Aber es zeigt sich aufserdefti noch eine besondere
Art dieser Erscheinung, nähmlicli eine wirkliche Vermehrung
der trocknen Theile in dem Meere, die durch
kein vorher schon dagewesenes Volumen Wasser aufgewogen
wird. Diese bewirken die Flüfse und Ströme,
indem sie unaufhörlich aus allen Theilen des
erhabeneren trocknen Landes, den nächsten am Meere
so wie den entferntesten von demselben, von den
niedrigsten Ebenen, so wie von den höchsten Gebirr
gen, Steine, Sand und Schlamm, nebst Ueberresten
der Pflanzen- und Thierwelt mit sich fort und durch
ihre Mündungen in das Meer führen. Diese Massen
dem Meere zugeführter fester Theile müssen nothwen-
digerweise immerfort den Boden der Meere erhöhen;
können in der Nähe der Küsten an denen sie niederfallen,
wenn sie nicht durch die Bewegungen des Meeres
weit umher vertheilt werden, diese Küsten allmählich
vergröfsern oder sogenannte Anschwemmungen
(All u vi onen) an denselben bilden; und haben — wie
wir bald sehen werden — deren wirklich sehr beträchtliche
gebildet.
Der natürliche Hergang dieser Erscheinung ist folgender
r Jedes rinnende Wasser gräbt sich bekanntlich
seine Rinne selbst durch langsameres oder schnelleres
Wegschwemmen von Theilen des Bodens, auf dem es
läuft; es vertieft und erweitert auch wohl nach Befinden
diese Rinne. So wird selbst Felsengrund allmählich
vom rinnenden Wasser eingeschnitten. Die
abgeschwemmten Theile werden allmählich fortgeschoben,
was natürlicherweise langsam erfolgt bey gröfse-
ren und schweren Theilen, schneller bei feinen die
sich wenigstens mechanisch mit dem Wasser mengen,
es„ trüben, und sehr weit von ihm fortgeführt werden,
so weit bis das Wasser zum Langsamfliefsen oder
Stillestehen kömmt, wö denn auch diese als Bodensatz
niederfallen. So haben sich allmählich alle Flußbetten
gebildet, und unstreitig ein grofser Theil der
Thäler selbst, von denen nur die allerfrühesten Anfänge
in der ursprünglichen Structur der Gebirge oder
in gewaltsamen Spaltungen ihren Grund gehabt haben
mögen, wodurch den Stromrinnen zuerst ihre Wege
gezeigt worden sind. Die äufseren Formen und Umrisse,
welche uns heutzutage Gebirge und Thäler zeigen—■
•wenige ausgenommen, wo Vulcane, Erdbeben, Bergstürze
Ui dergh gewirkt haben — sind das Werk des
strömenden Wassers.
Man bat zwar hie und da Einwendungen gegen
die Allgemeinheit der Thalbildung durch die strömenden
Gewässer gemacht; vermuthlich weil man zuviel
Zeit nöthig glaubte, um sie durch dieses einfache Mittel
zu Stande zu bringen. Was aber ist die Zeit in der
Geschichte der Planeten! Das Zeitmaas des armen vergänglichen
Menschen verhält sieh zu dem des ewigen
Regierers der Sonnensysteme, wie die Umschiffung
der Erde zu der Reise, die das unsrige nach dem bekannten
Sterne im Bilde des Hercules zu machen im
Begriffe zu seyn scheint; und das Mittel zu Bildung,
der Thäler ist zwar höchst einfach, aber kräftig und
sicher. Selbst Hr. v. Humboldt (i) glaubt, dafs die
Auswaschung eines Bodens von festem Gesteine durch
Flüfse gar nicht so bedeutend seyn könne, als man gewöhnlich
annehme; er will diese Wirkung zwar in
weichem Gesteine und lockerer Erde zugeben, aber
nicht in den festen Urgebirgsarten, in denen er der
Thalbildung durch die Flüfse nur wenig Wirkung verstauen
möchte, eben so wie der Verkleinerung sol- l)
l) Voyage, Rela.t. historique, T. 2» p. 323- 3H*