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S E C H S T E FAMILIE: AENDERLINGE.
A s t a ^ i a e a . Aistasleeis.
CIIARACTER: Aiiiiiiiiliii |)olygiistric.i aiiciitcra (hibo iiitcstiuali destituta), gymiiica (non appendiciilata),
ncc lorieatii, furiiiani caiidatuni mit. ecandcm spoiite mutantia, apertnra corporis unica.
CARACTÈRE: Animaux évidemment ou vraisemblablement pofygastriques, sans canal alimentaire,
sans appendices {satis rnmificatiom) du corps, sans carapace et changeant à
leur gré la forme, ayant une seule ouverture du corps et souvent une queue.
Die Familie der Aciiderlinge niinint alle solche gesclivviinzte oder ungcscliwünzfc Tliierclien auf,
welclic deutlich oder Hiit Wahrscheinlichkeit Ylele Magenzellen ohne deutlichen Daruikauul besitzen, die keinen
Panzer, keine besondeni Korperanhiinge, eine einzige Ocffuung liaben, und welche willliührlicli ihre Gestalt
vcri'indern können.
Zu dieser Familie gehören für jetzt 23 bis 24, in 6 Gattungen vertheilte, Tliierarten: Euglena mit
11 Arten, Astasia mit 4 bis 5, Distigma mit 4, Colacium mit 2 Arten, und Ainblyophis und Chlorogoiiium
jede mit 1 Art. Ihre Formen sind unter den am frühesten entdeckten Infusorien. Sclion HARRIS
und LEEpwENnoEK haben, crstcrev 1696 verunithlich Euglena viridis, letzterer 1701 vermuthlich dieselbe
und Euglena sanguinea, beobachtet. Die Familie wu'de 1830 in den Abhandlungen der Berlmer Akademie
p. 38. mit den beiden Gattiuigcn Astasia und Euglena und 10 bis 12 Arten, als deu Monadinen zunächst
stehend, gegründet. Bis dahin waren einige wenige, 6—7 dieser Körper, in den Gattungen Vibrio,
Enchelys, Cercaria und Proteus von MÜLLER, in denen von Cercaria, Rfrphanella und Virgulina bei
UoRY DE ST. VINCENT, und Enchelys und Phacus bei NiTzscn verzeichnet worden. Die Gattung Astasia
wurde zuerst in POGGENDORFF'S Annalen der Physik 1830. p. 508. characterisirt. Die Gattung Distigma
war schon 1828 auf den Tafeln der Symholae physicae gestochen, wurde aber erst 1831 im Texte zur
Familie der Astasiaeen gestellt. In den Abhandlimgen der Berlin. Akad. wurde 1831 die Gattung Ainblyophis
hinzugefügt. Die Gattung Colacium wurde 1833 ebenda ans dem Stentor? )>ygmaem gebildet,
inid die Gattung Chlorogonium ist an gleichem Orte 1835 zuerst angezeigt. In gegenwärtigem Werke
wird die Familie mit 2 Arten der Gattung Euglena vermehrt.
Der Organisationsgehalt der Familie Ist ansehnlich weit ermittelt, aber noch nicht hinreichend erschöpft.
— Als Beweginigsorgane sind bei 4 Gattungen fadeuiirtige Rüssel erkannt, welche bei 3 einfach,
bei 1 doppelt sind. A'enuuthlich wird auch die 5te Gattung, Colacium, bei geschärftem Nachforschen einen
Rüssel erkennen lassen, aber bei Distigma erwarte ich keinen. —• Als wahrscheinliche Ernähriingsorgane
sind in allen Gattungen viele blasenartige Zellen erkannt worden, allein nie hat eine Art irgend einer
Gattung gefärbte Nahrung ganz deutlich aufgenommen, obschon ich bei Euglena viridis undeutlich blau
und auch roth gefärbte sehr kleine Zellen zuweilen zu bemerken glaubte. Desshalb diese Formen nicht für
Thiere zu halten, verbietet der übrige Organisationsgebalt sammt den deutlichen Rüsseln und Bewegungen
auf das Bestimmteste, es nuiss daher irgend ein anderer Grund, dessen Aufsuchung die Mühe lohnen wird,
hier sowohl als bei den Kugel thieren, Panzermonaden, Bacillarien und Closterien diese Weigerung
bedingen. In manchen Fällen half stärkere Vergrösserung, die aber hier vielleicht zu dunkel wird, um
die Farben zu unterscheiden. — Der sexuelle Organismus tritt in allen Gattungen deutlich in einem seiner
Theile, in vielen höchst vollständig hervor. Die Hälfte der Gattinigen zeigen direct eine Duplicität des Geschlechts
oder Hermaphroditisnms. Die Gattinigen Astasia, Distigma und Colacium haben bisher nur einen,
dem weiblichen Se.vimltlieile vergleichbaren, Apparat erkennen lassen. In der Gattung Euglena sind,
ausser den grünfarbigen Eikörpern und Samendrüsen, auch contractilen Samenblasen vergleichbare Organe
erkannt. — Vom Enipfuidungsorganisimis sind sehr auffallende Spuren bei 5 Gattungen meist als grosse
schönrothe Augenpunkte ermittelt, unter denen bei Amblyophis inid Euglena longicauda ein weisslicli drüsiger
Knoten die luniiittclbare Anschauung von Nervenmasse neuerlich unter allen polygastrischen Infusorien
zuerst dargeboten hat. — Das Gefiisssystem entzog sicli bisher noch ¡dler Forschung.
Die geographische Verbreitung der Familie ist über ganz Europa, auch im sibirischen Asien, in Dongala
Nubiens und vielleicht im Oceane bei Brasilien beobachtet.
