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der Fninilic ist rciclilich ermittelt. — Bewegungsorganc mit inncrii Muskeln und einem znngenlosen Scliwanzfiissc,
Erniiliriingsorgane mit reilienzahnigeu Kauapparaten und 2 pancreatisclien Drüsen, so wie Eieutvvickeiuiig
und Eierlegen sind bei beiden Formen beobachtet. Männliche Se.xualtheile sind noch nnerkannt. Gefiisse,
2 fadenartige zitternde Organe, Kiemen? und Nervenfaden mit Ganglien sind bei Conoohilus, rothe
Augenpindite bei beiden ermittelt. Die verschiedene Panzerform giebt Gattungschnractere.
Die gcographisciic Verbreitung der Familie ist sicher nur bei Berlin, viclleiclit aber auch bei Paris
beobachtet.
Ucbersicht der 2 Gattungen der Familie der Hülsenfischchen:
i'aiizci'hiillc
einzeln gesondert iiir jedes Einzeltliicr . . Geeistes
gcliiiuftjüdergenieinsanifür viele Einzelthiere Conochilus
F Ü N F T E GATTUNG: HÜLSENFISCHCHEN.
G e e i s t e s . Oeclste.
CHARACTER: Animal ex Oecistinornm familia, lorica singulis singula discreta, ocellis duobus frontalibus,
provectiore aetate obsoletis.
CARACTERE: Animal de la famille des Oecistines, ayant chacun son enveloppe particulière séparée
et deux yeux, au front, qui s'effacent avec [âge.
Die Gattung der Hiilsenflschehen zeichnet sich in der gleichnamigen Familie durch einen freien
besondern Panzer für jedes Einzelthier und durch Besitz von 2 Stirnaugen aus, die im Alter undeutlich
werden.
Die Gattung Geeistes v^airde Î833 (1832) in den Abhandlungen der Berliner Akad. der Wiss. mit
1 Art errichtet, welche sie noch jetzt allein enthält, wenn niclit Ttibicolaria confervicola Lamäbcr's
vielleicht eine zweite Art bildet. — An Organisation sind innere, in den langen schwanzartigen Fuss verlaufende,
Längsnuiskeln, ein einfacher Wimperkrauz an der Stirn, ein einfacher schlauchartiger eingeschnürter
Speisecanal mit langem Magen, mit 2 reihenzahuigen Kiefern im Schlundkopfe, 2 pancreatische Drüsen,
ein Eierstock mit einzeln sich entwickelnden Eiern, und 2 Augenpunkte an der Stirn erkannt; letztere sind
beim Jungen roth, beim Alten farblos. Der Panzer ist eine gallertige cylindrische klebrige Büchse {Vrceolus),
in die sich das Thier ganz zurückziehen kann, an die es nur mit dem untern Fuss-Ende angeheftet
ist und die es, beunruhigt, verlässt, um sich wohl eine andere zu bilden.
Die geographische Verbreitung der Gattung ist, ausser Berlin, vielleicht in Frankreich beobachtet.
a. Oecistes crystallinus, crystallenes Haisenflscbchen. Tafel XLi n . Fig. vn.
Oe. Inrioa lijaiina TLscosa, iloccosa, corpore crystallino.
Oeaste cryatallin, a carapace hyaline vki/ueuae, velue de flocons étrangers et à corps crystallin.
Oecislis cnjsfoHmus, Ablianill. d. Akademie d. Wissenscll. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 223.
Ocrisfes hs/nlinus, Tafel XLIU. dieses Werkes.
An font h a l t : Bei Berlin.
Diese Form nnrde am 10. Juni 18.S2 auf den Blättern der lelcnden Hottonia palustris bei Berlin entdeckt, nnd am 30.
Sei)t. 1832 wieder an Meerlinsen-Wnrzeln gefunden. Sie ist, obwolil niclit klein, doch ihrer gallertigen Natur nnd Durchsichtigkeit
halber schwer zu erkennen. Sic konnte sich ganz in den Cylinder zurückziehen, wobei der Fuss dicker und kürzer wnrde. Stark beunruhigt
verliess sie von selbst die Hülle, und schwaiuin nnbchülflich kreisend umher. Der einfache Wimiierkranz schloss sich mit einer
offenen Stelle an den Mund an. Die 2 reihenzahuigen Kiefer des Schlundkojifcs hatten je 3 stärker cntnickelte Zäline. Der Sclüund,
sehr kurz, ging sogleich in einen langen, vorn mit 2 Pancrcasdrüscn ohrartig besetzten, Magen über, welcher immer bräunliclic Speisen
entliielt, und durch eine Einschnürung von einem kurzen kugelartigen Dickdarme getrennt wurde, worin gröbere Nahrungsstolle lagen.
