V I E R Z I G S T E GATTUNG: WECIISELTHIERCHEN.
A m o e b a . Amocbc.
CHARACTER: Aniiiinl Aiiiocbacoriiin fciniiliiie clmrncteribiis iiistructum.
CARACTÈRE: Animal, ayant les caractère» de la. famille des Amoebées.
Die einzige Guttiiiig der Familie der Wcchsclthiorclicn ist durch die Ciiaracterc der Familie selbst
bezcicliiiet.
Man hat sehr viele ganz heterogene Thiere, niclit weniger als 89, mit den Namen Proteus und
Amiba belegt, «eiche im Nachtrage zur Gattung gesichtet sind. In die gegenwärtige, später physiologisch
begrenzte, Gattung Amoeba haben sicli bisher nur 4 Arten einreihen lassen. A. diffluens wurde 1755 von
RÖSEL entdeckt und Proteus genannt, auch 1778 von GLEICDEN beobachtet. Erst 1786 nahm sie MÜLLER
als Proteus difftuens in sein systcnuitisches Verzeichniss auf und verband sie mit Distigma tenaa:. SCHRANK
Acrniclirte 1803 die Gattung Proteus um 2 Arten. BORV DE ST. VINCENT unterdrückte 1822 den Namen
Proteus, weil er schon für Amphibien - und Ptlanzengattnngen verbraucht sey, und wählte den Namen ^««¿'Afl!,
unter welchem er aber sehr viele ganz unvereinbare Körper verzeichnete. LOSANA beschrieb 1825 nicht
weniger als 69 unhaltbare Arten der Gattung Proteus. Die Gattung im gegenwärtigen Siime wimle 1830
in den Abhandl. d. Berlin. Akad. d. Wissensch, mit der erstgenannten Art und einer neuen, A. radiosa, begründet.
Ebenda wurde 1831 A. princeps zuerst beschrieben. Eine 4te Art, A. verrucosa, wird hier
hinzugefügt. Der Organisationsgehalt ist im Allgemeinen im Familiencharacter schon angezeigt und findet
sich im Einzelnen bei den Arten angegeben.
Die geographische Verbreitung der Gattung ist die der Familie.
142. Amoeha princeps, grosses Wecbseltliicrclien, llrlareus. Tafd vni. Fig. x.
A. major, dilute flavicnns, .scstam litieac ])artpin replcn.s, prnci'ssihiia vari.ibilllms niniicrosis, cyliriilricis, crassi.s et apicc
rntiindatûs.
Àmoet/e Chef, grntide, jaunùfre, cgajant Va ?nlUimhire, pourvu (Fappendices varinôhs ?iombreuic, cyrnulrif/
ues, épais et arrondis an bout.
Aiiioeba Jiriiieeps, Altbandl. «ier Aka.le
An font 11 a II: Boi Bcrliii.
D (i. Wissensch. z i: Uei-lin, 1831. |). 38, 79.
