Hypothese diesen hervorgebracht haben soll, darüber
würden vielleicht Betrachtungen erlaubt seyn , wenn
nicht ein Umstand zu deutlich dagegen spräche. He-
rodot (1) gedenkt umständlich der Sage von der gewaltsamen
Trennung des Ossa vom Olymp, und findet sie
wahrscheinlich. Wäre die Begebenheit mit dem Durchbruche
des B o s p o r u s gleichzeitig gewesen, so würde
die Tradition gewifs Beyde immer zusammen berichtet
haben; und Herodot, der alles Merkwürdige und nur
einigermafsen Zusammengehörende so gern zusammenstellt,
würde nicht von der einen Begebenheit geschrieben
und über ihre Ursachen philosophirt haben, ohne
die andere noch bedeutendere zugleich zu erwähnen.
Allein das thut er nicht, in seinen Büchern findet sich
Nichts von einem Durchbruche im Bospor. Nun hat
auch Larcher (2) aus einer Stelle des Athenaeus (3)» wo
dieser den Ursprung de rPe lo r i en oder T h e s s a l i -
sch e n S a t u r n a l i ë n erklärt, zu entwickeln gesucht,
dafs der Durchbruch des Peneus zu der Zeit als Pe-
lasgus in Ar k a d i e n regierte erfolgt sey. Diefs fällt
ungefähr in das Jahr i885 vor Chr. Geb., folglich trilft
auch die Zeit mit der weit spätem für die Deuealische
Fluth angenommenen durchaus nieht zusammen. D u re
au de la Malle (4), der den Durchbruch des B o s p o r
so gern mit dieser Fluth in Verbindung setzen und ihn
durch Erdbeben hervorgebracht wissen möchte, ist geneigt,
den des Peneus für gleichzeitig mit jenem an-
zunehmen, und unterstützt seine Vermuthung durch
die Notiz, dafs Deucalion ungefähr um das Jahr i 54*
1} Polymnia. C. 129.
2} Larcher zur oben angeführten Stelle Anna. 185 der 2. Ausgabe
und Vol. 7. p. 316 f.
3} Deipnosoph. 1. 14. c. 10. 4) a. a. O. G. 29. p. 207»
vor Chr. Geb. die Gegend am Ausflufse des Peneus
mit einer Colonie von D r y open besetzt habe (1).
Wenn nun dieser Umstand auch beweist, dafs die genannte
Gegend, die vormals ein See gewesen seyn soll,
zur Zeit Deucalions schon bewohnbar gewesen
seyn mufs; so beweist er doch nicht, dafs sie es erst
damals geworden ist.
Es liegt uns nunmehr noch ob, ehe wir zu den
Ansichten der Gegner der Hypothese vom Durchbruche
des Bospor übergehen, uns noch einmal zum Ca sp i -
schen Me e r e zu wenden, und die Folgen darzustellen,
welche für dieses aus seiner Absonderung vom
S c hwa r z e n entstanden sind. Wir finden (wie oben
gezeigt worden) heutzutage, dafs der Höhenzug, welcher
nach dem angenommenen Abzüge dieses letztem,
das nordwestliche Ufer des Ca spi s ch en bildete, für
dieses nicht'mehr Ufer ist, sondern dafs sich die Wassermasse
des Ca s p i s c h e n Mee r e s von dieser alten
Küste auf mehr als 40 geogr. Meilen gegen Osten zurückgezogen
und einen grofsen Theil seines ehemaligen
Bodens als trockne Sandsteppe zurückgelassen hat,
und dafs sein jetziger Spiegel um 50 Toisen tief unter
die selbst schon beträchtlich gegen sonst erniedrigte
Oberfläche des Schwarzen Meeres herabgesunken ist (c).
Welche Ursachen kennen wir von dieser merkwürdigen
Erscheinung? Welche zeigt uns die Geschichte?
Welche die Naturkunde?
Die Geschichte berichtet uns keine besonderen Begebenheiten,
keine einzelnen Ereignisse, denen man die
fortschreitende Wasserabnahme im Caspischen Meere
nach seiner Absonderung zuschreiben könnte; aber sie
1) Ebendas, p. 21 !•
2) Engelhard u. Parrot oben angeführte Reise.