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 diejenige,  welche  mit  Ebbe  und  Fluth  zugleich  zw ischen  
 der Gränze  des  Oststromes  und  eben  dieser mittleren  
 Gränzlinie  statt findet,  eine  derselben  gerade entgegengesetzte  
 Richtung nimmt.  Es  läuft  also  zwischen  
 dieser  mittlern  Gränzlinie  und  der  Küste  die  Strömung  
 während  des  Steigens  des  Oceans  (seiner Fluth)  
 westwärts,  und  während  des  Fallens  (seiner  Ebbe)  
 ostwärts  (i).  Diese  Bewegungen  des  Meeres  zu  bey-  
 den  Seiten  des  Oststromes,  welche  ihren  Grund  vielleicht  
 in  der  Gestalt  der Küsten,  oder  gar  des  Meeres-  
 Bodens  haben,  scheinen  so  wie  die  Sache  sich  zeigt  
 einander  aufzuheben,  oder  sich  das Gleichgewicht  zu  
 halten.  Auf  die  Permanenz  des  Oststromes  haben  sie  
 Keinen  Einflufs,  und  auf  das  Mittelländische  Meer  
 wirken  sie  gar nicht,  denn  alle hier erwähnten Erscheinungen  
 finden  b l o f s   i n  der  S t ra f se   selbst ,   westlich  
 von  Gibraltar  und  Geuta  statt,  folglich  ausserhalb  
 des  Mittelländischen  Meeres, 
 Was man  aber  von  einem We s t s t r ome   in  der  
 T i e f e   des  Mee r e s   weis  oder  zu  wissen  glaubt,  ist  
 Folgendes.  Im Jahre  1712 machte  nahe  bey  der  Landspitze  
 von Ceut a   der Marseiller  Caper Phönix,  geführt  
 von  de  L'Aigle, Jagd auf ein Holländisches mit Oel und  
 Branntewein  geladenes Schiff;  erreichte  es  in  der Mitte  
 der  Meerenge  zwischen  T a r i f a   und  T an g e r ,   und  
 bohrte  es  mit  einer  wohlgerichteten  Lage  augenblicklich  
 in  den  Grund.  Das  Schiff  sank  so  schnell,  dafs  
 nur  eben  die  Mannschaft  gerettet  werden  konnte.  
 Einige  Tage  darauf  kam  dieses  Schiff  bey  T a n g e r ,   
 nahe am  Ufer,  wieder  hervor,  vier  Lieues w e s t l i c h   
 von  der Stelle,  an  der  es  gesunken war,  so  dafs  es  also 
 i )   JLöwenörn  a.  a.  O . 
 in  der  Tiefe  der  Meeres  in  einer  der  obern  Strömung  
 allerdings  entgegengesetzten  Richtung  fortgetrieben  
 worden  war  (l). 
 Dieser  Vorfall  ist  die  vornehmste,  vielleicht  die  
 einzige  Gewährschaft  für die  angenommene  Strömung  
 von  Ost  nach  West  in  der  Tiefe  des  Meeres,  in  derselben  
 Strafse,  in  welcher an  der Oberfläche  der  Strom  
 in  unaufhaltsamer  Gewalt  die  entgegengesetzte  Richtung  
 nimmt.  Die  Thatsache ist unbezweifelt,  und wir  
 hegen  auch  nicht  den  leisesten  Zweifel  gegen  das  Da-  
 seyn  dieses  s u bma r in i s c h e n   Ge g en s t r ome s ,   
 oder  vielmehr  einer  z i eml i c h   s c hw a c h e n   rückwirkenden  
 Bewegung  des  untern Wassers,  da  nähm-  
 lich,  wo  sie  wahrgenommen  worden  ist.  Aber man  
 beachte  wohl  den  Ort  dieser  Wahrnehmung!  Einzig  
 und  allein  in   der  S t r a f s e   s e l b s t ,   nur  w e s t l i c h   
 von  Gi b r a l t a r   und  Ceu t a   hat  er  sein  Daseyn  zu  
 erkennen  gegeben,  denn  das  Schiff  war  schon  mitten  
 in  der  Strafse  als  es  sank.  In  Osten  von  diesen  
 Puncten,  also  im  Mi t t e l l än d i s c h e n  Me e r e   weis  
 Niemand Etwas  von  einer solchen  submarinischen Strömung  
 zu sagen;  und  dennoch  hat man  keck  genug  die  
 Sage  ersonnen  und  über  hundert  Jahre  nachgeschrieben: 
   d a s  Wa s s e r   s t röme   an  der  Ob e r f l ä c h e   
 aus  dem  We l tme e r e   in  das  Mi t t  e i l ä n d i s c h e   
 h in e in,   i n  der  T i e f e   abe r  umg e k e h r t   aus  
 dems e l b e n   her aus.   Dafs  im  Mi t t e lme e r e   der  
 immer  gerade  ostwärts  bis  an  die  S y r i s c h e n   K ü sten  
 fortlaufende  Strom  sich  an  diesen  stöfst,  und an  
 den  Küsten  K l e i n a s i e n s   und  Eu r o p a s   kreisförmig  
 zurückläuft,  ist  eine  Erscheinung,  die  blos  das 
 0   Philosoph.  Transact.  N r .385-p-  191-  ~   Thom•  James  H istory  
 of  theHerculean  Straits.  London  1771.  Vol.  i.p .  192. 
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