Fluth bedeuten. Wir dürfen bäum bemerken, dafs
diese Sage nur ein Mährchen ist. Mehr als Thatsache
zu beachten ist die Nachricht von einem Meerbusen,
•welcher nicht nur zu Caesar's Zeit, * sondern selbst
noch bis ins neunte Jahrhundert in der Gegend zwischen
W a t t e , St. Omer , Blandeque und Wi s e rne s
bestanden haben soll, eine Gegend, die jetzt aus trock-
nem Lande besteht (i). Eine Urkunde von Ludwig V II.
soll diefs beweisen. Eben so soll das Zurücktreten des
Meeres bey Gr a v e l ing en, Dü n k i r ch en , Nieu-
pör t und Ost ende merklich und ge wirs seyn, und
-das Meer, welches sonst bey der Ebbe noch die Werke
des Fort Ri sban — von Vauban zur Vertheidigung
von Dünk i r ch en am Eingänge des Hävens erbaut —
erreicht haben soll, bleibt jetz*t 250 bis 300 Toisen
davon entfernt (2), Dièse Thatsachen können und
müssen wir unangefochten lassen ; aber sie beweisen
auch Nichts für ein Sinken des Meeres-Spiegels, sondern
nur für das Ansetzen neuen Landes durch das
Meer» denn die Ueberlieferung berichtet nur, dafs
die genannten Gegenstände jetzt von der Küste, mehr
entfernt, und tiefer im Lande liegen als vor alten Zeiten,
nicht aber dafs der Wasserstand niedriger geworden
sey.
Man hat für die Hypothese der Wasser-Verminde-
rung eiiie Beobachtung Maillet's (3) an den Ruinen
von Ca r t h ag o angeführt, und derselben eimgen
Werth beylegen wollen. Sie ist folgende. Er sah in den
Trümmern alter Befestigungen — vielleicht wie ermeynt
1} Mßmt a. a. O. p. 75*
i ) Mann a. a. O. p. 95.
Ortelius p. 57. 5g.
3} Telliamed, T. I, p. 198.
von Bothra — drey Öeffnungen in einem auf das
Meer sehenden noch 12 bis 15 Fufs hohen Stücke Mauer.
Diese ungefähr 4 Fufs breiten und noch 5 bis 6 Fufs
hohen Öeffnungen stehen ungefähr 6 Fufs über der
Meeresfläche. Da nun Maillet sich überzeugt hält, dafs
sie dazu gemacht waren, um zu irgend einem Zwecke
das Meerwasser in das Innere des Gemäuers einzulassen,
so glaubt er die Oberfläche des Meeres müsse zur
Zeit der Erbauung der Mauer diesen Öeffnungen gleich
gestanden haben, also seit etwa Zweytausend Jahren
um sechs Fufs gefallen seyn. Nun ist aber das was
Maillet über den Zweck der Öeffnungen aufstellt,
durchaus nicht auf historischen Nachrichten gegründet,
sondern blofs eine auf sehr schwacben Gründen beruhende
Mutlimafsung. Er führt an: dafs die Öeffnungen
ringsum mit Quadern, bekleidet seyen, da das übrige
Mauerwerk aus kleinen Steinen bestehe, und dafs die
Mäuer unter denselben nach innen zu abhängig sey. Wie
wenig beweist dieses! Noch jetzt bekleidet man Fenster
und Thürgewände in steinernen Gebäuden mit Quadern,
und der Abhang der Mauer nach innen kann vielleicht
blofs dazu gedient haben, um die Annäherung
von dorther zu den Öeffnungen zu erleichtern. Alles
dieses deutet durchaus nicht auf eine ehemalige grössere
Höhe des dortigen.Wasser-Spiegels; und wäre er
dort um sechs Fufs gefallen, so müfste man doch wenigstens
an den Küsten von Ma lt ha , Si c i l i en, Ita l
i en u. s. w. dieselbe Erscheinung beobachtet haben,
was aber nicht der Fall ist.
Maillet bemüht sich zwar, noch aus anderen Thei-
len des Mi t t e l l ändi s chen Meeres Beweise für
seine Hypothese herzuholen, aber mit nicht glücklicherem
Erfolge. Zwischen Genua und Spe zz i a ,
sagt er: befindet sich ein Fels, ’der Grima l d i um