
und bezeichnend ist. Er erkannte ganz richtig die Fom> für ein dem Proteus ähnliches Infusionsthier mit
einer Schneckenschaale, und glaubte 2 bis 3 Arten bei Laval unterscheiden zu können. Den Specialnamen
nennt LAMABCK einfach D. proteifamiis, doch vereinigte er die />. aciiminata und vielleicht eine 5te besondere
Art. SCHIVEIGGER erkannte die richtige Stellung nach LECLERC 1820 an; BORY UE ST. VINCENT
scliloss aber die Gattung von den Infusorien aus. In den Abhandlungen der Beriiner Akademie von 1830
wurde ihre Stelle bei den polygastrisclien Infusorien mit 2 Arten durch analoge Formen physiologisch befestigt,
und 1831 ward eine dritte Art ebenda zugefügt. Eine vierte Art wird liier zuerst verzeichnet und
dabei auf die Wahrscheinlichkeit der Existenz einer schon von LECLERC beobachteten 5ten Art aufmerksam
gemacht.
Au Organisation haben die bisherigen Arten wenig mehr als die veränderlichen Bewegungsorgane
erkennen lassen. Der undurchsichtige Panzer hindert die Erkenntniss weiteren Details. Doch hat neuerlich
die wolil hierher gehörige D. Enchelys, deren Panzer durchsichtiger ist, viele innere Magenblascn gezeigt,
woraus sich auf deren Anwesenheit bei den übrigen sehr leicht schliessen lässt. Was LECLERC für Begat-
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tung hielt, kann diese nicht gewesen seyn. Bei D. proteiformis und acuminata ist der Panzer äusserlieh
mit Sandkömclien dicht beklebt, so dass er einer kleinen Phryganeen-Hülse ähnlich erscheint, bei D.
oblonga und Enchelys ist er glatt. LE C L E R C will unter dem Ueberzuge eine spiralförmige Kapsel (Sclmekkenhäuschcn)
beobachtet haben, was mir nicht gelang, vielleicht war es eine besondere Art, die auch wohl
l a t . II. p. 478. Pl. 17. Fis. J. nnd 3. cxel. reliq. 1815.
3 des anim. Hans vert . I. 1815.
1 T l i i e r e , p. 40J. 1820.
JoBLOT schon beobachtet hat.
Die Verbreitung dieser Gattung ist in Frankreich, in Berlin und in Tobolsk in Sibirien beobachtet.
1 4 6 . mjfflugia proteiformis, ve r ä n d e r l i c h e s SchmelKthierclien. Tafel ix. Fig. i.
D. lorica ovata et snligloliosa, lapillis aspera, nigricans ant virescens, dorso rotundata (nee .sjiiralis), 20inain lineac
partem attingens, processibns byalinis singniis denisijuc.
Difflugie protétforme^ a carapacß ovale et presque sphéritfue^ recouverte de petita grains de gabîe^
noirâtre ou verdàtre {sans spirale) ^ égalant Vio millimètre en longueur^ appendices variables
hyalins d'un seul jusf/u'il dix.
Diljtiuiin, LKCIEHC, Mémoirea du Museum d'hist. I
Diffliiifin proteiformis (Limnopolypi), LAMARCK, Systèmi
McUcerta (proleifonnis), OKEN, Isis, 1817. p. 980.
Difflusia proteiformis, SCHWEIGGER 1819. und Haudb. d. Naturgescl l . d. a
Biffttiyia Jnndide? ACH. RICHARD, Diet, classique d'hiat. nat. 1824.
Jlajoiielliie slognomm pultiis, RASPAU, Mémoi r e s de l a soc. d'hist. nat. de P a r i s , IV. 18Î7.
Difii,ii/in (Psi/c/ioJioire), BORY, Diet , class. Art. P sycl iodiai re, p. 333. 1828.
Diffiriffin proteiformis, Abliandl. der Akademie d. Wissenscll. zu Berl in, 1830. p. 40 , 62 , 70. 1831. p. 90.
Tuiidorla sultana? MKTKN, Isi s 1830. p. 187.
Anfentlialt: Bei Laval in Frankreicli, bei Berlin imd bei Tobolsk in Sibiiien beobaciitet.
