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E r k l ä r u n g der AbliilJuugen Taf. LXIT. Fig. V.
jM'if. f. Uiickenansiclit im Wirlicln; w FussüfTuung im Panzer und DariniifTiiung an Jer Fussbasis. Fig-. 2. ein Junges. Fig. 3. Kiefer. Lincarvergiüsseriinf;
3üünial.
t î O . Plerodina clypeata, schildfi;rmle;cs F l i ige l r adcben. TaM LXiv. Fi». W.
Pi. tcstula membranacea, oljlon^a, marcine ailjçnstiore, lacvî, fronte rolas connccteatc ncc setosa, ncellis a])|iroxirimiis,
P/érodine Bouclier, a carapace membraneuse, oblimgue, h bord étroit et. tisse, le front avançant
entre tes deux roues et saiis soies, les yenx rapprochés.
«, Animalo. Infiisor. p. 339. Tab. X L V I I I . Fie. 11 — 14. 1786.
.CB, Hist. ral. de. anim. ¡an. vert. II. p. 30. 1816.
OK ST. VINCENT, Diction, class. 1823. (Hymhimiiiles.) Ency clop éd. métliod.
1. lier Akademie d. Wissenscli. zn Berlin, 1833. p. 518. nickt dj;.. 1831.
Brnehiünus ciißicntitR, LAMA
'FKILIIILÍNCL/FT CL//PCNLFIF BORY
PIcrodinií c(j/}iL'fifn, A b )i a n <
. 1834. p. MS.
A l l f e n t l i a l t Bei C(i|ienliagen in Dänemark unil bei Wismar in Mecklenburg in iler Ostsee.
MÜLLER fand ilicsc Form znerst im October und November im Seeivasser bei Copenliagen nnd hielt sie sehr ricbtig fiir binreiebeoil
verscbicilen von P f . Patina, weil er aber das Riiilenvcrk nie so stark entwickelt sab, als bei jener, so liat BORY DE ST.
ViscEKT, der sie niebt selbst beobachtet hat, ans dieser Form die licsondero Gattung Testudinella gebildet, welcher der Mangel des
Aiiiierwerkes eben als Character zugeschrieben ist, nnd der er irgend einen Krebs als 2tc Art angeseilt zu haben scheint. Iclt beobachtete
sie im October 1833 im OstsecHasser bei AVismar nnd nahm dergleichen Wasser mit mir iiach Berlin, wo ich sie am 5. November
lebend wiederfand nnd sie sich 14 Tage lang zu zahlreichen Mengen fortjillanzte. Auch bei dieser Art ist der gelliigelte Rand
des Schildes weniger breit, aber glatt, nnd an den Seilen ist er iminer etwas eingerollt. Zwei Räder habe ich sehr deutlicli nnd oft
gesellen. Die Form gleicht durchaus den andern Arten. Den Stirntbcil zwischen den Rädern hat MÜLLER ancli behaart gezeichnet,
allein ich sah ihn glatt, doch ist die Wirbelbewegung der Räder, wenn sie nicht kräftig ist, störend für diese Erkenntniss. Die grosse
Durchsichtigkeit all dieser Formen lässt die Mnskcln nnd manche andere Theile schwer nnterscheiden. Die beiden 1831 erwähnten
Längsmuskcln halte ich jetzt für Bänder, die man mit den 4 (Jueerbäudern der Pt. Patina zu vergleichen hat, weU sie in der Contraclion
nicht verkürzt und erweitert, sondern gebogen erscheinen, also nicht elastisch sind, wie Muskeln. Die Längsmuskeln mag ich
denn wohl übersehen haben. Ein einfacher Fussmuskel wurde znweilen klar anschaulich. Der knglige 4mnskelige Schlundkopf zeigte
sogleich nnd Immer 2 reihenzahnige (lochogompliische) Kiefer mit je 4 Zähnen, der Darm war mit einer Magenabtheilnng (Gasterodeta).
Selir eigcnthümlich bandartig waren die Darmdrüsen, wie bei Notommata claoutata. Von ScxnallheUen war nur der Eierstock
sehr deutlich, nnd ich sah das Eierlegen sauiint dem Entwickeln des Jungen, wobei auffallend war, dass ich die Augen wolil,
aber nicht die Kiefer durch die Eischade erkannte. Beim Zerdrücken reifer Eier fand ich aber auch die Kiefer deutlieh vollendet.
Vier Längsrciben heller Knotehen, zu 3, im Körper und 2 drüsige runde Flecke im Räderwerke blieben unklare Tlieile des Organismus.