Es ist zwar von RÜSEL eine gi-össorc Art von Proteus besclinclicn worden, welcher der Dimension nacli mit diesem übereinstimmt,
allein die slHni])fen dicken Fortsätze dieser in Berlin vorkommenden Art scheinen mir- niciit ganz vereinbar mit RÖSEL'S Abbililnngen,
welche sich doch Avohl nnr auf grössere Individnen der A. diffluens beziehen, wohin sie schon MÜLLER zog und auch
SCHRANK stellte. Vielleicht ist RÖSEL'S ThiercheR noch eine besofldere Art. Für diese würde der Name A. Roeselii vorznziehcR
seyn, weil BORÏ diesen als Amiba Roeselii, freilich ohne Begründung des Unterscliiedes, gegeben luitte. Der kleine, mit blossem
Auge schon etwas siciitbare, Körper hat eigentlich eine Kugelforni, kann aber jede beliebige KörpersteUe erschlaffen lassen und
durch Ciiutraction des nhi-igen Körpers die innern Theile nacli dieser Stelle beliebig hintreihen, wodurch eine Verlängerung daselbst
entsteht, welche man sehr h'efriedigend mit einem Brache vergleichen kann, in den die Eingeweide hineingedrängt werden. Solcher
Fortsätze kann das Tliierclien gleichzeitig viele, 10 bis 12 bilden, oft hat es nur 2 bis 3. Es drängt sichtlicii in diese scheinbaren
Fusse den ganzen Inhalt des innern Körjiers, oft auch die mit ganz deutlich erkennbaren verzehrten Stollen erfüllten Magenzellen. Diess
ist offenbar das ganze Geheimniss des Formenwochsels dieser Thierchen. Sehr dentlich waren die Magenzellen im innern Körper mit
Doxococcus ruber nnd Confervenkeimen und andern leicht erkennbaren IVahrnngsstolfeii erfüllt. Viele andere wasserhelle Blasen waren
mit blossem Schleim erfüllte gleiche Zellen. Niclit eben so bestimmt liess sich die Mundstelle erkennen, auch wni-den SainenJrüsen
und Samenblasen nicht klar anschaulich. Dagegen war der ganze Kör|jcr mit kleinen, farblosen, etwa '/looo Linie grossen, Körnchen
durchwirkt. Alle veränderlichen Fortsätze waren ara Ende heller nnd fast farblos, aber nie spitz.
Im Jahre 1831 entdeckte ich diese Art, '/o Linie gross, einzeln im Thiergarten hei Berlin zwischen Naviculia im Frühling.
Im Jahre 1832 fand ich sie am 8. April nnd 1. Mai wieder einzeln, doch nur 'lu Linie gross. Ich habe sie dann wieder am 19. März
1835 bcobachtei. — Grösse von Vi2 bis VG Linie.
E r k l ä r u n g der Abbildungen Taf. VIII. Fig. X.
Es ist ein und dasselbe Indiviclniim in 3 Fornivcränderungen abgcljildcjl, 300ni,-il vergrö-sscrt. Fig. 1. fast ganz zusammcagczogcn ; Fig. 2.
sich in 3 vcrändorlichc Fortsiilze ausdehnend; Fig. 3. in 10 bis 12 Portsätze zackig ausgedehnt.
t 4 3 . Amoeha verrucosa, kurxrüssiges Wechseltbierclicn. Tafel Viii. Fig. XI.
A. expansa minor, 20marn lineac ¡lartem non supcrane, iiyalina, pigra, processibiis variabilibus hrevissiniis, obtusis,
verrncosa.
Amoebe verruf/ueuse, {étendue), petite, ne surpassant pas Vin millimétré, hyaline, paresseuse, ayant
des appendices variables ob/us et très-petits en forme de verrues.
A u l e n l h a l f : Bel Berlin.
Das liier znerst licsclirîebcne kiirzfüssigc Wcchscltlnerchen Imt so wenig ïïiissn als dio andern Arten, aber <lic ve rän tie Hieb en
Fortsätze dienen als Fusse. Ich liabe es im Jauuar 1835 in einem überwinterten Gefiis.se mit Mierasterien in .çn»S9er Menire beobaclitet
und 1836 in demselben GeKisse den ganzen Sommer iiindurcli erhalten. Nie sab ich Fortsätze, welche nur die Hälfte der Körperd
icke erreicht hätten. Oft las es lange regungslos. Dabei war es sehr gefrässig, indem in allen Tbiercbcn Oscillato ri en oder Nn~
nkiiìac^ meist halb verdaut, zu erkennen waren. Erst sah ich in einigen, später in allen Individuen einen runden, drüsigen, an^elmlich
grossen Kör])er, und bei vielen anch eine contractile sich auszeichnende Biase, welciie ich für männliche Saiuendrii.sen und Sainenblasen
halte. Die kurzen warzenartigen Fortsätze waren immer sehr stuinjif. Viele zerstreute leere Blasen schienen Magenzellen zu
seyn. Bestimmte Eikörnciien waren nicht deutlich in der scbr scînvaclien Trül)ung des crystallbellen Körpers zu erkennen. — (ìros.so
bis »Ao Linie.
