Diess wissenschaftliche Resultat mit mancherlei andern unmittelbar daraus
folgenden Erkenntnissen ist es, welches als eine inländische Frucht mühsamer
Pflege dem GELIEBTEN SOHNE seines GELIEBTEN KÖNIGS zu huldvoller Aufiiahme
in tiefster Ehrfurcht überreicht
ffiw. K ö n r i G M C H E a r h o h e i t
unterthilnigster
C. G. EHRENBERG.
T O R R £ » K.
G E S C H I C H T L I C H E EINLEITUNG UND ALLGEMEINE UEBERSICHT.
I n den reinsten Gevviissern inul auch in den titiben, stark sauren nnd salzigen Flüssigkeiten der verschiedensten
Erdzonen, in Quellen, Flüssen, Seen und Meeren, oft auch in den inneren Feuchtigkeiten der lebenden
Pflanzen und Thierkörper, selbst zahlreich im Körper des lebenden Menschen, ja wahrscheinlich auch
periodisch getragen im Wasserdunst und Staube der ganzen Atmosphäre der Erde, giebt es eine, den gewöhnlichen
Sinneu des Menschen unbemerkbare, Welt sehr kleiner lebender organischer Wesen, die man seit nun
etwa 70 Jahren Infusorien nennt. Im Treiben des gewöhnlichen Lebens geht man an diesem geheimnissvollen
uncrnicsslichen IVeiche des lebendigen Kleinen ohne Erkenntniss und ohne Theilnahme vorüber. Ueber
alle Erwartung gross und erstaunenswcrth sind aber diese Verhältnisse für den stillen Beobachter, welcher
mit Hülfe vergrösserndcr, die Sehkraft verstärkender, Gläser sie sich näher bringt. In jedem Tropfen stellenden
bestäubten Wassers erkennt man nicht selten, wenn auch nicht immer, mit Hülfe des Mikroskops
inunter bewegte Körper von V96 bis unter V2000 Linie Grosse des Durchmessers, die oft so gedrängt beisammen
leben, dass ihre Zwischenräume kaum so gross sind, als ihre Durchmesser. Nimmt man den Tropfen,
obschon er grösser ist, auch nur zu 1 Cubiklinie Inhalt, und die Zwischenräume, obwohl sie oft kleiner sind,
so gross als ihre Durchmesser an, so bereciniet man leicht und ohne alle Uebertreibung, dass ein solcher
Tropfen mit den Cubikzahlen der Hälfte jener Grössen, das ist mit Hunderttausenden bis zu Tausend Millionen
Thiereben bevölkert ist. Ueberdcnkt man sich nun die Summe des Lebens eines grösseren Wassergefässes
oder gar eines Grabens und Teiches, und berechnet man, dass, nach vielen Beobachtern der Meere
und namentlich des Meeresleuchtens, selbst ganze grosse Strecken des Oceans eine ähnliche Massenentwikkelung
mikroskopischer Organismen periodisch erkennen lassen, so ergeben sich, auch bei viel grösser angenommenen
Zwischenräumen, Zahlen und Verliältnisse des dem blossen Auge unbemerkbaren Lebens auf
der Erde, die jene unscheinbaren, nur dem bewaffneten Auge des Naturforschers in ihrem Detail erkennbaren,
Infusorien zu einem der würdigsten Gegenstände des Nachdenkens und der wissenschaftlichen Forschung
erbeben.
Diese wunderbar grosse, dem Menschen verhüllte, Welt des Lebendigen ist seit ihrer Entdeckung
unter der Feder leicht bewegter und phantastischer Schriftsteller oft als eine monströse Geisterweit, voll
mit den oifcn sichtbaren unvergleichlicher, theils gTauenhaftcr, theils wunderlich verzerrter, nicht recht lebender
und nicht recht lebloser Formen geschildert worden; andere haben sie aus spielendem üebermutli der
bildenden Naturkraft abgeleitet, inid nocli im Jahre 1820 wurde von einem sonst verdienten Schriftsteller
die Zauberkraft umständlich gescliildert, mit welcher einige dieser Formen begabt seyn sollen. Aber es ist
auch nicht bloss das Mystisch-Wundervolle, Abentheuerliche und Sonderbare der Formen und ihrer Kleinheit gewesen,
was das Interesse vorzugsweise erregte, vielmehr babeu die Infusorien In bei weitem höheren Grade
durch ihre von den verschiedenen Beobachtern immer wieder angegebenen physiologischen höchst wunderbaren
Eigenthümlichkeiten alle Freunde des Wissens, und selbst die gelehrtesten und tiefsten Forscher von
Leibnitz und Bohiuiave au bis auf unsere Zeit beschäftigt, ja sie mussten notliwendig das Interesse aller
nachdenkenden Menseben gewinnen. Folgende, wenn sie statt fänden, mit Recht bewunderten Eigenschaften
sind den Infusorien von den verschiedenen Beobachtern zugeschrieben worden:
* 1) Eine muttei-loac Entstellung aus unorganiscliiu Urstoffcii oder ans faulen organisclieu Tlieilcn;
* 2) Eine zunilligc Form ans spielendem Uebermntli der bildenden Watnrkraft;
* 3) Ein Bestellen oline zusammenhaltende Olterfliielic, oline Haut;
^ 4) Ein grenzenloser jiroteisclier Formenweclisel des Körpers;
" 5) Eine Verwandlung, Metasdiematismus, aller in alle andern Inrnsorienfonuen;
^ 6) Eine Verwandlung derselben durch äussere Einflüsse in Pflanzen;
" 7) Ein Verschmelzen kleiner zn grösseren Formen durch Aneinanderrciken (Ju-staposition) mit oder ohne Zutritt einer gcnieinsamen
Oberhaut;
" 8) Ein einf'aclics Heranwachsen von Inriisorienlianfen zu den Formen der wahren Pilze, Schimmel nnd Flcchten;