Kiemen nnd Ganglien.? Die beiden rothen Augenpunkte am Stirnrande waren mehr einander genähert, als bei den übrigen Arten.
Bei völliger Contraction sah ich öfter auf der Oberiläche des Panzers feine L.ingsstreifnng. — Grösse Vi» Linie, der Sehaale bis
Vi2 Linie, des Eies bis '/ji Linie. Entwickelnngscjelus mithin Vs»—'/lo Linie.
E r k l ä r u n g der Abbildungen Taf. LXFV^. Fig. TL
Fig. 1. Ruckcnansicht im « i rbc h mit gestrecklm Bünclern. Fig. 2. dieselbe, halb eingezogen, mit gekrümmten Baadern und den 4 sichtbaren Korncrreiben.
Fig. 3. gimz eingezogen, grosses Exemplar, mit siebtbarer hinlerer Pamcroffaung lur den Fuss und dem 2ten Bänder-Paare vorn. Fi.^, 4.
Bauclifliiche, im Enlwickeln des Räderwerkes begriffen; <a Gegend der hinlern Darmmündung nach oben. Fig. 5. rechte Seitenansicht. Fig. 6 völlig
mnlrnliirler Zustand. Fig. 7. Kiefer. Fig. ij. reifes Ei. Linearvergrösserang 300mnl.
N a c h t r a g zur G a t t u n g Pterodina.
Es verlieren sich in dieser Gattung die beiden Genera Proboskidia und Testudinella von BORY; von dem ersteren ist schon
aiisnihrhcb gemeldet, das letztere ist von ihm 1822 genannt und 1824 mit 2 Arten beschrieben worden. Eine Art der Gattung Testudmella
ist MÜLLER S Brach, chjpcatus, dem das Räderwerk abgeläugnet wird, das er aber besitzt. Die andere Art ist von Bonr
bei Paris beobachtet nnd neu, sie wird Test. Argnla genannt. Eine Abbildung davon ist im Dict. classique gegeben, die aber gegen
die übrigen Abbildungen derselben Tafel, welche doch 50—lOOmalige Linearvergrosserungen vorstellen sollen, alles Maassstabes
entbehrt, denn sie kann, da das Tliiercben selbst 2 Linien gross sejn soll nnd das Bild 8 Linien lang ist, nur bei 4maliger Linearvergrösserang
gemacht seyn. Ich halte diese Art, da derselbe Ileissige Beobachter unter Bakerina nnd Silurella schon auch Krebse
und Inseetcn verzeichnet hat, fiir einen jungen Krebs, vielleiclit einer besondern Gattung, welche den Namen Testudiuella vorlaiihg
behalten kann, und womit die für ein Räderthier ganz enorme Grösse nicht mehr auffallend ist.
Alle Räderthicre lassen sich, auf Glas oder Glimmer getrocknet, zu beliebiger Verglciclinng aufbewahren, nnd es kninint nur
aal ,len (,rad der Sorgfalt des Isolirens und Präparirens an, nni sie durchaus erkenntlich zu erhalten. (Vergl. Abbandl. der Akadem.
d. Wisscnsch. zu Berlin, 1835. p. 145.)
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ü e b e r s i c h t l i c l i e Entwickeluiig" der Keiiiitniss von den Ernäl i rungsorgancn der Infusorien.
Es ist bereits )>. 36t . bei den Koljiodeen Einiges über das Ernührmiiissystem der poJygastriscben ÎJifusorien im Allgeitieinen
initgetbeilt worden; der Gesiclitskreis inuss aber weiter gcfasst werden und die Entwickelnng dieser Kenntnisse bei den Räilertbiercn
einscliliessen, wenn die noch fortdauernden 3icinungs-Dificrcnzcn als doch ganz nichtig ersdieiiicn sollen. Die ersten ikobachter verwechselten
Insecten, kleine Krebse nnd Infusorien; sie sahen, wie JOBLOT und BAKER, bei kleinen AVasscrI'löhen und
E j j l i e m e r e n - L a r v e n sehr richtig einen deutlichen Darm, Eier, Kanorgane oder ein jnilsirendcs Herz, und trugen dies» unbedenklich,
aber oline hinlängliche Critik, oft völlig ohne Begründung, auf die Infiisorieii über. Auch jede Berührung zw«îier Tliiercben mit
einander nannten sie, wie schon LEEUWENHOEK, eine Begattung. Die schärferen systematischen Nuturforseher hielten dagegen an der
Aristotelischen Idee einer Vereinfachung der Organisation in den kleinsten K(ir|)ern, sie erkannten oder fühlten doch ilie oft groben Verwechselungen
der unsystematischen mikroskopisclien BeoI)achtcr und verwarfen daher die ganzen Resultate derselben, oder hielten die Formen,
bei denen mit einiger Zuverlässigkeit ein grösserer Organismus hervorzutreten schien, für von den Infusorien ganz verschiedene
Thiere. So stellte LINNÉ die Meliccria zu den Äiollusken und nannte ziemlich das ganze 3Iaterial der Beobacliter Chaos. Seitdem
aber HILL nnd besonders MÜLLER (1773) die Infusorien als besondere Grnpjie der kleinen Thiere abtrennten und in ihrem einfacheren
Baue einen Character fanden, ist man allgemeiner in den entgegengesetzten Fehler verfallen und hat die bei ihnen vorkommenden
organischen Verhältnisse nicht, oder nicht als vollendet, anerkannt, sondern nur höchstens für Andentungen von Organen gehalten.
