1 9 0 1 1 1 . HAUPTST. UNTERG. C, LAND.
Reise seiner Anherren nach Fr i e s l an d bekannt machen
liefs. Aber jener Bericht hatte bey weitem nicht
so lange verborgen geruht, als dieser; Caterino ist
kaum ein halbes Jahrhundert älter, als der jü n g e r e
Nicolo, und seine Reise war noch damals eine bekannte
öffentliche Angelegenheit, von der die Staatsarchive
genügende Beweise enthielten. Was daher von
dieser gilt, leidet keine Anwendung auf die ältere Begebenheit,
bey welcher alle beweisenden Umstände
fehlen, die jener zu Statten kommen.
Was von dem Reiseberichte hier bemerkt wird, gilt
eben so sehr, ja noch mehr von der ohne alle Autorität
in die Welt gesendeten Charte. F r i e s l a nd ist darauf
genau auf die Stelle gezeichnet, wo der südlichste
Theil von Grönland wirklich liegt. Island ist
so weit nach Norden gerückt, dafs seine Südküste da
liegt, wo sich in der Wirklichkeit seine Nordküste befindet,
und dergleichen auffallende Irrthümer mehr.
Die nördlichsten Küsten von Scho t t land, und die
solchen zunächst liegenden Inseln sind die einzigen
Puncte, die noch so notlidürftig auf die wirkliche
Lage passen, d. h. wo die Fehler der Charte nicht über
drey Grade betragen. Was soll inan davon denken?
Die Fehler in der Angabe der Länge möchten für das
vierzehente Jahrhundert verzeihlich und denkbar erscheinen;
aber Fehler in der Angabe der Breite von so grober
Art, die den Polarkreis, unter welchem die Reisenden
sich mehrere Male befunden haben wollen, um
mehrere Grade verrücken, würden geübte Venetianische
Seefahrer selbst in jener Zeit nicht begangen haben.
Wenn aber auf der einen Seite die grofsen Irrthti-
mer der Charte ihren Werth vermindern, so fällt noch
vielmehr ein verdächtiges Licht auf ihre Aechtheit dadurch
, dafs umgekehrt einige Gegenden für die dama1NSEL
FRIESLAND. 191
lige Zeit viel zu genau und richtig darauf dargestellt
sind. So sind Dänemark und der südliche Theil
von No rwe g e n und S chwed en , ungeachtet der
Unrichtigkeit in der Breiten-Angabe, doch in Ansehung
der Landesform auf eine Weise gezeichnet, wie man
sie im Jahre 1400 auf Charten durchaus noch nicht
kannte. Dieses bestätigt selbst Eggers; und Zurla
nimmt daraus einen Beweis der Aechtheit und historischen
Wichtigkeit der Charte. Diese Gegenden haben
aber die Zeni auf ihrer Reise nicht einmal erreicht.
Andere Charten konnten sie, nach der so eben
angeführten Behauptung ihrer eigenen Vertheidiger,
nicht benutzen, weil es damals noch keine dergleichen
-gab. Was ist also natürlicher, als die Folgerung,
dafs die den Zenischen Berichten beygegebene
Charte ein um wenigstens Ein Jahrhundert neueres
Werk ist, als die Berichte selbst seyn sollen! Unfehlbar
hat der jüngere Nicolo eine Charte seiner Zeit
benutzt, und die Zenischen vermeyntlichenEntdeckungen
aus der ihm zu Händen gekommenen alten zerrissenen
Zeichnung oder den Berichten hineingetragen,
wie ihm am besten zu passen geschienen hat.
Viele dieser sich aufdringenden Bedenklichkeiten
gegen die äufseren Umstände der Bekanntmachung
der Zenischen Berichte könnten vielleicht verworfen
werden, wenn ihr innerer Gehalt ein gröfseres Gewicht
in die Waagschaale ihrer Aechtheit legte. Aber
dieser ist in der That eher dazu geeignet, den Glauben
daran vollends zu vernichten, da er ein Gewebe
der unwahrscheinlichsten Dinge enthält.
Zeno der Ael t e r e richtet seine Reise nach En g land
und F landern, ein Sturm treibt ihn von seinem
Ziele ab. Wo befand er sich, als ihn dieser
Sturm ereilte? Aus welcher Gegend bliefs der Sturm?