Uehcr die merkwürdigen Erscheiniuigen, welche diese Familie der Infusorien durch ihre zahllosen
und erstaunenswerthen Mengen von gleichzeitig entwickelten Individuen als grünes und blutrothes Gewässer
hervorbringt, ist in deu Gattungen Astasia und Euglena und im Naclitrage das Speciellere angezeigt.
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Uebersieht der Gattungen in der Familie der Aenderlinge:
Aiigcnlosc . . . .
Angenfiilircnile . . . lit 1 Auge
mit 2 Augen
I j, . ) mit 1 Rüssel . . . . iscliwnnzldse
gcsciiwäuzle
mit 2 Rüsseln
\ an Stielen festsitzende . .
Astasia
Amblyophis
Euglena
Chlorogonium
Colacium
Distigma
Z W E I Ü N D D R E S S I G S T E GATTUNG:
Astasia. Astasie.
AENDERLING.
CHARACTER: Animal e familia Astasiaeorum, liberum, oceUo destitutiim, breviter aut longe caiidatuin.
CARACTÈRE: Animal de la famille des Astasiées, libre, sam oeil et à queue longue ou petite.
Die Gattung der Aenderlinge iimfasst alle die lang oder knrzschwänzigen, geschwänzten Formen
der Fauiilie der Aenderlinge, welche sich frei bewegen und augenlos sind.
Die Beobachtung deutlicher Augenpunkte bei den Euglenen veranlasste im Jahre 1830 die Trennung
der ähnlichen augenlosen Formen in die Gattung Astasia. Diese Gattung wurde zuerst in POGGENDORFF'S
Annalen der Physik 1830. p. 508. mit 3 Arten characterisirt und zu den Rotator ils monotrochis
fraglich gestellt. Bald darauf wurde sie mit 4 bis 6 Arten in einer eigenen, dicht bei den Monadinen
der Polygastrica, wo sie noch jetzt steht, angereihten, Familie der Astasiaeen in den Abhandlungen der
Berlin. Akademie 1830 verzeichnet. Die Gattung Astasia war eine Frucht der russischen Reise mit Herrn
ALEXANDER VON HBMBOLDT 1829, indem sie zur Characteristik der Astasia haematodes und viridis diente,
welche von mir am Altai beobachtet wirden. In POGGENDORTF'S Annalen fügte ich in dem Aufsatze über
die blutartigen Erscheinungen Astasia sanguinea und Ast.? lacustris nach andern Beobachtern hinzu, die
ich beide jetzt für Synonyme von Euglena sanguinea halte. In den akademischen Abhandl. ward die Ast.
euchlora von Berlin hinzugesetzt. Ebenda wurde 1831 die Gattung auf 4 sichrere Arten beschränkt: A.
euchlora, haenmtodes, viridis und eine neue, A. flavicans. Als 5te zweifelhafte Art wurde Paramecium
oceanicum von v. CDAMISSO'S Weltumsegelung mit KOTZEBDE angesehen. Im Jahre 1833 wurde in denselben
Schriften Ast. pumlla als neue Art verzeichnet und 1835 wahrscheinlich doch die frühere Ast. euchlora
als besondere Gattung Chlorogonium beschrieben. So besteht die Gattung jetzt aus 4 bis 5 Arten,
von denen 1 grün und roth, 2 nur grün, 1 gelb und 1 farblos sind.
Der Organisationsgebalt der Giittung ist noch nicht liinlänglieh scharf ermittelt, indem die am fruchtbarsten
gewordene Art, J. euchlora, ausgeschieden ist. — Magenblasen sind bei Astasia pwsilla allein mit
Wahrschemlichkeit anschaulich geworden. Wahrscheinliche Eilvörperchen sind bei den 4 farbigen Arten in
der feinkörnigen Farbe vorhanden, und bei Ast. haematodes sind sie deutlicher beobachtet. Nur bei Ast.
pusilla ist ein deutlicher Rüssel als fadenartiges Bewegungsorgan erkannt. Andere Structiirverhältnisse sind
bisher niclit zur Klarheit gekommen.
Die geogTaphische Verbreitung der Gattung ist anselmlich weit beobachtet. Die rothen Infusorien,
welche LEEBWENOOEK 1701 in Delft in Holland fand, imd die grünen, welche HARRIS 1696 in London
beobachtete, rechne ich, der grossen geographischen Entfeniung der in Europa noch nicht sicher beobachteten
A. haematodes und viridis halber, lieber zu Euglena sanguinea und viridis, indem man das Auge
damals übersehen haben würde, wenn es .auch noch grösser gewesen wäre. Sicher ist das Vorkommen der
Ast. haematodes in der Steppe Sibiriens am Altaigebirge. A.? viridis ebendaher ist weniger sicher. Das
b r a s i l i a n i s c h e Seethierchen mag rücksiclitlicli seiner Stellung noch zweifelhaft seyn. Zwei Arten leben
bei Berlin.
Diese Gattung enthält Thierchen, welche durch ihre schnelle Entwickelung zu zahllosen Mengen und
ihre rothe Farbe ganzen Wassermassen eine blutrothe Färbung geben können, eine Erscheinung, welche oft
ganze Ortschaften in Angst und Entsetzen gebracht hat.
1 1 6 . Astasia haematodes, blutfarbigcr Aenderling. Tafel vn. Fig. i.
A. e\|)ansa fusiforinis, Lrevissime caiidata, 33tiam lineae partem longa, primo viridis, dein saiiguineo-rultra.
Aafa/i^e satiglantc, h éiciulant en forme de fuseau, h f/uene ir'os-courie, ¿galant Vio millimetre en
longueur, tV uhoi-d verte, plus tard range de sang.