Der Grund dieses Schwankens nnd Irrthurns lag theils in wissenschafllicher Vorsicht und in noch nicht hinreichend tiefer und umsichtiger
Untersuchung, theils aber und besonders in der vorgefassten ])hiloso)ihisohen Idee nnd Meinung, dass es Abstufungen in der V(illcndung
geben müsse. Dass die vermeinte Begattung keine Verbindung, vielmehr immer eine Trennung durch Sclbstthcilinig sey, erklärte
MÜLLER 1786, und derselbe 20 Jahre lang unermüdliche und fruchtbarste Beobachter schloss in gleichem Jalire seine Thätigkeit
anch mit der Bemerkung, dass nie ein guter Beobachter das Fressen eines Infusoriums gesehen habe.
In Deutschland hat man zwar durch SCHRANK'S nüchterne und systenmtische Beobachtnngen immerfort die Spuren der kleinsten
Organisationen verfolgt nnd sie nicht ausser Acht gelassen, allein auch er war 180H {Fauna boica^ IIJ. 2. p. 4.) der Meinung
beigetreten, dass die Infusorien einfachere Thiere wären, deren einfachste Formen sich durch WillküJir in der BcMOgung allein, aber
bestiiumt, als Thiere erwiesen (p. 9.). Auch wurden GUÜITIIÜISEN'S Beobachtungen in GETILEN'S Jouinal 1808 ctnd in den Beiträg,
zur Pliysiognosie 1812 wichtig, nur war es nicht von ihm erwiesen, wenn er von Fresswerkzengen, Darmcanal, Eierstöcken, sichtbaren
Muskeln und Nerven u. s. w. der Räderthiere (jt. 140. [544.]) sprach. Auch er glaubte an einfachere und allmälig zusammengesetztere
Formen, und glaubte nicht an abgegrenzte Arten (p. 114. [523.]). Nur die Räderthiere wurden durch DLTKOCHRT'S Beobachtungen
1812, als juit entschiedener Organisation begabt, in Frankreicli anerkannt, und SAVIGNT'S bald folgende wichtige Entdeckung der vollkommenen
Organisation Tieler Halcyonien, als mikroskopischer Mollusken, gaben jenen Beobachtungen über Räderthiere, welche
schon 57 Jahre zuvor von Sc H ÄFF ER in Regensburg an Mclicerta noch detaillirter und gründlicher gemacht worden waren, eine n> ächtige
Stütze. LAMARCK'S Urtheil, anf DUTROCHET'S Beobachtungen sich stützend, ward durch sein umfassendes Weik {Hisf. nat.
des uiiim. sans vert.) die Norm der Zeit seit 1816. Er hielt den Darm und ilund einiger Rot iferen für eine Ausnaiime von der
Regel in ihrer natürlichen Classe (//. p. 27.) und suchte durch dialectische, nicht anf Beobachtung gegründete, Erörterungen zu beweisen,
dass Kopf, Kiefer, Eier u. dergl., weun man sie auch bei den Infusorien (den Brachionen selbst) sähe, doch keine wären,
weil der übrige Organismus fehle, welcher diese Theile bei den grösseren Thieren erst zu dem mache, was sie sind, ja jj. 10. sagt er,
es sey vernunftwidrig {contre la raison) zu glauben, die Infusorien wären eben so organisirt, wie die vollkommenen Thiere oder hätten
Em])findung nnd Willkühr in der Bewegung, diess hätten sie nicht und brauchten sie nicht. Ihre Organe wären nur Scheinorgane und
Entwürfe. Diese Idee der Scheinorgane hat seitdem kräftige Wurzel geschlagen. Sie wurde 1820 durch SCHWEIGOER S Handbuch d.
