den, die zum Theil freylich nur dem mangelhaften Zustande
der Natur- und Erdkunde älterer Zeit angemessen "waren,
und bey welchen wir uns daher so wenig als bey
den darauf gegründeten Meynungen aufhalten mögen.
Im zehenten Jahrhunderte schrieb Omar, der
Ge l ehr t e (L I Aalem') genannt, ein Werk über den
Rückzug des Meeres, und stützte seine Meynung auf
die Quellen von salzigem Wasser, die er an vielen Orten
in As i e n antraf, auf die Veränderungen, die mit
der Gestalt dortiger Küsten vorgegangen, und besonders
auf die Abweichung der Charten seinerzeit, von denen
welche zweytausend Jahre vor ihm von Indischen und
Persischen Astronomen aufgenommen worden seyn sollten.
Da sein System einigen Stellen im Ko r an widersprach,
so wurde er verfolgt, und verbannte sich freywil-
lig aus Sama rk and, um der Nothwendigkeit eines
öffentlichen Widerrufs zu entgehen(i). Es ist nicht unwahrscheinlich,
dafs Omar das Sinken des Wasserspiegels
im Ca spi s c h en Mee r e vor Augen gehabt, und
sein System darauf gebaut hat. Uebrigens mögen hauptsächlich
die g e o l o g i s c h e n E r s c h e in u n g e n , wie
die Versteinerungen und dergl. nicht aber hi s t o r i s
che U eb erl i e f er ung en, am meisten zu Aufstellung
des Gedankens von allgemeiner Abnahme des Wassers
beygetragen haben.
Sonderbar genugist es, dafs, ungeachtet aus physisch-
mathematischen Gründen ein Sinken des Wasserspiegels
bey einem einzelnen Meere, d. i. in einer einzelnen
Meeresgegend, nicht statt finden kann, ohne sich dem
gesammten Spiegel aller Uebrigen mitzutheilen — man
dennoch gerade an einem einzelnen Meere (am Bail
) Delisle bey Hissmann Welt- und Völkergeschichte. Alt»
Geschj iter Theil S. 324.
t i s chen) ein solches und zwar in einem sehr grofsen
Verhältnisse wahrzunehmen geglaubt, und dafs gerade
ein Mathematiker diese Behauptung vertheidigt, und gewagt
hat, aus seinen vermeyntlichen Wahrnehmungen
darüber wichtige Folgerungen zu ziehen.
Der berühmte Schwedische Astronom Andreas Celsius
hat die Meynung von der Abnahme des B a l t
ischen Meer es zuerst aufgestellt. Volksmährchen,
denen er zuviel historischen Grund zutraute, gaben ihm
die erste Veranlassung dazu, und er spann die Thatsache
ans ohne sie selbst genug beglaubigt zu haben, was er
der Nachwelt überliefs. Er suchte aus den ihm dazu
dienlich scheinenden Thatsachen sogar ein Gesetz des
allmählichen Fortsehreitens der Wasserabnahme abzuleiten,
und bestimmte sie einstweilen auf 44 45 Zolle
in roo Jahren an den S eh we d i sch en Kü s ten. Da-
lin der Geschichtschreiber knüpfte sie mit anderen
Ueberlieferungen zusammen, die zwar mit in die historischen
aufgenommen worden, aber doch sehr dunkel
und gehaltlos sind. Linus trat auch seiner Meynung
bey , weil sie in seine eigene Ansicht vom Paradiese
und von der Verbreitung der Thiere auf der Erde
pafste (1).. So gewann die Sage ein Gewicht., welches
sie bis in die neueste Zeit behalten hat» l)
l ) A. Celsius Anmerkungen von Verminderung des] Wassers
in der Ostsee, und dem westlichen Meere, in den
Abkandl. der Kon. Schwed. Ak. der Wissenscli. Kästners
Uehersetzung B» 5. — Ol. Dalin Geschichte des Reich*
Schweden. Teutsche Uebers. Th. 1. zu Anfänge. — Car.
L i nne de Teiluris habitabilis incremento 1743- — und
Schon im Systema Naturae v. 1738* — Ferner Dissert. lue
a l ’acad. Roy. des Sciences de Stockholm sur la diminu-
tion de Beau de la mer. in Kotier Obs. de Physiqufe T . i.
(1777). — v. Zach, monatl. Corresp. B. 13. S. 202.