Ende des dreyzehenten Jahrhunderts sind die Dämme J)ey
E l b i n g an der W e i c h s e l und N o ga t angelegt worden,
und schon vorher befanden sich mehrere Dörfer
in den dortigen niedrigen Gegenden. Selbst die Ueber-
schwemmungen, denen sie damals ausgesetzt waren,
kamen nicht vom Meere her, sondern von den Flüssen,
und hauptsächlich von der We i ch s e l . Durch
Anlegung von Dämmen ist diese Gegend von Wasser
befreyt worden, nicht durch ein Zurücktreten des Meeres,
welches in der historischen Zeit nie bis an Danz
i g gereicht hat. Im Gegentheil hat sieh die Landzunge
von Heia sonst weiter in das Meer hinaus erstreckt,
und ist zumTheile von demselben zerstört worden
(i). Die We i c h s e l , schon im Anfänge unserer
Zeitrechnung als grofser Strom bekannt, hat sich sogar
im sechsten Jahrhunderte so wie jetzt mit drey Armen
in das B a l t i s c h e Me e r ergossen (a). Da Flüsse die
wie dieser einen langen Lauf durch Niederungen haben,
ihr Bette nicht tiefer einzuschneiden sondern zu
erhöhen pflegen; so müfsten sie jetzt mit Wasserfällen
in das Meer stürzen, wenn dieses, dem sie seit Jahrtausenden
zufliefsen, gefallen wäre.
Merkwürdig ist, dafs Hausmann in seinerinteressanten
und an Naturbebbachtungen, so überaus reichen
Reisebeschreibung (3), des ganzen Streites über die Wasserabnahme
gar nicht erwähnt, was er gewifs nicht unterlassen
haben würde, wenn ihm irgend ein nicht unwichtiges
Resultat davon bekannt geworden wäre.
j ) Pisansky a. a. O.
2) Jornandes de rebuS GeticiSi C. 5.
3) Reise durch Scandinavien in d. Jahren igo<5 — 7. gThl»,
Götting. i8n — iS iSAber
nicht minder merkwürdig ist, dafs dagegen Leopold
v. Buch (1) (ein so trefflicher Beobachter) sich von
dem Glauben an eine mit dem Spiegel des Ba l t i s chen
Mee r e s vorgegangene oder noch vorgehende Veränderung
nicht lofsmachen kann; obgleich er keine einzige
neue Thatsache, keine eigene Wahrnehmung dafür
aüfstellt, und sich blofs darauf beruft, dafs die Sache
im Lande als ausgemacht angenommen werde, was
doch gewifs nur bey dem minder gebildeten Theile der
Einwohner der Fall ist, welchem die Behauptung einiger
berühmter Gelehrten ihres Vaterlandes zu Ohren
gekommen ist, und welche, da sie die täuschenden Erscheinungen
nicht gehörig zu würdigen und zu unterscheiden
vermögen, sich gern an die erste beste Erklärung
halten , die dann entweder selbst zur Volkssage
wird, oder doch einer dunkeln und irrigen Volkssage
mehr Gewicht und Bestand giebt. Herr von
Buch geht so weit, sogar zu sagen (2) : „Auch treten
„die Ufer und die Felsen über die PVasserßäche heraus,
„sie werden aber nicht in füllenden Schlamm und Erde
„begraben.“ Das ist ja aber eben der Umstand welcher
durch die bisher angeführten Thatsachen gar nicht erwiesen
wird, und erst durch allgemein verbreitete sorgsame
Beobachtungen erwiesen werden müfste. Wir
hätten gewünscht, dafs Herr v. Buch selbst dergleichen
angestellt oder wenigstens gesammelt und beyge-
bracht haben möchte! Er ist in und um Ge f l e gewesen.
Warum hat der sorgfältige und geistvolle Beobachter
die dort und an einigen davon und von seinem
Wege nicht sehr entfernten Orten in Felsen gehauenen
13 Reise durch Norwegen und Lappland, Th. 1. S. 252.
307. 443. Th. 2. S. 65. 279. 285- 28p. 2po. 2p 1.