Unter LECLEHC'S Figuren findet sich die liier bezeieluiete Art selir dentlicli vor. Er beobaclitcte sie bei Laval in klarem
Wasser znisclieii Wasserjillanzen. Ich fand sie bei Berlin seit 1826 sehr liiinlig zwisclien Naviculii im Bodensätze klarer Friiblingsgewässer
nnd zwischen Oscillatorien. Im Jnli 1829 fand ich sie in Tobolsk in Sibirien, VSÜ Linie gross, anf der Reise mit Herrn
T. HDMBOLDT. Im Scjit. 1831 bei Berlin sehr zahlreich unten an den Blättern der Ntjmphaea alba. Im April 1832 nnd im A]jril
1835 fand ich sie zwischen Oscillatoricn besonders häufig. Zuweilen fanden sich in einem Uhrglase voll verdünnten Bodensatzes liiinderte
dieser Thierchcn. Die verschiedenen Meinungen der Beobachter rühren von Mangel an eigener oder von iiiichtiger Beobachtung
her. Ich habe bei dieser Art nie die spirale Krümmung des Büehschcns beobachtet, welche LECLERC angiebt, und halte diess daher
für Character einer andern Ait oder Gattung. Ich zählte bis 6 veränderliche, crystallbellc, schwer sichtbare, aber dicke Fusse, die
sich zuweilen jilötzlich verästeten oder auch sich anf mehr als die Panzerlänge ausdehnten. LECLERC giebt bis 10 an, hat aber bei
dieser Form nur 5 als MaMmum gezeichnet. Die Ortsveränderung ist sehr langsam. Sic erscheinen unter dem Mikroskope gewiibnlich
wie ein rauhes Sandkömclien, das unbeweglich liegt. Die veränderliclien Fortsätze koinincn nach einiger Ruhe erst zum Vorschein.
Grösse bis Vio Linie. LECLERC giebt zwar Vio Linie an, allein das bezieht sich wolil auf D. acuminata, die er verwechselte.
Erklärung der Abbililungen Taf. IX. Fig. L
Es sind 5 Darstellungen von 4 Individuen gemacht. Fig. a., c. 300mal, Fig. e. 380mal vergrüssert.
Fig. a. und b. ist ein und dasselbe Thierchcn, a. von der Seite, b. von hinten gesehen. Fig. c. ist ein anderes von der Seite. Diese 3 sind in Berlin
beobachtet.
Fig. d. und e. sind 2 Zoichnangen, -welche ich in Tobolsk gefertigl habe, 380mal vergrössert.
1 4 3 . Difflugia ohlonga, längliches Scbmelzthierchen. Tafel TS.. Fig. n.
D. lorica ovato-oMonga, dorso rotnudato, laevis, fnscesccns, 18vam lineac partem longa, processibns crassioribus
(paucioribus) hyalinis.
Difflugie oblongue, it carapace ovale ollongue, lisse, brunâtre, a dos arrondi, égalant Va millimètre,
ayant les appendices variables plus épais, moitis nombreux et hyalim.
Difftttffia oblonga, Abliandl. der Akademie d. Wissenscll. zu Berl in, 1831. p. 90.
Aufenthalt: Bei Berlin.
Im Jahre 1831 fand ich diese Form zuerst einzeln in ähnlichcR Verhältnissen als die vorige, nnd habe sie dann öfter gesehen.
Hirer Grösse und Gestalt halber kann sie nicht die abgeriebene oder sandlose vorige Art seyn, auch die dicken, langen und weniger
verästeten, 2- bis 3fachen Fortsätze sprechen dagegen. LECLERC scheint sie unter seinen glatten Formen nicht gehabt zu haben,
weil er denen allen die Spil-ale zuschreibt. — Grösse bis '/is Linie beobachtet.
Erklärung der Abbildungen Tafel IX. Fig. U.
Es sind 4 Formen eines und dessellien Individui dargestellt, alle SOOmal vergrössert.
1 4 8 . Bifflugia acuminata, spitziges Schmelzthierchen. Tafel IX. Fig. ni.
D. lorica ovato-oblonga, dorso acuminato, lapillis aspera, 6tam lineae partem attingens, proccssibus hyalinis.
Difflugie aigue, à carapace ovale ohlongue, aigue au dos, recouverte de petits grains de sable
égalant '/s millimètre, pourvu (Tappettdices hyalins.
Diffiigia ni. sp., LECIÎRC, Mém. du Museum d'hist. nal. I. p. 478. Pl. 17. Fig. 5. 1815.
D.f|i«SÎo acuminata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch, zu Ber l in, 1830. p. 40 , 75. 1831. p. 90.
Aufenthalt: Bei Berlin nnd' bei Laval in Frankreich.