Die Answurfsöffnuiig war da in Thätigkeit sichtbar, wo der Körper sich plötzlich in den Fuss verdünnt, und durch einen leichten
Vorsprung kenntlich. Neben dem Darme lagen innerlich trübe Körper, welche Theile des Eierstocks waren, zuweilen auch ein
schon ganz entwickeltes cylindrisches Ei. Ausgeschiedene Eier fanden sich oft 2—5 in den Cylindcrn neben dem Fusse. Im Innern
Körper waren überdiess noch 2 lauge bandartige Mnskelstreifen kenntlich, die von der Gegend des Schlundko|ifes an bis zur Fnsabasi.s
und von da bis tief in den Fuss sichtbar waren. Vier unter dem Räderorgane liegende grosse Knoten hielt ich, ihrer Thätigkeit nach,
fur die Contractions- nnd Exp,insions-Muskeln desselben. Eine sehr wenig vorspringende Rcspiratiousröhre sah ich zuweilen, aber nie
recht deutlich, in ihrer wahren Lage. Dutiiochet's Art dieser Gattung, wenn es nicht ein Junges einer andern Gattung war, hatte
2 solclie Röhren (Oe. confervicola). Besonders interessant war die Eientwickclung. In einigen Eiern sah ich schon sogleich 2 dunkle
Punkte neben den bereits entwickelten Kiefern, nnd beim gelinden Drucke platzten .sie, und ich sah das Junge frei neben der Scliaale
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mit 2 ruthen Augenpunkten. Ich suchte letztere dann beim Mutterthiere und fand nur bei eontraliirtern Rädernrgane 2 farblose ähnliche
Flecke an der Stirn. —. Eilängc '/m Linie, Köriier ohne den Schwanz '/i2> luit dcuisellien '/i l'iuii'. Hülle '/r, Linie. Entwickeliingscyclus
Vio—Vs Linie.
E r k l ä r u n g der Abbildungen Taf. XLIII. Fig. VII. (Oecistes UijaJinus. )
Fig. 1. etwas contnihirt, im BogrifF sich wieder zu enirallcii. Fig. 2. uutfultct; m Anorstolle, l' Paiiz-er, Fig. 3. Scliliiniliiii|ir mit ili'ii Zähnen und
i Mijskelinirtliiecn, durch Druck misgetiivitct; siimiiitlicli 3ÜOitial vergriissert. Fig. 4. ein lilattwirli'l dci- UoUania ptdualris in natürlicher iJriisNe
mit Thierchea besetzt. Fig. 5. eine Blaftficder mit der Liijie vergrüssert.
S E C H S T E GATTUNG: LIPPENKKEISEL.
C o n o c h i l u s . Coiiocliile.
CflARACTER: Animal ex Oecistinornm familia, sociale, loriéis acervatis contiguis, ocellis duobus frontalibus
persisteutibus.
CARACTERE: Animal de la fandlle des Oecistinés, social, ayant les enveloppes conglomérées
et contigues, pourvu (fe deux yeux persistants au front.
Die Gattung der Lippenkreisel umfasst Thiere der Familie der Hülsenfischchpn, welche in haufeni^
eis eng an einander schliessenden Futteralen gesellschaftlich leben nnd 2 bleibende Stirn-Augen führen.
Die Gattung wurde 1833 (1832) mit der vorigen zuerst bekannt gemacht und hatte schon damals
mir die eine, hier zu verzeichnende, Art. Ob schon frühere Beobachter diese Form kannten, oder ob sie
die Jungen der Lacimtlaria als besondere Arten beschrieben, ist schwer zu entscheiden, dodi passt die
Beschreibung immer mehr auf letztere (vergi. Lacimtlaria). — Die Organisation ist reichlieh ermittelt unti
bei der Familien-Characteristik schon angezeigt. Specieller ist sie bei der Artbeschreihung angegeben.
Die geographische Verbreitung ist mit Sicherheit nur von Berlin's Umgegend bekannt,
8 . Conochilus Volvooe, wälzender I i ippcnkreisel , Kn^clflsclicben. Tafel XLI I I . Fig. vi i i .
C. cor])usculis albis loricisque gelatinosis hyalinis, radiatili! in sphaenim libere volataatem albidam conjunrtis.
Conochile Volvoce, les corpuscules blancs et les enveloppes gélatineuses hyalines, réunis en sphore
rayonnante blanche, librement tournoyftnte.