E r k l ä r u n g der Abbildungen Taf. VIII. Fig. XI.
E s sind ^ verschiedene Exemplare in verschiedenen Formen ¡ibgebildet, 300mal vcrgrössert. Fig. 1. hai einen Magen mit 3 Navianlig «ind
einer zusammengerollten Oscillatorie erfìillt. Fig. 2. hat einen Magen bei " mit einer Oscillatorie, einen andern bei mit einer einzelnen Navicula ermilt.
Fig. 3. hat nur eine grössere, spiralförmig zusammengelegte, Oscillatorie verscblimgen. Fig. 4. hat irgend ein anderes goldgelbe» Opfer in einem
seiner Magen.
144. Amoeba diffluens, schmelzendes Wechseltliierclien, Proteus. Tafeivm. Fig.xn.
A. ex|)ansa 24tam lincae partem raro superans, hyalina, processibus variabilibus snbacntia, longinsculis, validis.
Amoebe rameuse, mmrpassant (étendue) rarement 'lu millhnstre, étant de couleur d'eau et ayant les
appendices variables assez longs, robustes et presque aigus.
Oer Meine l'rulMs, RCÌSEL, I ns e c t e n be lu st. III. ;). 621..T. lOi. A—W. 1755.
rauo.i: Chntts, LisNÉ, Systema Nat. ed. X. 1758.
Votvox Proteus, PALLAS, ElencliiiB Zoopliyt. p. 417. 17(56.
Clutüs Proteus, L INNÉ, Syst. Nat. ed. XII. 1767.
Folvor Sphfiirrutii, MÜLLER, Hist. Vetmium p. 3 1 . 1773.
Kuiidlhlercha iiiiil Proteia, GLEICUIB, Infusionsth. p. 151. 168. Tab. 28. Fig. 18. 1778.
r»rio Proleu,, GMELIB, LINNÌ ' S Syst. Nat. eil. XIII. 1788.
Prole«« âlffueus, 1 „„^^^ Animale, intus, p. 9. Tab. II. Flg. 1 - 1 2 . 1786.
— [Gleichtmü)'^ (
Proteus tliflUiaia, ]
— cri/stniliniis
— Gleicfieuii,
SCHRANK, Fauna . III. 2. p. 24 — 25. 1803.
— lenftx,
Amiltn RücseUi,
— diüergens,
BORY DE ST. VINCENT, Diction, classiq. d* h i s t . nat. 1822.
— Glcichenii,
vlmiin Muileri, BORT DE ST. VINCENT, Encycl. métil. 1824.
Proteus (69? Arten), LOSANA, Memori e di Tor ino, XXIX. 1825.
Proteìis iti[ßue,is, M . SURIRAI, BLAINVILLE, Diet, des se. n a tur e l l e s 1826.
Amoeba .Hifueus, Abllandl . der Akademie d. WisaenscL. 2U Ber l in, 1830. p. 39, 61, 68, 75. Taf. 1
Fig. V. 1831. p. 79.
auf dem Greifenstein ob Bonnland, hei Ingolstadt!, in Paris?,Au f e n t h a l t ; Bei Nürnberg!, Co]ienhagen! bei Turin!, bei Havre!,
bei Berlin!, bei Saratof an der Wolga! nnd bei Catliarinenbiirg im Ural.
Nachdem BAKER die Lacrimatoria Olor unter dem Namen Proteus beschrieben hatte, nannte doch RÜSEI, dieses ganz andere
Thierchen aus der Gegend von Nürnberg anch den kleinen Proteus in. Gegen-satze des grossen der griechischen Mythologie,
und gab viele Abbildungen seiner Verwandlungen. LINNE nannte RÖSEL'S Tbierchen, das er nicht selli-st gesehen, Vnlvoa; Chaos,
imt^Chaos Proteus. " 1'ALIAS naliin RÖSEL'S früheren Spccialnamen auf nnd nannte diess Thierchen Vüvooo Proteus, den BAKER'-
schen Proteus als Brachionus verzeichnend. MÜLLER zweifelte anfangs, ob niclit sein Volvox Sphaerula RÖSEL'S Proteus sey,
imterschied diesen dalier nicht als besondere Art. Erst etwa 1784 fand er ihn selbst bei Cojienhagen nnd erriclitete (1786) die eigene
Gattung Proteus, welchen Namen freilich schon 1768 LAÜRENTI dem wunderbaren nnterirdischen Kieinen-Salaiiiander gegeben hatte.
