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2 1 2 IV. HAUPTSTÜCK.
dungskraft ausmalen kann. Ein Sinken des Meeies-
Spiegels würde also die gröfste und wirksamste Ursache
zu Vergrößerung des Landes seyn, wenn er
statt fände, und diese Ursache würde eine allgemeine
Wirkung über die ganze Erdkugel herrorbringen.
Aber das Meer kann auch an einzelnen Orten
durch feste Massen aus seiner Stelle verdrängt und
genothigt werden, sich in andere Gegenden zu verbreiten.
Dieses geschieht auf zweyerley Weise: entweder
dadurch, dafs The i l e se ine s festen Bo- I
dens durch vu l c ani s che Ausbrüche und Erdbeben
z u Hügel n und Ber g en von un ten empor
geh ob en we r d e n , denen das Wasser weicht,
und sie als Inseln, Halbinseln u. dergl. umgiebt; oder
dadurch, dafs T h e i l e des s chon bes tehenden
t ro c knen Lande s und der Inse ln aus ihrer
La g e ger i ssen, i n das Meer g ewor f en oder
ge f l u t h e t , und darin a u f s o l ch e We i s e zu sammen
gehäuf t we rden, dafs sie über seine
Fl ä che her vor r age n , und folglich trocknes Land
oder neue Inseln bilden. Es könnte vielleicht auch auf
eine dritte Weise geschehen — dadurch, dafs Aerol i-
t hen-Ma ssen in das Me e r f i e len von solcher 1
Gröfse, dafs sie vom Boden bis über die Wasserfläche
hervorragten.
Ueber die erste der möglichen Ursachen der Vergrößerung
des Landes, ein Sinken des Meeresspiegels, j
und über die Frage, ob diese Ursache und ihre Wir- I
kung statt finden, werden wir uns weiter unten verbreiten.
Die zweyte: das Emporheben des Bodens ist eine ’
Erscheinung, "welche nicht blofs im lYTeere, sondein I
auch auf dem trocknen Lande vorkommt; daher wer-
IANDE S - VEKGKÖ SSpRUNG. 213
den wir von dieser ebenfalls an einem andern Orte
handeln.
Die vierte berührten wir nur als eine vielleicht
mögliche, da noch kein Beyspiel bekannt ist, dafs sie
wirklich erschienen sey.
Die dritte Erscheinung aber, das Abre i f sen vo n
The i l e n des Lande s und i h r e Ve r s e tzun g ins
Meer soll zunächst Gegenstand unserer Untersuchung
werden.
Schon der vorige Abschnitt hat uns auf diese Erscheinung
geführt, da wir gesehen haben, dafs das
Meer selbst seine festen Küsten zernagt und ihre Be-
standtheile verschlingt. Wo diese Wirkung statt findet,
da nimmt zugleich das Meer die Stelle der zertrümmerten
Küste ein, die Trümmer erhöhen seinen Boden
, das Meer breitet sich weiter aus mit verminderter
Tiefe, und die von ihm verschlungenen Bestandtheile
bilden dann selbst wieder trocknes Land, wenn sie auf
bestimmten Puncten in solcher Menge angehäuft .werden,
dafs sie über den Spiegel des Meeres hervorragen;
und da die Länder und ihre Küsten immer um Etwas,
oft auch um ein sehr Beträchtliches über die Meeresfläche
erhaben sind, so wird die in das Meer fallende
Masse von zerstörten Ufern gröfser seyn, als das Volumen
Wasser, welches die weggespühlte und ausgetiefte
Stelle des Landes einnehmen würde, sobald dieses mit
dem Meeresspiegel in gleicher Höhe gewesen wäre.
Es wird daher durch diese Wirkung in das Meeresbecken
überhaupt ein gröfseres Volumen von festen Theilen
geschüttet werden, als das Volumen des Wassers betrug,
welches sich vorher an der Stelle befand, die
dem festen Lande entrissen worden ist, sobald dieses
Lofsreifsen bis auf den Boden des Meeres erfolgte.