(.Weilte Viilma, Aliliandl. d. Akad. d. Wissenscll. zu Derlin, 1333. (1835.) p. lU.
A u f e n t h a l t : Bei Berlin.
Ich entdeckte die ersten 4—5 Exemplare am 4. Juni 1832 im Wasser des Plötzen-Sees bei Berlin, und am 10. Mai und
15. Juni 1834 fand ich wohl über 100 in einer Torfgrube bei den Pulvermagazinen. Seitdem fand ich das Thicrchcn zahlreich wieder
am 13. und 26. Juni 1835, am 10. Mai, 30. April, 15. Jnni, 1., 2. und 30. Juli 1836, und im ganzen Sommer und Herbst
bis zum 3. December 1837 unter'in Eise an denselben Orten. Es gleicht einem weissen Volvox Globator und ist nie festsitzend.
Hätte der anonyme Beobachter von 1753 bei Berlin nicht gleichzeitig sehr ansfiibrlich die Laoinularia beobachtet und beschrieben, so
würde ich eine seiner Formen für diese Ait halten, es mögen aber Jnngc jener gewesen seyn. Eben so ist Mü l i e r ' s Vorticella so-
Cialis und Schrank's XJnza Hippocrepis wohl nicht diese, sondern jene Forin gewesen. In 3 CubikzoII Wasser schöpfte ich zuweilen
20 bis 30 Kugeln, Jede Kugel bestand aus 10—40 Thicrcn. Der eiförmige oder kurz cylindrische Körper endet in einen
dünneren, langen und ziemlich starken cylindrischen Fuss oline Zange, mit einer Saugwarze am Ende. Jede Kugel hat in der 3iitlc
einen gallertigen Kern, welcher in gefärbtem Wasser leicht sichtbar, sonst oft unsichtbar, zuweilen aber durch grüne ¡larasitiscbe Monaden
gefärbt ist. Dieser Kern ist der gemeinsame Panzer, in dessen Zellen sich die Einzelthiere ganz zurückziehen können, wobei
sie den Fuss verdicken und krümmen. Die Stirn der Thiere ist etwas breiter, als der Körper, abgestutzt und mit einem fast cirkclrunden
A^imperkranze nnigeben, der beim seitlichco JMunde etwas absetzt. In der Mitte dieser Stirnlläclic erheben sich 4 conisclie dicke
Warzen, auf deren Spitze je eine Borste eingelenkt ist, die manchmal nur auf den beiden vordem erscheint. Sie bilden vielleicht eine
gespaltene Oberli|ipc, w ährend das Räderorgan den Stirnrand darstellt. Ein 4mnskcliger Schlundkopf mit 2 reihenzahuigen Kiefern und
je 4 bis 5 stärkeren Zähnen liegt dicht hinter dem Munde, geht in einen kurzen engen Schlund nnd einen ovalen Magen über, welcher
durch eine Einscbniirnng von einem fast glcichgrosscn ovalen Dickdarme abgesondert wird (Gasterodela). Neben dem Schlünde
am Magen liegen 2 kugelige pancreatische Drüsen oder Speicheldrüsen, und hinten über dem Dickdarme liegt der oft mit einem grossen
entwickelten Ei erfüllte Eierstock. Die Auswurfs- und Legeöffnung ist an der Fussbasis, wo der meist mit farbiger Speise sichtlich
erfüllte Dickdarm endet.
Sehr cigcnthümlich ist die Anordnung der Muskeln im inncrn Körper. Es giebt keine vorderen Jluskeln, aber 3 Paar hintere,
welche nach vorn gehen, oline das Räderorgan zu erreichen, ein Rücken|iaar und 2 Seitenpaiire. Sic laufen hinterwärts bis
an das Ende des Fusses. Im Fusse selbst liegen 2 grosse kenlenförniige drüsige Organe, wie sonst die Zangenmnskelo sind. Hier
scheinen aber die männlichen Sexaaldrüscu diese Stelle cinzunchnien. Eine, gewiss nicht fehlende, contractile Sexualblase war nicht zu
erkennen. Für Gefässe hielt ich mehrere, besonders im hintern Körper hervortretende, Quecr-Canale, die zum Theil eine sich kreuzende
Richtung hatten, und welche mir mit je 2 vordem seitlichen Längsgefüsscn in Verbindung zu seyn scheinen, die wohl von einem
bisher niclit erkannten Gefassnetze des Kopfes entspringen, wie bei Ilydatina. Neuerlich sah ich auch zitternde sehr eigenthümliche
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