MÜLLE'R glaubte 3 Arten für seine Gattung zu haben: P. diffluens, tenaa; nnd (Gleichetiii?), eine von GLEICHEN auf dem Greifenstein
beobachtete und abgebUdetc Art. Den ersten nnd letzten halte ich fiir ein und dasselbe Thier, der mittlere ist üistigma!
tenax. Er gab neue Abbildnngen der von ilun beobachteten Form des P. diffluens. SCHRANK, welcher den wahren P. tenax kaum
kannte, scheint dieselbe Art bei Ingolstadt gefunden und in 4 zerspalten zu haben. BORT in Paris gab demselben Thierchen, das er
nur in der verkümmerten Form des P. Gleichenü kannte, noch onnötliig 3 neue Namen, änderte aber mit Recht den Gattungsnamen
in Amiba, den er jedoch auf sehr heterogene Thicrchen zn weit ausdehnte. Am unglücklichsten fiir die Geschichtc der Wissenschaft
ist LOSANA'S Bemühung gewesen, welcher, wenn nicht 69, doch wohl sicher 10 besondere Namen für die einzige Art gegeben, je
nachdem sie verschiedenfarbige Nahrung genossen nnd verscliiedene Formen angenommen hatte. Wegen sichtlichen Mangels einer jili;-
siologischen Critik der Erscheinungen (vergl. Folvoa; n. s. w.) lassen sich die von ilim bemerkten ol't sclieinbar wichtigen Unterschiede
für weniger wichtig halten, zumal da alle seine Abbildnngen sehr roh gefertigt sind. Der einzige «issenschaftliche sichcrc Nutzen seiner
Mitthcilung, welclier statt haben kann, ist, das geograiihische Vorkommen der Gattung bei Turin befestigt zu haben. Er sah das
Thicrchen zn allen Monaten des Jahres iin Wasser des Po nnd seiner Seen, auch unter dem Eise. BLAINVILLE theUte dann ans den
Manuscripten des sehr geübten mikroskopischen Beobachters Dr. SURIRAI in Havre mit, dass dieser den P. diffluens bei Havre beobachtet
habe. Ich selbst hatte 1826 schon öfter das Thierchen bei Berlin gesehen und fand es im letzteren Jahre wieder anf der Reise
mit Herrn von HUMBOLDT in Russland bei Catharincnburg im JuU und bei Saratof im August, wovon ich damals Zeichnungen entwarf
und genaue Messungen machte. Im Jahre 1830 gab ich die ersten Darstellungen des Ernährungsorgans dieser Ai-t, und habe sie seitdem
noch sclu- häullg in allen Monaten, ausser im Winter, beobachtet. Nicht selten fand ich sie mit Chlamidomonas Pulvuculus,
und von deren sichtíicheiu Genuss ganz grün gefiirbt. Künstlich habe ich sie oft blaa nnd roth gefärbt.
Die Erscheinung dieser Alt ist am meisten und immer sehr abenthcuerlich beschrieben worden, nnd ist allerdings sehr
unterhaltend fiir den Beotachter. Ein oft sehi' durchsichtiges, zuweilen trübes, Klümpchen ScUeiin bildet den Körper, nnd diess reckt
sich und dehnt sich etwa wie ein in einen Sack eingesperrtes vielfüssiges träges Thier, so dass bald hier, bald da sich langsam Zacken
bilden, die abwechselnd wieder eingezogen werden, nnd wovon bereits gemeldet wurde. Besonders merkwürdig ist RÖSEL'S Beobach