Zool. in Deutschland verbreitet, und BORT DE ST. VINCENT hat sie seit 1824 in Frankreich noch fester gestellt. SCHWEIGGER
sagt p. 245.: „Infusorien bestehen nur aus Schleim ohne irgend ein inneres Organ, die Ernährung kann daher nicht anders als durch
die Oberiläche geschehen;" nnd p. 301.: „Rücksichtlicb der Ernährung sind Schwing- und Räderthiere den Infusorien im Wesentlichen
gleich, indem sie nämlich vorzugsweise durch die Oberfläche Nahrung einziehen und jedes Stück an der Assimilation gleichen Antheil
nimmt. — Sie besitzen aber auch einen Magen oder viclmelir eine Höhle im Innern." — Diese Thiere erhalten jedoch nicht bloss
durch den oft verhältnissmässig sehr kleinen, kaum sichtbaren, Magen, sondern melir noch durch die Haut ihre Ernährnng. Noch detaillirter
entwickelte diese scheinbar philosophischen Ansichten BORT 1824 in der Enojclopcd. méihod. d'/iist. nat. "und 1826 im
Dicttonn. classif/ue unter Microscopiques^ p. 541., auch unter Rotijere ebenda, p. 1828. Einige Infusorien wären vollkommen
einfach oder besässen den Entwurf eines Darmes ohne Mund {ébauche de Vintestin^ wie es schon DU FRAT 1817 auch nannte), andere
hätten den Entwurf eines Mundes ohne andere Comjjlication. Bei einigen vollkommneren träten Wimpern hervor, die ein Respirationssysteju
vorbereiteten, einige davon hätten auch Mund nnd Darm, 3Iit der Entwickelnng der Respiration (Luftleben) begnüge sicli
eine grosse Menge von Formen. Hierzu trete nun zuerst ein Blutnmlanf und ein Herz (den Sclilundkopf hielt er dafür). Solche Formen
wären denn ohne Seli>sttheilung und lielcn nicht bloss der gencratio aer/uivoca anlieitn, sondern bildeten auch unvollkominne Eier,
Entwürfe von Eiern, zur Fortpflanzung. Eine ähnliche stufenweise Entwicklung suchte der verdienstvolle Physiolog VON BAER 1827
in den Actis Leopold. XIII. gründlicher geltend zu machen, diese Ansichten waren die Folge der damals um sich greifenden sogenannten
Naturphilosophie, im Grunde aber eine weitere Ausschmückung der Aristotelischen Abstufung der Organisationen, welche in Deutschland
seitdem aus der Zoologie entwichen und durch AGARDH und REICHENHACH auf die Botanik übergegangen ist (s. Eugle/ta).
Nur GRAVENHORST hat 1833 noch in Deutschland die Kanorgane bei Räderthieren (s. Rotifer) wieder, wie JOBLOT 1718, als Lungen
beschrieben und ihren Darm geläiignet. In Frankreich haben diese Ideen an BORT DE ST. VINCENT 1831 {Dict. class. Vol. XVlI.)i DUJARDIN und PELTIER, wohl aus Mangel an guten Instrunjenten, aber auch an strenger Critik im Urtheil über das Gesehene,
noch neuere Stützen gefunden, die wohl die letzten seyn werden.
Die hier vorgetragenen -vollkommenen Verhältnisse der Ernährungsorgane wurden 1830 in den Schriften der Berliner Akademie
d. Wissenschaften zuerst entwickelt, nnd auszugsweise in der Jsis nnd in POGGENDORFF'S Annalen der Physik gleichzeitig bekannt
gemacht, seitdem sind sie auch in die Journale nnd Bücher anderer Länder übergegangen. Das Geschichtliche findet sich in den Ab—
Iiandl. d. Berl. Akademie weiter ansgcfiihrt. Hier ist nur noch anzudeuten, in wie weit frühere Beobachter, freilich neben vielen Verirrungen,
sich an diese Darstellungen anziischliessen bereits Grund hatten. Diese bisher nicht geachteten Beobachtungen werden von
nun an als Bestätigungen dienen können. Niemand kann läwgnen, dass LEEÜWE.NHOEK schon 1701 das Fressen ond den Darmcanal
der Räderthiere nach guten Gründen erkannte, indem er den Hotifer vulgaris zwischen der rothen Euglena sanguineat fand und